Verfahrensgang
AG Aachen (Urteil vom 02.11.1990; Aktenzeichen 9 C 382/90) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 2. November 1990 verkündete Urteil des Amtsgerichts Aachen – 9 C 382/90 – abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Auf die in formeller Hinsicht unbedenkliche Berufung der Beklagten war das angefochtene Urteil abzuändern und die – geänderte – Klage abzuweisen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist durch ihren Auszug aus der streitgegenständlichen Wohnung eine Erledigung des Rechtsstreites nicht eingetreten, da ihre Klage von Anfang an unbegründet gewesen ist. Der Klägerin stand nämlich kein Anspruch aus § 549 Abs. 2 BGB gegen die Beklagte auf Erteilung einer Erlaubnis zur Aufnahme ihres Lebensgefährten in die Wohnung … in … zu.
Zwar ist zwischen den Parteien unstreitig, daß ein berechtigtes Interesse der Klägerin im Sinne von § 549 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz BGB an der Aufnahme ihres Lebensgefährten bestand. Auch stimmen die Parteien darin überein, daß der Erteilung der Erlaubnis hierzu weder ein in dessen Person liegender wichtiger Grund noch eine übermäßige Belegung des Wohnraumes entgegenstand (§ 549 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz BGB.
Die allein zwischen den Parteien streitige Rechtsfrage, ob der Beklagten die Erteilung der Zustimmung zur teilweisen Überlassung der Wohnung aus einem sonstigen Grund, nämlich im Hinblick auf die religiös moralischen Anschauungen der katholischen Kirche, die sie repräsentiert, nicht zugemutet werden konnte, war indes zugunsten der Beklagten zu entscheiden.
Da die von der Kammer zu beurteilende Rechtsfrage noch nicht Gegenstand eines Rechtsentscheides des Bundesgerichtshofes oder eines Oberlandesgerichts gewesen war, hat die Kammer die Sache dem Oberlandesgericht Hamm gemäß Artikel 3 des 3. Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften zur Entscheidung über folgende Rechtsfragen vorgelegt:
Kann eine als juristische Person des öffentlichen Rechts geltende kirchliche Einrichtung bei einem Mietvertrag über eine Wohnung, den sie
- als Vermieterin mit einer Einzelperson geschlossen hat, die nicht Mitarbeiterin kirchlicher Einrichtungen ist, und der
- die Aufnahme dritter Personen lediglich von einer vorherigen schriftlichen Zustimmung abhängig macht, eine von dieser Person später begehrten Aufnahme eines nichtehelichen Lebensgefährten anderen Geschlechts alleine mit der Begründung verweigern, die Erteilung der Erlaubnis sei für sie unzumutbar im Sinne von § 549 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BGB, weil damit etwas von ihr abverlangt werde, das in Widerspruch zu ihrer eigenen Morallehre stehe?
Unter den 23. Oktober 1991 – 30 REMiet 1/91 – hat das Oberlandesgericht Hamm daraufhin beschlossen:
- Die Berechtigung des Wohnungsmieters, einen sogenannten (nichtehelichen) Lebensgefährten anderen Geschlechts in die Wohnung aufzunehmen, beurteilt sich nach § 549 Abs. 2 BGB (Bestätigung des Rechtsentscheids des OLG Hamm – 4. Zivilsenat – vom 17.08.1982, NJW 1982, 2876).
- Hat der Mieter an der Aufnahme des Lebensgefährten ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 549 Abs. 2 Satz 1 BGB, dann kann auch eine Kirchengemeinde oder eine sonstige kirchliche Institution als Vermieterin die Erlaubnis nicht alleine deshalb als unzumutbar im Sinne von § 549 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BGB ablehnen, weil die nichteheliche Lebensgemeinschaft im Widerspruch zu Glauben und Lehre der Kirche steht.
In den Gründen des Beschlusses, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Oberlandesgericht Hamm jedoch ausgeführt, daß im „Durchschnittsfall” die Glaubwürdigkeit der Kirche, um die es im Grunde gehe, nicht ernsthaft in Gefahr gerate, wenn der kirchliche Vermieter sich mit der Aufnahme der Lebensgemeinschaft abfinde. Ein sogenannter Durchschnittsfall, so das Oberlandesgericht, sei unter anderem durch die Lage der Wohnung in einem sozial normalen Umfeld gekennzeichnet. Eine vom Durchschnittsfall abweichende Besonderheit liege demgegenüber z.B. dann vor, wenn sich Unzuträglichkeiten wegen der Lage der Wohnung in einer die nichteheliche Lebensgemeinschaft ablehnenden Umgebung ergäben.
Gemäß Artikel 3 Abs. 1 Satz 5 des 3. Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften ist der Rechtsentscheid für die Kammer bindend. Die Kammer hatte danach lediglich noch festzustellen, ob sich das Mietverhältnis zwischen den Parteien als sogenannter „unauffälliger Durchschnittsfall” darstellt oder ob Besonderheiten vorliegen, die die Erteilung der begehrten Zustimmung für die Klägerin als unzumutbar erscheinen lassen.
Aufgrund des Ergebnisses der von der Kammer im Berufungsverfahren durchgeführten Ortsbesichtigung steht indes zweifelsfrei fest, daß vorliegend ein „Durchschnittsfall” nicht gegeben ist. Die Lage der streitgegenständlichen Wohnung ist vielmehr durch Besonderheiten gekennzeichnet, die es für die Beklagte unzumutbar machen, die beg...