Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebswohnung: Kündigung des Mietvertrages zwecks Verbesserung des Betriebsablaufs

 

Leitsatz (amtlich)

Allein das Bestreben des Vermieters einer Betriebswohnung, den Betriebsablauf dadurch zu verbessern, daß die Wohnung auf dem Betriebsgelände einem Arbeitnehmer zur Durchführung der dort zu verrichtenden Arbeiten überlassen wird, ist als berechtigtes Interesse iSd BGB § 564b Abs 1 nicht anzuerkennen.

 

Orientierungssatz

Für eine Kündigung eines Mietvertrages über eine Betriebswohnung deshalb, weil der Vermieter die Wohnung einem Arbeitnehmer zur Verfügung stellen will, der auf dem Betriebsgelände den Schließ- und Schneebeseitigungsdienst verrichten soll, besteht kein berechtigtes Vermieterinteresse.

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 30. Oktober 1996 verkündete Urteil des Amtsgerichts Neukölln - 17 C 154/96 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten beider Instanzen zu tragen.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs.1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die statthafte (§ 511 ZPO), den notwendigen Wert der Beschwer (§ 511 a ZPO) erreichende, form - und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 516,518,519 ZPO) des Beklagten ist zulässig.

II.

Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg.

Entgegen der Ansicht des angefochtenen Urteils ist das zwischen den Parteien begründete Mietverhältnis durch die fristgemäße Kündigung der Klägerin vom 30.Juni 1996 nicht beendet worden. Denn die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses im Sinne des § 564 b Abs.1,2 BGB nicht dargelegt. Zwar ist es als ein berechtigtes Interesse anerkannt, wenn eine an einen betriebsfremde Person vermietete Wohnung für einen Arbeitnehmer benötigt wird (Palandt/Putzo, 55. Aufl. 1996, § 564 b BGB Rn. 28). Unstreitig ist der Beklagte nicht Arbeitnehmer der Klägerin. Die Klägerin hat jedoch nicht dargelegt, daß sie gerade die von dem Beklagten gemietete Wohnung für einen ihrer Arbeitnehmer deswegen benötigt, um die beabsichtigte Schließung, Sicherung und Schneebeseitigung durchführen zu können, was aber Voraussetzung für die Wirksamkeit der Kündigung wäre (Emmerich/Sonnenschein, Miete, 6.Aufl.1991, § 564 Bb BGB Rn. 112; Schach in Kinne/Schach, Mietvertrags- und Mietprozeßrecht, § 564 b BGB Rn. 58).) Nach ihrem eigenen Vortrag soll die Wohnung zwar einem Arbeitnehmer zur Verfügung gestellt werden, der den Schließ- und Schneebeseitigungsdienst auf dem ... -Friedhof durchführt, wo sich die Wohnung befindet. Andererseits hat die Klägerin aber vorgetragen, daß diese Dienste durch von ihr beschäftigte Arbeitnehmer durchgeführt werden sollen, die eine eigene Wohnung haben. Daher kann nicht davon ausgegangen werden, daß allein die Räumung der von dem Beklagten gemieteten Wohnung diese aus finanziellen Gründen notwendige Umorganisation ermöglicht. Allein das Bestreben der Klägerin, den Betriebsablauf dadurch zu verbessern, daß die Wohnung auf dem Friedhof einem Arbeitnehmer zur Durchführung der dort zu verrichtenden Arbeiten überlassen wird, ist als berechtigtes Interesse i.S.d. § 564 b Abs.1,2 BGB nicht anzuerkennen (vgl. dazu auch OLG Stuttgart GE 1991,817 = WuM 1991,330; LG Stuttgart WuM 1994,470).

Daher kann grundsätzlich dahinstehen, ob die Kündigung vom 28.9.1995 nicht auch deswegen unbegründet ist, weil der Bedarf des darin als Interessenten aufgeführten Mitarbeiters ... der Klägerin nicht mehr besteht. Grundsätzlich brauchen zwar die Kündigungsgründe (nur) zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung vorzuliegen. Der Vermieter verhält sich jedoch treuwidrig, wenn er den einmal entstandenen Räumungsanspruch nach Wegfall des Bedarfs des für die Wohnung in Aussicht genommenen Arbeitnehmers weiter verfolgt. Wie der Vermieter auch den Wegfall des Eigenbedarfs im engeren Sinne vor Schluß der mündlichen Verhandlung mitteilen muß, (OLG Karlsruhe NJW 1982,54 = GE 1981, 1109), müssen auch die Gründe für die Kündigung der an eine betriebsfremde Person vermieteten Wohnung noch im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung vorliegen.

Da bereits ein berechtigtes Interesse an der Kündigung der von dem Beklagten gemieteten Wohnung nicht dargelegt ist, kann auch dahinstehen, ob die Klägerin den Räumungsanspruch im Prozeß ohne weitere Kündigungserklärung allein darauf stützen konnte, daß anstelle des nicht mehr interessierten Mitarbeiters ... nun der Mitarbeiter ... den Schließ-, Sicherungs- und Schneebeseitigungsdienst auf dem Friedhof ... wahrnehmen soll. Denn auch insoweit ist nicht vorgetragen, daß ohne die Überlassung der von dem Beklagten gemieteten Wohnung diese Dienste von dem Mitarbeiter ... nicht durchgeführt werden können.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 Satz 1 ZPO.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1735093

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