Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Urteil vom 19.01.2000; Aktenzeichen 2 C 359/99)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 19. Januar 2000 verkündete Urteil des Amtsgerichts Tempelhof/Kreuzberg – 2 C 359/99 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestands wird abgesehen, § 543 Abs. 1 ZPO.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Der Klägerin steht der vom Amtsgericht zugesprochene Mietzins zu.

1. Die Kündigung vom 15. September 1998 ist unwirksam, denn das Kündigungsrecht ist verwirkt.

Will der Mieter das Sonderkündigungsrecht wegen nicht ordnungsgemäßer Gewährung des Gebrauchs nach § 542 BGB nutzen, so darf er nach Ablauf der Fristsetzung nicht übermäßig lange warten, bis er davon Gebrauch macht (allgemeine Meinung, s. etwa BGH GE 2000, 956 unter 3. aE; OLG Saarbrücken MDR 1999, 86; OLG Düsseldorf MDR 1988, 866; LG Berlin – Zivilkammer 64 – GE 19978, 553; Erman-Jendrek, BGB, 9. Aufl. 1993, § 542 Rn. 12; Schmidt-Futterer, Mietrecht, 7. Aufl. 1999, § 542 Rn. 33; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl. 1988, IV Rn. 470). Streit herrscht darüber, wie diese Frist zu bemessen ist. Während das OLG Saarbrücken a.a.O. eine Frist von etwa einem Monat für angemessen erachtet und das OLG Düsseldorf a.a.O. jedenfalls eine Kündigung innerhalb von drei Wochen nach Fristende nicht für verwirkt hält, wird in der Literatur zumeist von zwei bis drei Monaten gesprochen. Nach der Auffassung der Zivilkammer 64 des Landgerichts Berlin (a.a.O.) sind jedenfalls viereinhalb Monate zuviel. Zu berücksichtigen ist, daß es sich um ein außerordentliches Kündigungsrecht handelt. Generell ist davon auszugehen, daß bei außerordentlichen Kündigungen der rechtfertigende Anlaß nicht allzuweit zurückliegen darf. Bei fristloser Kündigung ist im allgemeinen davon auszugehen, daß ein Abwarten von mehr als vier Wochen jedenfalls zu lange ist (beachte den Rechtsgedanken von § 626 BGB: 2 Wochen). Bei § 542 BGB ist der Mieter zwar nicht verpflichtet, fristlos zu kündigen, sondern er kann dies für einen künftigen Zeitpunkt tun (Sternel a.a.O.). Daraus folgt aber zugleich, daß der in der Literatur angeführte Gesichtspunkt, der Mieter müsse Gelegenheit haben, eine Wohnung zu suchen, nicht von ausschlaggebender Bedeutung ist. Kann der Mieter für einen künftigen (nicht allzu fernen) Zeitpunkt kündigen, kann er damit zugleich den Zeitraum festlegen, in dem er seine Wohnverhältnisse klären kann. Gemessen daran muß eine Kündigung erst mehr als zwei Monate nach Ablauf der (angemessenen) Frist im Sinne des § 542 BGB als zu spät betrachtet werden. Der Beklagte zu 1 hat mit Schreiben vom 23. Juni (nicht Juli) 1998 eine Frist bis zum 1. Juli 1998 gesetzt. Selbst wenn man eine angemessene Frist länger währen lassen würde, etwa bis zum 7. Juli 1998, so wäre die Kündigung vom 15. September 1998 jedenfalls zu spät.

Daran ändert nichts, daß der Beklagte zu 1 das Recht zur Kündigung vorbehalten hat. Diese Erklärung hat keinen besonderen Stellenwert, weil das Kündigungsrecht ohne weiteres gesetzliche Folge ist. Der Vorbehalt rechtfertigt nicht, den Vermieter länger im Unklaren zu lassen als notwendig.

2. Die Regelung in § 6 des Hauswartsdienstvertrags hat keine automatische Beendigung des Mietvertrags zur Folge. Das ergibt schon der Wortlaut der Klausel nicht, wenn es dort heißt, daß die Beendigung des Dienstvertrags „grundsätzlich” die Beendigung des Mietvertrags zur Folge habe und außerdem noch auf den Mietvertrag verwiesen wird. Ein Automatismus ist dem nicht zu entnehmen. Dem Mietvertrag sind besondere Bestimmung über eine Abhängigkeit vom Hauswartsdienstvertrag nicht zu entnehmen. Vielmehr verweist die Klausel auf die gesetzlichen bzw. vertraglichen Kündigungsfristen und das außerordentliche Kündigungsrecht nach § 565 c BGB. Im übrigen bestehen Bedenken gegen die Wirksamkeit schon deswegen, weil am Mietvertrag neben dem Beklagten zu 1 auch die Beklagte zu 2 beteiligt war, während der Hauswartvertrag nur mit dem Beklagten zu 1 geschlossen ist. Ein Verständnis des Vertrags im Sinne des Beklagten würde eine unzulässige Vereinbarung zu Lasten Dritten darstellen. Ob der Hinweis im Mietvertrag, die Wohnung werde als Hauswartsdienstwohnung vermietet, für eine Eröffnung des Kündigungsrechts nach § 565 c BGB genügt, kann offenbleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Schach zugleich für Herrn RiLG Reih, der Urlaub hat, Bigge

 

Fundstellen

Haufe-Index 1058321

NZM 2002, 214

IPuR 2001, 53

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