Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenentscheidung zu Lasten des Beklagten bei Klagerücknahme: Erfordernis unverzüglicher Klagerücknahme nach Begleichung von Mietrückständen vor Rechtshängigkeit

 

Orientierungssatz

1. Wenn eine Klageforderung (hier: Mietrückstände) vor Rechtshängigkeit erfüllt wird, kommt eine Kostenauferlegung auf den Beklagten nur dann in Betracht, wenn die Klage unverzüglich zurückgenommen wird (entgegen LG Berlin, 17. März 2003, 65 T 2/03, Grundeigentum 2003, 881).

2. Die Klagerücknahme ist jedenfalls dann nicht mehr unverzüglich, wenn der Ausgleich der Klageforderung bereits während des gerichtlichen Mahnverfahrens erfolgt und die alsbaldige Abgabe an das Streitgericht unterblieben ist, weil die (weiteren) Gerichtskosten verspätet gezahlt werden.

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wedding vom 21. Juli 2003 - 6a 104/03 - wird auf ihre Kosten bei einem Wert von 1.008,90 Euro zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die sofortige Beschwerde der Kläger vom 15. August 2003 gegen den am 7. August 2003 zugestellten Beschluss des Amtsgerichts ist gemäß § 269 Abs. 5, § 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 569 ZPO zulässig.

II. Die sofortige Beschwerde hat jedoch keinen Erfolg.

1. Das Amtsgericht ist zu Recht zu der Auffassung gelangt, dass die Kläger gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen haben, nachdem sie die Klage zurückgenommen haben. Die Kosten sind nicht dem Beklagten nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO aufzuerlegen, weil dies etwa unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes der Billigkeit entspräche. Denn Voraussetzung für eine solche Entscheidung wäre zunächst, dass der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und die Klage daraufhin unverzüglich zurückgenommen worden wäre. Letzteres ist indessen nicht der Fall.

a) Die Kläger haben den Beklagten mit Hilfe eines 17. Oktober 2002 eingegangenen Antrages auf Erlass eines Mahnbescheides auf Zahlung von Mietrückständen in Höhe von insgesamt 5.436,06 Euro in Anspruch genommen. Es handelte sich dabei um einen Betrag von 8,18 Euro für Mai 2002 und um vier Beträge von jeweils 1.356,97 Euro für Juli, August, September und Oktober 2002. Der am 24. Oktober 2002 erlassene Mahnbescheid ist dem Beklagten am 29. Oktober 2002 zugestellt worden. Dieser hat dagegen am 4. November 2002 Widerspruch eingelegt. Mit Verfügung vom 5. November 2002 sind die Kläger über den Widerspruch informiert und zur Zahlung des Kostenvorschusses aufgefordert worden. Der Vorschuss ist in zwei Teilbeträgen am 15. Januar und 23. März 2003 eingezahlt worden. Mit Verfügung vom 27. März 2003 ist der Rechtsstreit an das Amtsgericht abgegeben worden. Mit einer am 20. Mai 2003 eingegangenen Verfügung sind die Kläger zur Begründung der Klage aufgefordert worden. Mit einem am 26. Juni 2003 eingegangenen Schriftsatz haben sie die Klage zurückgenommen und beantragt, die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten aufzuerlegen. Sie haben vorgetragen, dass der Beklagte die Rückstände in Teilbeträgen am 21. Oktober für Juli und August, am 25. November für September und am 5. Dezember 2002 für Oktober gezahlt habe. Der Rückstand für Mai war schon vor dem Antrag gezahlt worden. Der Beklagte ist dem Kostenantrag entgegengetreten.

b) Eine unverzügliche Rücknahme der Klage lag bei Eingang des Schriftsatzes am 26. Juni 2003 nicht mehr vor. Der Anlass für die Geltendmachung der Mietansprüche - mit Ausnahme desjenigen für Mai 2002 - war spätestens mit der letzten Zahlung am 5. Dezember 2002 entfallen. Von diesem Zeitpunkt an hatten die Kläger keinen Anlass mehr, ihre Forderungen weiter zu verfolgen. Zu diesem Zeitpunkt war die Zustellung des Mahnbescheides bereits erfolgt und der Beklagte hatte Widerspruch eingelegt. Gleichwohl waren die Kläger damals noch nicht gehalten, den Antrag auf Erlass des Mahnbescheides zurückzunehmen, um sich die Möglichkeit zu erhalten, eine für sie günstige Entscheidung über die Kosten gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO zu erreichen. Die Zurücknahme des Mahnantrages führt im Wege einer analogen Anwendung des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO an sich dazu, dass der Antragsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen hat (Zöller-Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 690 Rdnr. 24). Eine dem Antragsteller günstige Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO ist in dem Stadium vor Abgabe der Sache an das Streitgericht nach § 696 Abs. 1 ZPO nicht möglich. Denn eine solche Kostenentscheidung würde die Gewährung rechtlichen Gehörs voraussetzen. Im Mahnverfahren müsste geprüft werden, ob die bisher entstandenen Kosten dem Antragsgegner nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes auferlegt werden können. Um eine solche Entscheidung treffen zu können, müsste der geltend gemachte Anspruch auf seine materielle Berechtigung hin überprüft werden. Ein solche Prüfung kann aber in dem formalisierten Mahnverfahren nicht stattfinden (Zöller-Vollkommer, a.a.O., Wolff NJW 2003, 553, 554 unter II. 1. b). D...

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