Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 13.01.1994; Aktenzeichen 36 M 1512/92) |
Tenor
Unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses wird der Antrag des Schuldners vom 13. Januar 1994 zurückgewiesen.
Der Einstellungsbeschluß des Amtsgerichts vom 13. Januar 1994 wird aufgehoben.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Im übrigen trägt der Schuldner die Kosten des Verfahrens bei einem Wert von 11.991,80 DM.
Die Wirksamkeit der Entscheidung ist von der Rechtskraft dieses Beschlusses abhängig.
Gründe
Durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 8. April 1992 hat die Gläubigerin wegen einer Hauptforderung von 14.000,– DM und 1.242,59 DM festgesetzter Kosten nebst Zinsen und bisher entstandener Vollstreckungskosten das Arbeitseinkommen des Schuldners gepfändet.
Am 13. Januar 1994 hat der Schuldner beantragt, die ihm von der Drittschuldnerin gewährte Abfindung in Höhe von 15.000,– DM gem. § 850i ZPO als unpfändbaren Teil seines Arbeitskommens für die nächsten 12 Monate freizugeben. Zur Begründung hat er u. a. vorgetragen:
Er sei aus betriebsinternen Gründen zum 30. November 1993 entlassen worden. Ihm sei eine Abfindung in Höhe von 15.000,– DM zugesagt worden. Bei der Errechnung des Betrages sei berücksichtigt worden, daß ihm ein monatlicher Betrag analog zur Pfändungstabelle des § 850c ZPO erhalten bleiben solle. Er benötige diesen Betrag zur Deckung seiner Lebenshaltungskosten, da er andernfalls sozialhilfebedürftig würde. Er sei verheiratet und habe einen Sohn. Seine Ehefrau habe ein eigenes Einkommen von 1.650,25 DM netto monatlich. Sein monatlicher Nettoverdienst habe vor der Entlassung ca. 3.000,– DM monatlich betragen. Arbeitslosengeld habe er lediglich in Höhe von 1.064,20 DM für die Zeit vom 12. bis zum 31. Januar 1994 bezogen. Seit dem beziehe er kein Arbeitslosengeld, da daß Arbeitsamt die Abfindung als Lohnfortzahlung ansehe.
Durch Beschluß vom 19. April 1994 ist angeordnet worden, daß von dem gepfändeten Abfindungsbetrag dem Schuldner 11.991,80 DM pfandfrei zu belassen seien, während der Restbetrag von 3.008,20 DM der Gläubigerin zustünde; es ist ferner angeordnet worden, daß der Beschluß erst mit seiner Rechtskraft wirksam werde. In den Gründen des Beschlusses heißt es u. a.: Ausgehend von einem bisherigen monatlichen Nettoeinkommen des Schuldners von 3.000,– DM hätten ihm unter Berücksichtigung von zwei Unterhaltsberechtigten nach der Tabelle zu § 850c ZPO monatlich 2.611,20 DM für 5 Monate zu verbleiben, jedoch abzüglich der vom Arbeitsamt geleisteten 1.064,20 DM. Der danach monatlich pfändbare Betrag von 388,80 DM für 5 Monate stünde der Gläubigerin zu, zuzüglich der an den Schuldner vom Arbeitsamt geleisteten 1.064,20 DM.
Gegen diesen ihr am 28. April 1994 zugestellten Beschluß hat die Gläubigerin mit Schriftsatz vom 9. Mai 1994. eingegangen am 10. Mai 1994, sofortige Beschwerde eingelegt und dazu u. a. vorgetragen. Der Schuldner erhalte seit Dezember 1993 durchgehend Arbeitslosengeld bis heute, da die ihm zustehende Abfindung nach dem AFG nicht auf das Arbeitslosengeld angerechnet werde.
Auf entsprechende Aufforderung der Kammer hat der Schuldner die Bescheinigung des Arbeitsamtes I vom 25. Mai 1994 vorgelegt, wonach er seit dem 1. Februar 1994 laufend wöchentlich 285,– DM Arbeitslosengeld erhält. Er hat ferner nachgewiesen, daß seine monatliche Miete 409,48 DM betrage. Die Frage nach weiteren Einkünften aus anderen Quellen hat er nicht beantwortet. Aus den auf Anforderung der Kammer vorgelegten Lohnbescheinigungen der Monate September bis November 1993 geht hervor, daß er im November 1993 einen monatlichen Bruttoverdienst von 2.346,– DM und netto 1.889,69 DM bezogen hat und vorher krank gewesen ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Die nach § 793 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist auch begründet.
Wie das Amtsgericht in dem angefochtenen Beschluß zutreffend ausgeführt hat, ist die Pfändbarkeit der dem Schuldner gewährten Abfindung nach § 850i ZPO zu beurteilen. Über Anträge nach dieser Bestimmung hat der Rechtspfleger zu entscheiden (vgl. Baumbauch-Lauterbach-Hartmann, ZPO, 51. Aufl., § 850i Rdnr. 5). Daß im vorliegenden Fall der Richter entschieden hat, ist nach § 8 Abs. 1 RpflG unschädlich.
Die Entscheidung des Amtsgerichts beruht jedoch auf vom Schuldner vorgetragenen unzutreffenden Tatsachen. Nach § 850i Abs. 1 Satz 1 ZPO ist dem Schuldner in einem Fall – wie dem vorliegenden – so viel zu belassen, als er während eines angemessenen Zeitraums für seinen notwendigen Unterhalt und den von Personen, denen er Unterhalt zu leisten hat, bedarf. Maßgegend für die Höhe dieses Betrags sind etwa die Regelsätze der laufenden Hilfe zum Lebensunterhalt (vgl. Baumbach-Lauterbach-Hartmann, a.a.O., Rdnr. 2). Nach § 850i Abs. 1 Satz 2 ZPO sind bei der Entscheidung die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners, insbesondere seine sonstigen Verdienstmöglichkeiten, frei zu würdigen. Danach reicht das Einkommen des Schuldners aus Arbeitslose...