Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
1. Zugunsten des Mieters kann eine Kündigungsfrist von drei Monaten vereinbart werden.
2. Leistet der Mieter nach der Anzeige des Eigentumsüberganges an den noch nicht im Grundbuch eingetragenen Grundstückserwerber die Miete, kann er auch diesem gegenüber die Kündigung des Mietvertrages erklären.
Gründe
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Auf die zulässige Berufung der Beklagten gegen das Urteil des AG ist dieses Urteil insoweit aufzuheben, als die Beklagten verurteilt worden sind. Dem Kläger steht nämlich nach wirksamer Kündigung des Mietvertrages kein Mietzinsanspruch für die Monate August bis Oktober 1987 zu (§ 535 Satz 2 BGB). Ein anderer Anspruchsgrund ist weder ersichtlich noch vorgetragen.
1. Das Mietverhältnis ist durch Kündigungserklärung der Beklagten v. 28.4.1987 zum 31.7.1987 beendet worden. Die Kündigungsfrist für die Mieter wurde nämlich in § 5 des Mietvertrags v. 3.10.1979 rechtswirksam auf 3 Monate vereinbart. Damit haben die Mietvertragsparteien die insoweit disponible gesetzliche Regelung nach § 565 Abs. 3 Satz 3 BGB modifiziert.
2. Die Beklagten beendeten das Mietverhältnis durch Kündigung v. 28.4.1987 rechtswirksam, obwohl sie diese Kündigungserklärung als empfangsbedürftige Willenserklärung an den Kläger sandten und der Kläger bei deren Empfang unstreitig noch nicht Eigentümer der Mietwohnung geworden war. Zwar tritt nach § 571 BGB der Käufer einer Mietwohnung erst dann mit allen Rechten und Pflichten in ein bestehendes Mietverhältnis ein, wenn er die Wohnung erworben hat, d.h. Auflassung und Grundbucheintragung erfolgt sind (§§ 873, 925 BGB). Demnach ist der Veräußerer der Wohnung bis zum Vollzug des letzten Teilaktes des Eigentumsübergangs Vermieter und damit grundsätzlich richtiger Adressat für die Kündigungserklärung.
In dem zu entscheidenden Rechtsstreit treten allerdings Umstände hinzu, die bewirken, daß daneben auch der Erwerber des Grundstücks, der Kläger, richtiger Adressat für die Kündigungserklärung der Beklagten war. Diese besonderen Umstände liegen in der unstreitigen Mitteilung des Veräußerers an die Beklagten, sie sollten zukünftig - nach Auflassung aber vor Eintragung - den Mietzins an den Kläger entrichten (§ 446 BGB). Auf diese Anzeige kann sich der Mieter nach § 576 BGB in Ansehung der Mietzinsforderung stets verlassen.
Während der Gesetzgeber die Rechtswirkungen der Anzeige des Eigentumsübergangs in Ansehung der Mietzinsforderung geregelt hat, besteht eine unbewußte Regelungslücke dieser Rechtsfolgen in Ansehung des Adressaten für eine Kündigungserklärung. Diese Regelungslücke ist durch die entsprechende Anwendung des § 576 BGB zu schließen (vgl. Staudinger/Emmerich, BGB-Kommentar 12. Aufl., § 571 Rn. 62b, § 576 Rn. 6a). Der gesetzlich in § 576 BGB geregelte Einzelfall ist wertungsmäßig sowie nach Sinn und Zweck auf den nicht geregelten Einzelfall zu übertragen. Durch die Anzeige des Eigentumsübergangs wird nämlich nicht nur insoweit konstitutive Wirkung geschaffen, als die Mieter nunmehr die Mietzinszahlungen an den vermeintlichen neuen Eigentümer als Gläubiger zu erfüllen haben, sondern die Mieter müssen sich infolge dieser Anzeige des Eigentumsübergangs auch darauf verlassen dürfen, der Erwerber sei (bereits) Adressat für die Kündigungserklärung geworden.
Diese Analogie entspricht dem Willen des BGB-Gesetzgebers auch insoweit, als nach § 446 Abs. 1 BGB mit Übergabe der verkauften Sache die Gefahren ihres zufälligen Untergangs und einer zufälligen Verschlechterung auf den Käufer übergehen und dem Käufer von da ab die Nutzungen der Sache gebühren und er ihre Lasten zu tragen hat. Zieht der Erwerber aber ab Gefahrenübergang die Nutzung und bekommt er demgemäß ab Anzeige vom Eigentumsübergang vom Mieter direkt den Mietzins ausbezahlt, so ist es sach- und interessengerecht, ihn auch (neben dem Vermieter) als Empfangsberechtigten der Kündigung und damit des Grundes, warum die weitere Ziehung der Nutzungen vom konkreten Mieter unmöglich wird, anzusehen.
Auf die Anzeige des Eigentumsübergangs konnten sich die Beklagten analog § 576 BGB verlassen, obwohl sie unstreitig bei Abgabe der Kündigungserklärung wußten, daß die Eintragung des Klägers im Grundbuch noch nicht vollzogen war. Die Anzeige nach § 576 BGB begründet nämlich keine Rechtsscheinhaftung, deren Basis durch Mitteilung des Gegenteils zerstört werden kann. Diese Anzeige hat vielmehr konstitutive Wirkung (BGHZ 67, 117): Der Mieter darf sich auf diese Mitteilung verlassen, muß dies aber nicht.
Weil aus den dargelegten Gründen die Kündigung der Beklagten rechtswirksam ist und das Mietverhältnis zum 31.7.1987 beendet hat, schulden die Beklagten dem Kläger für die Zeit ab August 1987 keinen Mietzins.
Fundstellen