Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung der Einliegerwohnung im Zweifamilienhaus: Nutzung der Vermieterwohnung als Lebensmittelpunkt. Kündigung der Einliegerwohnung im Zweifamilienhaus: keine Kündigung bei nur tageweiser Nutzung im Monat
Orientierungssatz
1. Nach BGB § 564 Abs 4 kann der Vermieter ein Mietverhältnis über eine Wohnung in einem von ihm selbst bewohnten Wohngebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen kündigen, auch wenn ihm ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses im Sinne von BGB § 564b ABs 1 nicht zur Seite steht.
2. BGB § 564b Abs 4 setzt voraus, daß der Vermieter in dem Wohngebäude seinen Lebensmittelpunkt hat. Er muß die Räume so intensiv nutzen, daß er in seinem Lebensbereich durch den Mieter berührt und im Konfliktfall beeinträchtigt wird. Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift ist dem Vermieter die ordentliche Kündigung nur aufgrund einer solchen besonderen Situation erleichtert, die sich aus dem engen Zusammenleben zwischen ihm und dem Mieter ergibt (hier Kündigungsrecht des Vermieters abgelehnt, der eine Wohnung an einem anderen Wohnort besitzt und die fragliche Wohnung in dem Zweifamilienhaus nur jeweils für wenige Tage im Monat benutzt, um von dort mit seiner Tochter den Arzt aufzusuchen).
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 17. Oktober 1990 verkündete Urteil des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg - 5 C 349/90 - abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestands wird abgesehen, § 543 Abs. 1 ZPO.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg.
Die Klägerin kann von den Beklagten nicht gemäß § 556 Abs. 1 BGB die Räumung und Herausgabe der von ihnen inne gehaltenen Räumlichkeiten in der ... verlangen. Das Mietverhältnis ist durch die Kündigungserklärung der Klägerin vom 5. Juni 1990 nicht beendet worden. Die Voraussetzungen einer Kündigung gemäß § 564 b Abs. 4 BGB, deren Wirksamkeit allein Gegenstand der Berufung ist, liegen nicht vor. Nach dieser Vorschrift kann der Vermieter ein Mietverhältnis über eine Wohnung in einem von ihm selbst bewohnten Wohngebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen kündigen, auch wenn ihm ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses im Sinne von § 564 b Abs. 1 BGB nicht zur Seite steht.
Im vorliegenden Rechtsstreit kann dahinstehen, ob die Klägerin, der lediglich die Benutzung der Mansarde und die Mitbenutzung des Bades in dem den Beklagten überlassenen Haus eingeräumt ist, damit über eine eigene "Wohnung" im Sinne von § 564 b Abs. 4 BGB verfügt und ob diese Norm auch die Auslegung zuließe, daß dem Vermieter die Kündigungsmöglichkeit eingeräumt sein soll, wenn er in einem entsprechenden Wohngebäude lediglich wohnt, ohne selbst eine gesamte "Wohnung" inne zu halten. Denn jedenfalls setzt § 564 b Abs. 4 BGB voraus, daß der Vermieter in dem Wohngebäude seinen Lebensmittelpunkt hat. Er muß die Räume so intensiv nutzen, daß er in seinem Lebensbereich durch den Mieter berührt und im Konfliktfall beeinträchtigt wird. Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift ist dem Vermieter die ordentliche Kündigung nur aufgrund einer solchen besonderen Situation erleichtert, die sich aus dem engen Zusammenleben zwischen ihm und dem Mieter ergibt.
Im vorliegenden Rechtsstreit kann aber nicht davon ausgegangen werden, daß das Zentrum der privaten Lebensführung der Klägerin in Berlin läge. Der Wohnort der Klägerin befindet sich in Jülich. Sie hält sich in Berlin nur jeweils für wenige Tage im Monat auf, um hier mit ihrer Tochter deren Arzt aufzusuchen. Angesichts dieser nur geringen Nutzung der von ihr innegehaltenen Räume haben eventuell auftretende Streitigkeiten mit den Beklagten keine Auswirkungen auf die Lebensweise der Klägerin, die so erheblich wäre, daß sie die erleichterte Kündigungsmöglichkeit nach § 564 b Abs. 4 BGB rechtfertigen könnten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Fundstellen