Verfahrensgang

AG Berlin-Köpenick (Urteil vom 04.05.2000; Aktenzeichen 2 C 359/99)

 

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das am 04. Mai 2000 verkündete Urteil des Amtsgerichts Köpenick – 2 C 359/99 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, die Wohnung im 3. OG links des Hauses … in … Berlin, bestehend aus einer Küche, einem Bad, 2 Zimmern und einem vom Beklagten als Schlafzimmer bezeichneten Raum, zu räumen und an die Kläger herauszugeben.

Dem Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 31. Januar 2001 gewährt.

Die Kläger werden verurteilt, an den Beklagten 500,– DM nebst 4 % Zinsen seit dem 6. März 2000 zu zahlen.

Die Kläger werden verurteilt, dem Beklagten die Durchfahrt zu seiner auf dem Grundstück … in … Berlin gelegenen Garage durch Beseitigung eines Schutthaufens zu gewähren.

Die Kläger werden ferner verurteilt, die Stromzufuhr zur vorbezeichneten Garage des Beklagten wiederherzustellen.

Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Kläger 3/25 und der Beklagte 22/25 zu tragen.

Im Übrigen wird die Berufung der Kläger zurückgewiesen.

Die Anschlussberufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz haben die Kläger 7/100 und der Beklagte 93/100 zu tragen.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die statthafte (§ 511 ZPO), den notwendigen Wert der Beschwer erreichende (511 a Abs. 1 ZPO), form- und fristgerecht eingelegte und begründete (§§ 516, 518, 519 ZPO) Berufung der Kläger ist im wesentlichen zulässig.

Unzulässig ist sie lediglich hinsichtlich insoweit, als die Kläger auf die Widerklage verurteilt worden sind, die Stromzufuhr in der im Tenor bezeichneten Garage wiederherzustellen, denn insoweit ist die Berufung nicht begründet worden. Bei einer Mehrheit von Ansprüchen muss die Berufung aber für jeden von ihnen begründet werden (vgl. BGH NJW 1998, 1399).

II.

Soweit die Berufung zulässig ist, ist sie aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.

1. Die Kläger können von dem Beklagten die Räumung und Herausgabe der streitbefangenen Wohnung verlangen (§ 556 Abs. 1 BGB).

Denn die Kläger haben das Mietverhältnis mit dem Kündigungsschreiben vom 03. Juni 1999 wirksam gemäß § 564 b Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 BGB zum 30. Juni 2000 gekündigt.

Die Kläger hatten ein berechtigtes Interesse an einer Beendigung des Mietverhältnisses, da der Beklagte seine vertraglichen Verpflichtungen schuldhaft nicht nur unerheblich verletzt hat (§ 564 b Abs. 2 Nr. 1 BGB).

a) Zum einen hat der Beklagte die Kläger bewusst über die Refinanzierung des unstreitig von ihm im Jahre 1982 eingebauten Bades durch die KWV getäuscht.

Mit Schreiben vom 14. Dezember 1998 hatte der Beklagte den Klägern ausdrücklich mitgeteilt, dass eine Refinanzierung durch die … nicht erfolgt sei und dass zu keinem Zeitpunkt Geld auf seinem Konto eingegangen sei. Dabei hatte die … als Rechtsnachfolgerin der … den Klägern bereits mit Schreiben vom 23.10.1997 mitgeteilt, dass eine Refinanzierung erfolgt sei. Im Laufe des Rechtsstreits hat der Beklagte schließlich selbst eingeräumt, dass tatsächlich eine weitgehende Refinanzierung erfolgt ist. Damit steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass er in dem Schreiben vom 14. Dezember 1998 gegenüber den Klägern bewusst die Unwahrheit gesagt hat, um die Einordnung der Wohnung in ein teureres und somit für ihn ungünstigeres Mietspiegelfeld zu verhindern. Dieses Verhalten stellt eine Verletzung der gegenseitigen Treuepflichten dar, die sich aus dem im Mietvertrag begründeten Dauerschuldverhältnis zwischen Mieter und Vermieter ergeben. Es kann dahinstehen, ob der Beklagte dazu verpflichtet gewesen wäre, an der Ermittlung des einschlägigen Mietspiegelfeldes aktiv mitzuwirken. Jedenfalls war er nicht berechtigt, auf ein an sich berechtigtes Mieterhöhungsbegehren der Kläger hin bewusst die Unwahrheit bezüglich eines den Mietpreis erheblich beeinflussenden Wohnwertmerkmals zu sagen, mit dem Ziel die angekündigte berechtigte Mieterhöhung dadurch zu vereiteln und sich dadurch einen Vermögensvorteil auf Kosten der Kläger zu verschaffen.

Ob bereits eine einmalige Lüge die Kläger zu einer fristlosen Kündigung gemäß § 554 a BGB berechtigt hätte, kann vorliegend dahinstehen, denn eine solche Kündigung kommt hier schon deshalb nicht in Betracht, weil die Kündigungserklärung vom 03. Juni 1999 hierfür verspätet wäre. Die fristlose Kündigung gemäß § 554 a BGB muss in angemessener Frist nach dem Eintritt der maßgebenden Umstände erklärt werden, weil sonst davon auszugehen ist, dass die Fortsetzung des Mietverhältnis dem kündigenden Vertragspartner zumutbar ist (Kinne/Schach § 554 a BGB RN 28 m.w.N.). Hierbei ist im Regelfall von einer Frist von zwei Wochen auszugehen (vgl. Kinne/Schach a.a.O.). Vorliegend hatten die Kläger bereits aufgrund des Schreibens der … vom 23. Oktober 1997 Kenntnis von der Refinanzierung. Daher musste sich ihnen bei Erhalt des Schreibens...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge