Verfahrensgang

AG Rastatt (Entscheidung vom 18.06.1998; Aktenzeichen 1 C 139/98)

 

Tenor

  • I.

    Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Rastatt vom 18.06.1998 - 1 C 139/98 - im Kostenpunkt aufgehoben und wie folgt abgeändert:

    Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger DM 4.197,00 DM (i. W. viertausendeinhundertsiebenundneunzig DM) zuzüglich 4 % Zinsen hieraus seit dem 28.03.1998 zu zahlen.

  • II.

    Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.

 

Tatbestand

(Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.)

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist in vollem Umfang begründet.

I.

Der Kläger hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Ersatz seines restlichen Schadens von DM 4.197,00 DM gem. §§ 833 S. 1, 834 S. 1, 840 Abs. 1, 249 S. 2 BGB.

1.

Die Beklagten sind nach §§ 833 Satz 1, 834 Satz 1 BGB dem Kläger dem Grunde nach zum vollen Schadensersatz verpflichtet. Die Beklagte Ziffer 2 ist als Tieraufseherin und der Beklagte Ziffer 1 als Tierhalter für den Schaden verantwortlich, den der Schäferhund des Beklagten Ziffer 1 durch die Verletzung des Hundes des Klägers angerichtet hat. Gem. § 840 Abs. 1 BGB haften sie als Gesamtschuldner.

Die Haftung der Beklagten wird nicht gem. § 254 Abs. 1 BGB durch eine mitwirkende, vom Hund des Klägers ausgehende Tiergefahr gemindert. Denn wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, bot der Hund des Klägers unstreitig (außer seiner bloßen Existenz) keinerlei Anlaß für das aggressive Verhalten des Schäferhundes. Außerdem anderen war dem Beklagten bereits vor dem Vorfall bekannt, daß der Schäferhund auf andere Rüden aggressiv reagieren konnte.

2.

Die Beklagten sind danach gem. § 249 Satz 2 BGB verpflichtet, dem Kläger die restlichen Kosten der tierärztlichen Behandlung von DM 4.007,00 (Behandlungskosten laut Rechnung vom 20.01.1998 von DM 5.507,00 abzüglich unstreitig bereits bezahlter DM 1.500,00) sowie sonstige Kosten von 190,00 DM (Unkostenpauschale von 40,00 DM sowie Stornogebühr von 150,00 DM), insgesamt somit den Klagbetrag von DM 4.197,00 zu ersetzen.

Entgegen der Ansicht des Amtsgerichtes ist der Ersatz der gesamten Kosten der Heilbehandlung des Hundes nicht gem. § 251 Abs. 2 Satz 2 BGB auf den zehnfachen Anschaffungspreis des Mischlingshundes des Klägers beschränkt.

a)

Die Vorschrift des § 251 Abs. 2 Satz 2 BGB steht in systematischem Zusammenhang mit der Regelung in Abs. 2 Satz 1, wonach unverhältnismäßige Wiederherstellungskosten vom Schädiger nicht geschuldet sind, und läßt diese Bestimmung unberührt. Abs. 2 Satz 2 besagt insoweit lediglich, daß die Kosten den Wert des verletzten Tieres erheblich übersteigen können, ohne jedoch Kriterien dafür zu nennen, von welcher Grenze an die Kosten unverhältnißmäßig und daher nicht ersatzfähig sind. Gegenüber Abs. 2 Satz 1 erweitert Satz 2 (im Hinblick auf den in dem verletzten Tier verkörperten ideellen Wert) den Rahmen, innerhalb dessen die Behandlungskosten zu ersetzen sind. Für die Höhe der ersatzfähigen Behandlungskosten sind von Bedeutung der Wert des Tieres (in erheblich eingeschränktem Maße), Alter und Gesundheitszustand sowie Tierart und (bis zu einem gewissen Grad) die Erfolgsaussichten der Behandlung. Dabei besteht zwischen letzeren und den vom Schädiger zu ersetzenden Kosten insoweit ein Zusammenhang, als bei größeren Heilungschancen auch höhere Kosten aufgewandt werden dürfen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt die überzeugenden Ausführungen von Grunsky, in: Münchner Kommentar, BGB, 3. Aufl., 1994, § 251, Rn. 22-32).

b)

Nach diesen dargelegten Maßstäben ist es nicht statthaft, die Obergrenze des Schadensersatzes (die Unverhältnismäßigkeit im Sinne des § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB) hinsichtlich der Verletzung bzw. Wiederherstellung eines Tieres pauschal an ein Vielfaches des Anschaffungspreises des Tieres zu knüpfen, wie dies das Amtsgericht in seinem Urteil getan hat. Nach dem unter a) Dargelegten ist es vielmehr eine Frage des Einzelfalles, wo die Grenze der Ersatzfähigkeit von Behandlungskosten eines verletzen Tieres zu ziehen ist. Hinsichtlich des hier zu beurteilenden Falles steht jedenfalls für die Kammer fest, daß die Beklagten für die gesamten Behandlungskosten aufzukommen haben. Denn nicht nur hält sich die Höhe der Tierarztrechnung in Anbetracht der schwerwiegenden Verletzungen des Hundes des Klägers (diagnostiziert wurden perphorierende Thorax- und Abdomenverletzung sowie Rippenfraktur und hypovolämischer Schock) in Grenzen und war ein Erfolg der durchgeführten Heilbehandlung nicht gänzlich unwahrscheinlich. Auch muß im vorliegenden Fall die besondere emotionale Bindung des Klägers an seinen Hund gesehen werden. Unstreitig hat der Kläger, wie er bereits in der Klagschrift im einzelnen dargetan hat, in der Vergangenheit eine besondere Fürsorge für seinen Hund entfalten müssen, weshalb zwischen Mensch und Tier eine besonders enge gemütshafte Bindung entstanden ist. Deshab ist die Zivil...

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