Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustimmungsrechtsstreit zur Mieterhöhung: Verneinung einer Vermieterpflicht zur Anpassung des Erhöhungsverlangens an einen neuen Mietspiegel
Orientierungssatz
Für die Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete nach einem Mietspiegel ist der im Zeitpunkt des Zugangs der Mieterhöhungserklärung gültige Mietspiegel heranzuziehen. Der Vermieter, der sein Erhöhungsverlangen mit dem zum Zeitpunkt der Abgabe des Verlangens gültigen Mietspiegel begründet hat, muß nicht im Laufe des Zustimmungsprozesses ausdrücklich auf den aktuellen Mietspiegel Bezug nehmen. Es genügt für einen schlüssigen Parteivortrag, wenn diejenigen Tatsachen vorgetragen werden, aus denen sich die ortsübliche Vergleichsmiete ermitteln läßt.
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 3. September 2003 verkündete Urteil des Amtsgerichts Lichtenberg - 11 C 69/03 - geändert:
Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, der Erhöhung der Nettokaltmiete für die Wohnung ..., Mietvertrags-Nummer: 25400.219.01 von bisher monatlich 179,08 Euro um monatlich 22,64 Euro auf monatlich 201,72 Euro für die Zeit ab 1. Februar 2003 zuzustimmen.
2. Die Gerichtskosten erster Instanz haben die Klägerin und der Beklagte zu 1) je zur Hälfte zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin erster Instanz werden zu 3/4 dem Beklagten zu 1) auferlegt, zu Œ trägt sie die Klägerin selbst.
Die Klägerin trägt ferner die in erster Instanz entstandenen außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2). Der Beklagte zu 1) hat seine außergerichtlichen Kosten erster Instanz selbst zu tragen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten zu 1) auferlegt.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die Parteien verbindet ein Mietverhältnis über die streitgegenständliche Wohnung in der ....
Nachdem die Klägerin zunächst die Beklagten zu 1) und 2) auf Zustimmung zur Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete für diese Wohnung auf 201,72 Euro mit Wirkung ab dem 1. Februar 2003 verklagt hat, hat sie mit Schriftsatz vom 10.06.2003 die Klage gegen die Beklagte zu 2) zurückgenommen. Das Amtsgericht hat die Klage mit Urteil vom 3. September 2003, welches der Klägerin am 15.09.2003 zugestellt worden ist, abgewiesen. Mit ihrer am 9. Oktober 2003 bei Gericht eingegangenen Berufung verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Antrag gegen den Beklagten zu 1) weiter, während der Beklagte zu 1) die Zurückweisung der Berufung erstrebt. Mit dem aus der Anlage B 3 (Bl. 63 d.A.) ersichtlichen Schreiben vom 16.10.2003 hat die Klägerin den Beklagten zu 1) aufgefordert, einer Erhöhung der Nettokaltmiete auf monatlich 202,52 Euro beginnend ab dem 1. Januar 2004 zuzustimmen. In dem Schreiben heißt es ferner:
"Abschließend möchten wir noch darauf hinweisen, dass dieses Mieterhöhungsverlangen hilfsweise für den Fall erstellt wurde, dass die Berufung beim Landgericht Berlin gegen das Urteil vom 03. September 2003, welches aufgrund der Klage wegen Zustimmung zum Mieterhöhungsverlangen gemäß §§ 558 ff. BGB zum 01.02.2003 ergangen ist, erfolglos sein sollte. ... (...)"
Der Beklagte hat unter dem 30.10.2003 einer Erhöhung der Nettokaltmiete auf 3,11 Euro/qm monatlich ab dem 1. Januar 2004 zugestimmt und angekündigt eine monatliche Nettokaltmiete von 196,46 Euro zu überweisen.
Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig; sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 513, 517, 519, 520 ZPO. Die Berufung ist insbesondere auch statthaft gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, weil die erforderliche Beschwer gegeben ist. Denn es ist auf den Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels am 9. Oktober 2003 abzustellen (vgl. Baumbach/Lauterbach-Albers, ZPO, Grundz § 511 Rn 24 unter Hinweis auf BGHZ 1, 29; Zöller-Gummer/Heßler, ZPO, 24. A., 2004, Vor § 511 Rn 23) und zu diesem Zeitpunkt war weder das neue Zustimmungsverlangen herausgegeben worden noch die teilweise Zustimmung seitens des Beklagten zu 1) erklärt worden.
Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg.
Die Klage ist zulässig; insbesondere ist das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis gegeben. Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte zu 1) zwischenzeitlich seine Zustimmung zu dem neuen Mieterhöhungsverlangen der Klägerin vom 16.10.2003 abgegeben hat. Denn das neue Mieterhöhungsverlangen ist nicht voll wirksam, da es ausdrücklich nur "hilfsweise" für den Fall der Erfolglosigkeit der Berufung abgegeben wurde. Eine solche Einschränkung ist jedoch unzulässig, da das Zustimmungsverlangen grundsätzlich bedingungsfeindlich ist (Schmidt-Futterer, Mietrecht, 8. A., 2003, § 558 a BGB Rn 21 unter Hinweis auf Sternel, Mietrecht, 3.A., III, 639). Auch eine einvernehmliche Vertragsänderung ist hierin nicht zu sehen, da die Klägerin gerade an ihrem ursprünglichen Begehren festhalten wollte, wie sich aus der Durchführung des Berufungsverfahrens ergibt.
Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat gegen ...