Entscheidungsstichwort (Thema)
Klagerücknahme nach Zustellung. Gebührenstreitwert für Instandsetzungsklage
Leitsatz (amtlich)
1. Wird der Anspruch des Klägers vor Rechtshängigkeit erfüllt, ist die Klage unverzüglich zurückzunehmen. Bei einer Rücknahme kurz nach Zustellung der Klage hat der Kläger die Kosten zu übernehmen.
2. Der Gebührenstreitwert für eine Einzelfrage aus dem Mietrecht (der Instandsetzungsklage) kann nicht höher angesetzt werden als für die Frage nach dem Bestand des Mietverhältnisses, so daß vom Jahresbetrag der fiktiven Minderung auszugehen ist.
Tenor
wird der Streitwert für den ersten Rechtszug in Abänderung des Streitwertbeschlusses des Amtsgerichts Tiergarten vom 18. Dezember 2003 auf bis zu 1.200,- Euro festgesetzt.
Die sofortige Beschwerde der Kläger gegen den die Kosten betreffenden Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 18. Dezember 2003 - 5 C 300/03 - wird bei einem Beschwerdewert bis zu 340,00 Euro auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Gründe
Die Kläger haben die Beklagte, ihre Vermieterin, mit der am 10. Juni 2003 bei Gericht eingegangenen Klage auf Instandsetzung ihrer Mietwohnung in Anspruch genommen. Die Klage ist der Beklagten am 24. November 2003 zugestellt worden. Mit dem am selben Tage eingegangenen Schriftsatz vom 27. November 2003 haben die Kläger die Klage zurückgenommen, weil die bevollmächtigte Hausverwalterin sämtliche Mängel Ende Oktober 2003 beseitigt habe. Das Amtsgericht hat durch Beschluss vom 18. Dezember 2003 die Kosten des Rechtsstreits den Klägern auferlegt, weil diese die Klage nicht unverzüglich zurückgenommen hätten. Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer am 18. Februar 2004 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde. Sie meinen, sie hätten vor der Klagerücknahme erst die Zustellung der Klage abwarten müssen.
Die gemäß §§ 269 Abs. 5, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist innerhalb der Frist des § 569 Abs. 1 ZPO formgerecht eingelegt worden. Zwar ergibt sich aus den Akten nicht, wann der Beschluss den Prozessbevollmächtigten der Kläger zugestellt worden ist. Angesichts der nach den Akten (Bl. 37 unten) erst am 10./11. Februar 2004 erfolgten Herausgabe der Entscheidung muss die Zwei-Wochen-Frist jedoch gewahrt sein.
Die zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet. Das Amtsgericht hat mit Recht darauf abgestellt, dass die Klagerücknahme nicht unverzüglich erfolgt ist. Dies ist regelmäßig nur dann zu bejahen, wenn die Rücknahme innerhalb einer Frist von zwei Wochen seit dem erledigenden Ereignis erfolgt, wobei der Begriff der Unverzüglichkeit ähnlich wie in § 121 Abs. 1 BGB auszulegen ist (vgl. Hartmann bei Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 61. Auflage, § 269 ZPO, Randnummer 40; OLG Hamm NJW-RR 1990, 523). Das OLG Saarbrücken (OLGR Saarbrücken 2003, 255) hat dementsprechend eine Rücknahme nach einem Monat seit Kenntnis des Wegfalls des Klagegrunds nicht mehr als unverzüglich angesehen. Das OLG Köln (OLGR Köln 2002, 362) hat nur wegen Vorliegens besonderer Umstände eine Zeitspanne von elf Tagen noch als ausreichend angesehen.
Soweit die Kläger unter Hinweis auf eine Entscheidung des OLG Nürnberg (NJW 2003, 646) meinen, sie hätten erst nach erfolgter Zustellung der Klage diese zurücknehmen können, ist dieser Ansicht bereits das OLG Köln (NJW-RR 2003, 1509) entgegengetreten. Das OLG Köln hat mit Recht darauf verwiesen, dass ein Prozessrechtsverhältnis, das dann allerdings durch den Kostenantrag bestimmt wird, auch entstehen kann, wenn der beklagten Partei im Rahmen der Gewährung rechtlichen Gehörs zugleich Klageschrift, Klagerücknahme und Kostenantrag zugestellt werden. Diese Frage ist nunmehr durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 18. November 2003 (VIII ZB 72/93, WuM 2004, 159) geklärt. Der Bundesgerichtshof führt aus, das in § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO erwähnte Tatbestandsmerkmal "vor Rechtshängigkeit" sei nach allgemeinem Sprachgebrauch auch dann erfüllt, wenn die Rechtshängigkeit später nicht mehr eintrete, weil die Zustellung der Klage unterbleibe, es verlange nur, dass die Zustellung im Zeitpunkt des Wegfalls des Klageanlasses noch nicht erfolgt sei. Es sei nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber die prozessökonomisch und materiell-rechtlich sinnvolle Kostenentscheidung von dem gegenstandslos gewordenen Eintritt der Rechtshängigkeit abhängig machen wollte. Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer an.
Eine Kostentragungspflicht der Beklagten kann auch nicht aus § 269 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO hergeleitet werden. Mit "aus einem anderen Grund aufzuerlegen" ist nach wie vor lediglich die Vorschrift des § 93d ZPO gemeint und eröffnet nicht die Möglichkeit einer Kostenverteilung unter Berücksichtigung materiell-rechtlicher Ansprüche (BGH GE 2004, 106 f; so auch LG Berlin GE 2004, 109; die gegenteilige Ansicht des Landgerichts Berlin, Zivilkammer 65, GE 2003, 881 hat sich danach erledigt). Auf einen Verzug der Beklagten mit der Instandsetzungspflicht, der möglicherweise einen materiell-rechtlichen Kostenerstattung...