Entscheidungsstichwort (Thema)

Schriftform der Kündigung

 

Orientierungssatz

Die vertraglich vereinbarte Schriftform der Kündigung eines Mietverhältnisses ist gewahrt, wenn die Kündigung in einem anhängigen Räumungsrechtsstreit dem Prozeßgegner gegenüber mittels Schriftsatzes ausgesprochen wird.

 

Tatbestand

Mit dem angefochtenen Urteil, auf welches gemäß § 543 der ZPO Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht sein am 13. Mai 1977 verkündetes klagabweisendes Versäumnisurteil aufrechterhalten, weil die auf rechtskräftig ausgeklagte Mietzinsrückstände gestützte Kündigung, zuletzt erklärt im Schriftsatz vom 8. Juni 1977, die vertraglich vereinbarte Schriftform nicht erfülle und der Beklagten auch nicht gemäß § 132 des BGB zugegangen sei.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Räumungsbegehren weiter und stellt

den aus der Urteilsformel erkennbaren Antrag.

Sie hält die Ansicht des Amtsgerichts für unrichtig und verweist auf eine erneute fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzuges vom 1. September 1977.

Über das Grundstück, das nicht im Eigentum der Klägerin steht, ist im Herbst 1976 die Zwangsverwaltung angeordnet worden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Klägerin mit Rücksicht auf die Zwangsverwaltung für nicht sachbefugt, das angefochtene Urteil für zutreffend und die neue Kündigung für unbegründet, da sie die Mietrückstände im Einverständnis mit dem Zwangsverwalter und der Klägerin ratenweise tilge.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der im zweiten Rechtszug gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Auf die Berufung ist das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte zur Räumung zu verurteilen; denn das Mietverhältnis ist infolge der fristlosen Kündigung vom 8. Juni 1977 beendet.

Zu Unrecht ist das Amtsgericht der Auffassung, daß durch den Schriftsatz der Klägerin vom 8. Juni 1977 eine ordnungsgemäße fristlose Kündigung des Mietverhältnisses der Parteien nicht erfolgt sei. Zwar wird in Rechtsprechung (so AG Köln WM 1973, 105) und Literatur (vgl Löwe NJW 1972, 1916) vereinzelt die Auffassung vertreten, daß die Erhebung der Räumungsklage zwingend eine außergerichtliche Kündigungserklärung voraussetzt, jedoch folgt die Kammer der überwiegend vertretenen Ansicht, wonach eine fristlose Kündigung auch im Rahmen eines Rechtsstreits durch Zustellung der Klageschrift oder eines Schriftsatzes erfolgen kann (vgl BGH ZMR 1954, 79; LG Hamburg MDR 1974, 584; LG Wiesbaden ZMR 1972, 81; Palandt BGB 37. Aufl § 564a Anm 2; Roquette, Neues soziales Mietrecht, 1969, S 100 Rdn 8; Schmidt-Futterer, Wohnraumschutzgesetze, 2. Aufl S 49 Rdn B 35 ua). Eine solche Kündigung ist allerdings nur dann rechtswirksam, wenn der Erklärungsempfänger die Klageschrift oder den Schriftsatz nicht nur als reine Prozeßhandlung, sondern auch als materiellrechtliche Willenserklärung verstehen konnte (LG Hamburg aaO; Palandt aaO ua). Darüber hinaus ist erforderlich, daß einer solchen Kündigung, wenn sie über einen Prozeßbevollmächtigten erfolgt, eine schriftliche Vollmacht des Prozeßbevollmächtigten des Kündigenden beigelegen hat (LG Wiesbaden aaO).

Diese Voraussetzungen sind durch den Schriftsatz der Klägerin vom 8. Juni 1977, der dem Beklagtenvertreter in beglaubigter und einfacher Abschrift zugegangen ist, erfüllt. Denn in diesem Schriftsatz, dem eine Vollmacht auf die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin beigelegen hat, ist das Mietverhältnis der Parteien wegen der bestehenden erheblichen Mietrückstände rechtswirksam gekündigt worden. Das ist auch von der Beklagten nicht bestritten worden.

Diese fristlose Kündigung ist nicht deshalb unwirksam, weil die Parteien vertraglich vereinbart hatten, die Kündigung müsse schriftlich erfolgen (§ 2 Nr 2 MietV). Denn der Beklagten ist die Kündigung nicht im Original, sondern nur in beglaubigter und einfacher Abschrift zugegangen. Dieser, der Beklagten zugegangene, die Kündigung enthaltene Schriftsatz vom 8. Juni 1977, erfüllt zwar nicht die vertraglich vereinbarte Schriftform, da er weder von einem zeichnungsberechtigten Vertreter der Klägerin noch von deren Prozeßbevollmächtigten unterzeichnet worden ist, so daß insoweit die Schriftform (§§ 126, 127 BGB) nicht gewahrt ist. Dennoch liegt eine wirksame Kündigung vor. Denn bei der Zustellung eines die Kündigung enthaltenen Schriftsatzes wird die Urschrift des zuzustellenden Schriftsatzes durch die übergebene beglaubigte Abschrift ersetzt (§ 170 ZPO). Mithin ist hier die Schriftform gewahrt (vgl LG Wiesbaden aaO; Roquette aaO; Schmidt-Futterer aaO ua).

Da somit dem Beklagten eine ordnungsgemäße fristlose Kündigung des Mietverhältnisses zugegangen ist (§ 130 BGB), bedarf es keines Eingehens mehr auf die Bestimmung des § 132 BGB. Desgleichen kann dahingestellt bleiben, ob das Mietverhältnis bereits durch die Klageschrift wirksam gekündigt worden ist.

Die Kündigung vom 8. Juni 1977 ist auch begründet; denn die erheblichen Mietzinsrückstände zur Zeit der Kündigung sind von d...

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