Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung von Wohnraum wegen Abriß des Wohnhauses: Abrißgenehmigung als Wirksamkeitsvoraussetzung für Kündigung. Kündigung von Wohnraum wegen Abriß des Wohnhauses: Nichtwirksamwerden von bedingt erteilten Abrißgenehmigungen
Orientierungssatz
1. Die Zweckentfremdungsgenehmigung zum Abriß eines Wohnhauses ist Wirksamkeitsvoraussetzung für die Kündigung von Wohnraum. Daher muß sie bei Zugang der Kündigungserklärung vorliegen.
2. Die Abrißgenehmigung wird nicht wirksam, wenn sie für den Fall erteilt wurde, daß der Wohnraum rechtlich und tatsächlich frei ist, die Räumungsklage gegen einen Mitmieter aber rechtskräftig abgewiesen wird.
3. Die Abrißgenehmigung wird nicht wirksam, wenn sie unter der Voraussetzung erteilt worden ist, daß eine bestimmte Wohnraumgesamtfläche neu errichtet wird, die vorliegende Baugenehmigung aber eine geringere Fläche aufweist.
Tenor
Das Versäumnisurteil des Landgerichts Berlin vom 11. September 1990 - 64 S 257/90 - wird aufrechterhalten.
Die Klägerin hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen und auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Durch den statthaften (§§ 542 Abs. 3, 338 ZPO), form- und fristgerecht eingelegten Einspruch (§§ 542 Abs. 3, 339, 340 ZPO) ist der Prozeß in die Lage zurückversetzt worden, in der er sich vor Eintritt der Säumnis befand (§§ 542 Abs. 3, 342 ZPO). Da die Entscheidung, die aufgrund der neuen Verhandlung zu erlassen war, mit dem Versäumnisurteil jedoch übereinstimmt, war das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.
Die statthafte (§ 511 ZPO) sowie form- und fristgerechte begründete Berufung (§§ 516, 518, 519 ZPO) der Klägerin ist unbegründet, denn die Klage ist unbegründet, so daß das Amtsgericht diese im Ergebnis zu Recht abgewiesen hat.
II.
Zwar ist die Kündigung entgegen der Ansicht des Amtsgerichts ausreichend begründet worden, da die vorgesehene Verwertung hinreichend identifizierbar angegeben ist (vgl. BayObLG, WM 1985, 50; Emmerich Sonnenschein, Miete, 5. Aufl. 1989, Anm. 4 a, Rdnr. 81 zu § 564 b BGB; Urteil der Kammer vom 31. Juli 1990, 64 S 136/90). Jedoch ist die Kündigung schon deshalb nicht begründet, weil eine wirksame Abrißgenehmigung zum Zeitpunkt der Kündigung nicht vorlag.
1. Gemäß § 1 Abs. 2 Ziff. b der Zweckentfremdungsverbotsverordnung (ZwVbVO) ist zum Abriß eines Wohnhauses die Erteilung einer Zweckentfremdungsgenehmigung erforderlich. Diese Abrißgenehmigung wird gemäß § 3 Abs. 2 ZwVbVO nur erteilt, wenn ein das öffentliche Interesse an der Nutzung zu Wohnzwecken erheblich überwiegendes berechtigtes Interesse besteht oder wenn im Sinne von § 3 Abs. 3 ZwVbVO der Wohnraum tatsächlich und rechtlich frei ist. Nach § 3 Abs. 4 ZwVbVO kann die Genehmigung befristet, bedingt, und unter Auflagen erteilt werden. Der Vermieter ist ohne die Zweckentfremdungsgenehmigung bzw. ohne daß er die Bedingungen der erteilten Zweckentfremdungsgenehmigung erfüllt, rechtlich gehindert, einen geplanten Abriß und Neubau eines Wohnhauses durchzuführen, selbst wenn im übrigen die Voraussetzungen des § 564 b Abs. 2 Nr. 3 BGB für diese Maßnahmen erfüllt wären. Für die Maßnahme, an deren Durchführung er rechtlich gehindert ist, kann der Vermieter die Räumung der Wohnung nicht verlangen. Die Zweckentfremdungsgenehmigung ist daher Wirksamkeitsvoraussetzung für die Kündigung. Als solche muß sie zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung vorliegen (vgl. Rechtsentscheid des OLG Hamburg vom 25.3.1981, 4 U 201/80 in 1 REMiet § 564 b BGB Nr. 6 (Zweckentfremdung); vgl. auch Emmerich Sonnenschein, a. a. O. Rdn. 59 zu § 564 b BGB; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl. 1988, IV Rdn. 149). Die erteilte Abrißgenehmigung muß bereits in der Kündigung genannt werden (vgl. OLG Hamburg a. a. O.).
2. Vorliegend nimmt die Kündigung vom 13.2.1990 auf eine Abrißgenehmigung vom 6. April 1989 Bezug. Daß diese Genehmigung wirksam geworden wäre, trägt die Klägerin nicht substantiiert vor. Die Genehmigung wurde nicht eingereicht. Nach dem - unbestritten gebliebenen - Vortrag des Beklagten gemäß Schriftsatz vom 22. August 1990 wäre die Genehmigung nicht wirksam geworden; denn nach einer dem Beklagten erteilten Auskunft des Bezirksamtes Neukölln vom 31. Mai 1989 soll die Zweckentfremdungsgenehmigung für den Fall erteilt worden sein, daß der Wohnraum rechtlich und tatsächlich frei ist (vgl. § 3 Abs. 3 ZwVbVO), was bisher nicht der Fall ist. Insbesondere ist die Räumungsklage gegen den Mieter Leser in dem Verfahren 64 S 136/90 inzwischen rechtskräftig abgewiesen worden.
3. Im übrigen ist die Genehmigung vom 6. April 1989 inzwischen ... überholt, denn auf einen Wiederholungsantrag der Klägerin vom 18. April 1990 wurde nunmehr eine neue Abrißgenehmigung vom 30. Juli 1990 erteilt, auf die sich die Klägerin auch nunmehr zur Begründung ihres Begehrens beruft. Diese erst später erteilte Abrißgenehmigung ist jedoch bereits deshalb unerheblich, weil diese zum Zeitpu...