Entscheidungsstichwort (Thema)

Fristlose Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzug: Kostentragung bei verfrühter Räumungsklage

 

Orientierungssatz

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Ist die auf einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs gründende Räumungsklage dem Mieter zugestellt worden, bevor ihm die Kündigungserklärung zugegangen ist, und leistet der Mieter innerhalb der Schonfrist vor der ersten mündlichen Verhandlung den Mietrückstand, so trägt der Vermieter die Kosten der Räumungsklage.

 

Tatbestand

(Aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Der Kläger hat die Räumung und Herausgabe seiner von der Beklagten gemieteten Wohnung verlangt. Die Klageschrift v. 21. 12. 1995 wurde der Beklagten am 3. 1. 1996 zugestellt. Mit Schriftsatz v. 5. 1. 1996 hat der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten Klagabweisung beantragt. Das bereits in der Klageschrift erwähnte Kündigungsschreiben v. 21. 12. 1995 ging der Beklagten am 9. 1. 1996 zu. Die Beklagte bezahlte am 16. und 17. 1. 1996 den gesamten offenen Mietrückstand an den Kläger. Daraufhin haben beide Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Das AG Baden-Baden hat durch Beschluß v. 12. 2. 1996 der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, daß die Klage bei Rechtshängigkeit zwar noch nicht begründet gewesen sei, da das Kündigungsschreiben noch nicht zugegangen war und damit das Mietverhältnis noch weiter bestand. Mit Zugang des Kündigungsschreibens (9. 1. 1996) sei die Klage aber begründet geworden. Nachdem die Beklagte die Mietrückstände erst danach (16./17. 1. 1996) bezahlt habe und die Kündigung damit gemäß § 554 Abs. 2 Nr. 2 BGB unwirksam geworden sei, sei die Klage vor Erledigung, wenn auch nicht von Anfang an, begründet gewesen. Deswegen entspreche es billigem Ermessen gemäß § 91a ZPO, der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

Die Beklagte hat sofortige Beschwerde eingelegt. Sie ist der Ansicht, daß die getroffene Kostenentscheidung nicht billigem Ermessen entsprach, weil die ausgesprochene Kündigung nach § 554 Abs. 2 Nr. 2 BGB unwirksam geworden sei, was gleichbedeutend mit nichtig sei und deshalb der Kläger in der Hauptsache unterlegen gewesen wäre. Außerdem habe die Beklagte zur Erhebung der Räumungsklage keine Veranlassung gegeben, weil vor der Klageerhebung keine Kündigung ausgesprochen worden ist.

 

Entscheidungsgründe

Die nach § 91a Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.

Die Entscheidung nach § 91a ZPO ist eine Ermessensentscheidung und bei der Ausübung des Ermessens ist der bisherige Sach- und Streitstand zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang sind die näheren Umstände und Motive, die zur Abgabe der Erledigungserklärung geführt haben, zu berücksichtigen. Als Folge hiervon wird nach allgemeiner Meinung der ohne die Erledigungserklärung zu erwartende Verfahrensausgang bei der Kostenentscheidung den Ausschlag geben. Das bedeutet, daß in der Regel derjenige die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, dem sie auch nach den allgemeinen kostenrechtlichen Bestimmungen (§§ 91ff. ZPO) aufzuerlegen gewesen wären (Zöller-Vollkommer: ZPO; 17. Aufl. 1991, Rn. 24 zu § 91a ZPO m.w.N.). Dementsprechend ist allgemein anerkannt, daß auch der Rechtsgedanke des § 93 ZPO anzuwenden ist (OLG Karlsruhe NJW-RR 1990, 978). Der Grundsatz des § 93 ZPO ist auch anzuwenden, wenn der Beklagte während des Rechtsstreits den geltend gemachten Anspruch erfüllt, so daß der Kläger wegen der folgenden Erledigungserklärung zu keinem Anerkenntnisurteil mehr gelangt (OLG Karlsruhe a.a.O.).

Die angefochtene Entscheidung übersieht, daß die Voraussetzungen des § 93 ZPO vorliegen und es deshalb billigem Ermessen entsprach, diesem allgemeinen Kostengrundsatz folgend, dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

Die Beklagte hat durch ihr Verhalten nicht zur Erhebung der gegenständlichen Klage Veranlassung gegeben und hat den Anspruch sofort anerkannt (§ 93 ZPO):

a) Eine Veranlassung zur Klageerhebung hat die Beklagte nicht gegeben, weil der Räumungsanspruch, der mit der vorliegenden Klage ausschließlich geltend gemacht wurde, zur Zeit der Klageerhebung noch nicht entstanden war. Der geltend gemachte Räumungsanspruch ist erst mit der der Beklagten am 9. 1. 1996 zugegangenen Kündigung entstanden. Vorher war die Beklagte zwar mit ihrer Zahlungspflicht in Verzug, jedoch ist dieser Verzug mit einer Zahlungspflicht nicht gleichzusetzen mit dem klageweisen geltend gemachten Räumungsanspruch. Der Räumungs- und Herausgabeanspruch des Klägers stützt sich auf § 556 Abs. 1 BGB und setzt eine Beendigung des Mietverhältnisses voraus. Diese Beendigung des Mietverhältnisses ist jedoch unbeschadet eines bereits andauernden Zahlungsverzuges erst mit dem Ausspruch der Kündigung eingetreten. Allein aus dem Umstand des Zahlungsverzuges folgt auch nicht zwangsläufig ein Anlaß für eine Räumungsklage. Den bereits vor Ausspruch der Kündigung bestehenden Zahlungsanspruch hat der Kläger im vorliegenden V...

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