Verfahrensgang
AG Berlin-Wedding (Aktenzeichen 13 C 372/16) |
Tenor
Das Verfahren wird ausgesetzt.
Dem Bundesverfassungsgericht wird die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob § 556d Abs. 1 und 2 BGB in der Fassung des MietNovG vom 21. April 2015 (BGBl I S. 610) mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG unvereinbar und daher nichtig ist.
Tatbestand
I.
Die Kläger begehren als Mieter einer Wohnung die Feststellung der unter Beachtung der sog. Mietpreisbremse höchstzulässigen Miete.
Die Parteien schlossen am 4. Februar 2016 einen Mietvertrag über eine 2-1/2-Zimmer Wohnung in einem zwischen 1919 und 1949 bezugsfertig gewordenen Haus in Berlin-…, wobei sie als Mietvertragsbeginn den 1. März 2016 und als monatlichen Mietzins 474,32 EUR nettokalt vereinbarten (Bl. I/6-36 d.A.). Die 59,29 qm große Wohnung ist mit Sammelheizung, Bad und WC ausgestattet. In der Küche sind im Arbeitsbereich Wandfliesen angebracht, in der überwiegenden Zahl der Wohnräume befinden sich abgezogene Holzdielen. Die Wohnung befindet sich in einfacher Wohnlage in einer ungefähren Entfernung von 1 km zum Flughafen Berlin-Tegel. Die Müllstandsfläche des Hauses ist gepflegt, sichtbegrenzend gestaltet und nur den Mietern zugänglich. Bei Übergabe der Wohnung verzichteten die Kläger auf den von der Beklagten angebotenen Einbau einer Spüle in der Küche.
Mit am 5. Juli 2016 zugegangenem Schreiben vom 1. Juli 2016 (Bl. II/26-27 d.A.) ließen die Kläger gegenüber der Hausverwalterin der Beklagten einen Verstoß gegen die sog. Mietpreisbremse rügen, da die ortsübliche Vergleichsmiete ausweislich des Berliner Mietspiegels 2015 nur 6,43 EUR/qm nettokalt betrage, woraus sich eine zulässige monatliche Nettokaltmiete von nicht mehr als 419,18 EUR ergäbe. Ihrer Aufforderung, diese Miethöhe bis zum 15. Juli 2016 anzuerkennen, kam die Beklagte nicht nach.
Der daraufhin erhobenen Klage auf Feststellung, dass die Kläger für die streitbefangene Wohnung ab dem 15. Juli 2016 bis zum nächsten rechtswirksamen Mieterhöhungsverlangen nur einen höchstzulässigen Mietzins in Höhe von 419,18 EUR nettokalt zu zahlen hätten, gab das Amtsgericht teilweise statt und stellte eine höchstzulässige Miete in Höhe von 435,78 EUR nettokalt ab dem 1. August 2016 fest. Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere zum erstinstanzlichen Vorbringen und zu den im ersten Rechtszug gestellten Anträgen, wird auf das amtsgerichtliche Urteil (Bl. I/84 – 95 d.A.) Bezug genommen.
Gegen das ihr am 4. Juli 2017 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 25. Juli 2017 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 4. September 2017 eingegangenem Schriftsatz begründet.
Sie ist der Auffassung, die Klage sei wegen des Vorrangs der Leistungsklage bereits teilweise unzulässig. Das Amtsgericht habe die ortsübliche Vergleichsmiete dem Grunde und der Höhe nach fehlerhaft ermittelt. Die Berliner Mietspiegel 2015 und 2017 könnten zur Berechnung der ortsüblichen Miete nicht herangezogen werden, da sie weder die Anforderungen an einen qualifizierten noch an einen einfachen Mietspiegel erfüllten. Zudem befände sich in der Küche ein hochwertiger Bodenbelag, der in dieser Merkmalgruppe für den Fall der Heranziehung des Berliner Mietspiegels ebenso zu berücksichtigen sei wie das Sondermerkmal „hochwertiger Bodenbelag” für die in der Wohnung verlegten und abgezogenen Holzdielen. Mit Blick auf die erhebliche Mietpreisentwicklung zwischen den Stichtagen der Berliner Mietspiegel 2015 und 2017 sei für die Bemessung der zulässigen Miete zumindest ein Stichtagszuschlag in Höhe von 9,6 % (0,64 EUR/m²) vorzunehmen. Sie ist ferner der Ansicht, die Bestimmungen der §§ 556d ff. BGB seien verfassungswidrig.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Kläger beantragen – nach Rücknahme einer zwischenzeitlich erhobenen Anschlussberufung –
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil und vertiefen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie sind der Auffassung, das Amtsgericht habe die zur Bemessung der zulässigen Miete maßgebliche ortsübliche Vergleichsmiete zwar nicht vollständig rechtsfehlerfrei ermittelt, doch belaufe sie sich auf keinen Fall auf mehr als den erstinstanzlich festgestellten Betrag. Die gesetzlichen Vorschriften der sog. Mietpreisbremse seien verfassungsgemäß.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien erst- und zweitinstanzlich gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Rechtsstreit ist gemäß Art. 100 Abs. 1 GG auszusetzen, da die Vorschrift des § 556d Abs. 1, Abs. 2 BGB zur Überzeugung der Kammer mit Art. 3 Abs. 1, 80 Abs. 1 Satz 2 GG unvereinbar und für die mit der Berufung verfolgte vollständige Klageabweisung entscheidungserheblich ist. Es käme auf die Verfassungsgemäßheit des § 556d BGB nur dann nicht an, wenn die übrigen Berufungsangriffe der Beklagten Erfolg hätten. An diesen Voraussetzungen aber fehlt es, so dass die Kammer nur bei Annahme der Verfassungswidrigkeit der ge...