Verfahrensgang
AG Berlin-Charlottenburg (Urteil vom 21.07.1995; Aktenzeichen 12b C 116/95) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Kläger wird das am 21. Juli 1995 verkündete Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg geändert:
Der Beklagte wird verurteilt, die Wohnung …, … Berlin, II. OG rechts, bestehend aus sechs Zimmern, Bad, Küche, Toilette und Nebengelassen geräumt an die Kläger herauszugeben.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.
III. Dem Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 30. September 1996 gewährt.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die nach §§ 511, 300 Abs. 1, 516, 518, 519 ZPO zulässige Berufung der Kläger ist begründet. Die Aufnahme des Rechtsstreits durch die Kläger, die die Erben des vormaligen Klägers sind, ist prozessual ordnungsgemäß nach §§ 246, 250 ZPO erfolgt.
Der geltend gemachte Räumungsanspruch gegen den Beklagten ist aus § 556 BGB begründet. Das Mietverhältnis mit diesem ist durch die Kündigung vom 7. März 1995 … wegen Zahlungsverzuges gemäß § 554 Abs. 1 Nr. 1 BGB beendet worden. Der Beklagte war zur Zeit der Kündigung mit der Mietzinsentrichtung für zwei aufeinanderfolgende Monate in Verzug. Die Kammer vermag sich der von der Vorinstanz vertretenen Ansicht, daß die Vorleistungsklausel des § 4 Nr. 1 des Mietvertrages aufgrund des Zusammenwirkens mit § 8 des Mietvertrages nach § 9 AGBG unwirksam sei, nicht anzuschließen. In § 551 BGB ist zwar bestimmt, daß der Mietzins am Monatsende fällig wird. Diese Norm ist aber abdingbar, und zwar auch durch eine vorformulierte Klausel, denn sie belastet den Mieter nicht unangemessen (vgl. OLG Hamm, MDR 1993, 336). Das Vorleistungsrisiko ist jedenfalls dann, wenn – wie hier – monatliche Zahlung vereinbart ist, relativ gering.
Auch der Umstand, daß in § 8 des Mietvertrages vereinbart ist, daß gegenüber Mietzinsforderungen mit Gegenforderungen nur aufgerechnet oder ein Zurückbehaltungsrecht ausgeübt werden kann, wenn der Mieter seine dementsprechende Absicht dem Vermieter mindestens einen Monat vor der Fälligkeit der Miete schriftlich angezeigt hat, ändert daran nichts. Zu Unrecht beruft sich die Vorinstanz zur Stützung ihrer gegenteiligen Ansicht auf den Beschluß des BGH vom 26. Oktober 1994 (GE 1995, 40 f.). Der BGH beschäftigt sich dort mit einer Klausel, die das Aufrechnungs- und das Zurückbehaltunsgrecht weitergehend dahin einschränkt, daß diese Rechte nur ausgeübt werden dürfen, wenn die Gegenforderungen des Mieters unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sind. Auf diese weitere Beschränkung stellt der BGH ausdrücklich ab, indem er darauf hinweist, daß dadurch der Mieter entgegen dem gesetzlichen Leitbild des § 537 BGB dazu gezwungen wird, den infolge einer Minderung etwa überzahlten Mietzins nach § 812 BGB aktiv im Klagewege zurückfordern zu müssen. Erst dann könnte er im Falle des Erfolges seiner Klage mit Mietzinsforderungen späterer Monate aufrechnen. Demgegenüber zwingt eine Beschränkung des Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsrechts wie im hier vorliegenden Vertrag den Mieter lediglich zu einem Zuwarten des Mietabzuges, seinerseits klagen muß er hingegen nicht. Eine derartige Beeinträchtigung ist nicht von erheblichem Gewicht (vgl. OLG Hamm, a.a.O.).
Hinzu kommt folgendes: Der BGH erachtet – wie erwähnt – die Vorleistungsklausel in der Kombination mit der oben ausgeführten Beschränkung des Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsrechts für unwirksam. Es sei nicht Aufgabe der Gerichte, in einem solchen Fall auszusuchen, welche der beiden Klauseln bestehen bleiben soll (BGH, a.a.O., S. 41). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die Beschränkung des Aufrechnungsrechts nicht über das nach § 11 Nr. 3 AGBG vorgegebene Maß hinausgeht, daß aber die Beschränkung des Zurückbehaltungsrechts in § 8 des Mietvertrages wegen Verstoßes gegen § 11 Nr. 2b) AGBG unwirksam ist. Dies führt … nicht zur Unwirksamkeit auch der Beschränkung des Aufrechnungsrechts nach § 6 AGBG, denn die Klausel enthält insoweit trennbare und aus sich heraus verständliche Bestimmungen (vgl. BGH, WPM 1989, 949, 951; OLG Celle, WuM 1990, 103, 111). Wegen der sich schon aus § 11 Nr. 2b) AGBG ergebendene Teilunwirksamkeit der Klausel stellt sich das Problem, daß das Gericht aussuchen müßte, welche Klausel Bestand haben kann, insoweit aber nicht; denn die Beschränkung des Zurückbehaltungsrechts ist keinesfalls wirksam, weswegen es angezeigt ist, die Vorleistungsklausel davon unabhängig zu sehen.
Die Klauselkombination verstößt auch nicht gegen das sogenannte Transparenzgebot (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 54. Aufl., § 9 AGBG, Rz. 15 ff.; aA LG Berlin, ZK 64, GE 1996, 679). Insbesondere sind die Klauseln in ihrem Gesamtgefüge nicht unklar (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., Rz. 16). Die vorgenannten Klauseln sind, auch wenn man sie als Gesamtheit betrachtet, nicht unverständlich; sie verschleiern nicht die Belastungen und Erschwernisse für den Mieter.
Die Kündigung ist nicht nach § 554 ...