Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässiges Mieterhöhungsverlangen vor Ablauf der einjährigen Wartefrist
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
1. Erhöhungen der Kostenmiete, deren Rechtsgrund nicht unter die MHG §§ 3 bis 5 fällt, lösen die einjährige Wartefrist des MHG § 2 aus.
2. Ein Mieterhöhungsverlangen nach MHG § 2 Abs 1 ist unwirksam, wenn es vom Vermieter bereits mehrere Monate (hier 10 Monate) vor Ablauf der einjährigen Wartefrist abgesandt worden ist.
Tatbestand
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zustimmung zur Erhöhung des Mietzinses ab 1.1.1987. Seit diesem Zeitpunkt unterliegt die Wohnung der Beklagten nicht mehr der Preisbindung. Durch Erklärung v. 31.8.1986 hat die Klägerin die Kostenmiete letztmalig erhöht. Das AG hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte Erfolg.
Entscheidungsgründe
Der Berufung ist stattzugeben, denn die Beklagte ist nicht verpflichtet, einer Mietzinserhöhung ab 1.1.1987 zuzustimmen. Einen Anspruch auf Zustimmung hat der Vermieter nämlich u.a. nur dann, wenn der Mietzins, von Erhöhungen nach den §§ 3-5 MHG abgesehen, seit einem Jahr unverändert ist (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 MHG). Vorliegend ist der Mietzins aber nicht seit einem Jahr unverändert; denn die Klägerin hatte ihn nach ihrem Vortrag durch Erklärung v. 31.8.1986 erhöht, und zwar auf Grund des Ansatzes eines erhöhten Abschreibungsprozentsatzes in der neuesten Wirtschaftlichkeitsberechnung.
Dieser Grund für eine Mieterhöhung ist in den §§ 3-5 MHG nicht genannt, so daß von ihr demzufolge nicht abzusehen ist.
Daß die Voraussetzung einer seit einem Jahr im übrigen unveränderten Miete beim Übergang von der preisgebundenen Miete zur ortsüblichen Vergleichsmiete nicht vorzuliegen braucht, läßt das MHG nicht erkennen. Die Kammer ist daher der Auffassung, daß Mietzinserhöhungen während der Zeit der Preisbindung bei der einjährigen Wartefrist zu berücksichtigen sind (LG Hagen WM 1986, 139; Beuermann, Miete und Mieterhöhung bei preisfreiem Wohnraum, § 2 MHG Rn. 15 m.w.N.). Denn nach einhelliger Meinung soll die Einhaltung der Jahresfrist seit der letzten Mietzinserhöhung vor allem eine gewisse Kontinuität der Mietpreise gewährleisten (OLG Oldenburg RiM 1, 130 (= WM 1981, 83)).
Das aber kann nur dann erreicht werden, wenn beim ersten Mieterhöhungsverlangen nach erfolgtem Übergang zum preisfreien Wohnraum die noch während der Zeit der Preisbindung erfolgten Mietzinserhöhungen bei der Jahresfrist berücksichtigt werden. Daß diese Voraussetzungen hier erfüllt sind, ist bereits oben festgestellt worden. Es bedarf daher keiner Erörterung, ob das auch dann gilt, wenn die Mietzinserhöhung während der Zeit der Preisbindung nur auf Wertverbesserungen, Betriebskostensteigerungen oder Zinserhöhungen beruht. Denn ein solcher Fall steht hier nicht zur Entscheidung an.
Die Kammer ist auch nicht der seitens der Klägerin im Verhandlungstermin vertretenen Ansicht, daß ihr Zustimmungsverlangen v. 29.10.1986 dann aber für die Zeit ab 1.9.1987 wirke. Ein Zustimmungsverlangen kann zwar noch in der Zeit der Preisbindung für die Zeit danach abgegeben werden, sofern für diese Zeit die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 MHG erfüllt sind (OLG Hamm RiM 1, 86 = GE 1980, 1015 = WM 1980, 262; KG RiM 1, 499 = NJW 1982, 2077 (= WM 1982, 102)). Für die Einhaltung der einjährigen Wartefrist wird dagegen verlangt, daß diese bereits abgelaufen sein muß, wenn der Vermieter ein neues Mieterhöhungsverlangen geltend machen will (OLG Oldenburg RiM 1, 130 = WM 1981, 83). Lediglich dann, wenn, wie das OLG Oldenburg in einem weiteren RE (RiM 1, 456 = WM 1982, 105) entschieden hat, nur ein "um wenige Tage zu früh gestelltes Verlangen" vorliegt, hat das nicht die Unwirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens zur Folge, sondern die Fristen nach § 2 Abs. 3 und 4 MHG beginnen in einem solchen Fall nicht früher zu laufen als bei einem Erhöhungsverlangen, das unmittelbar nach Ablauf der Jahresfrist abgegeben worden ist.
Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Denn hier hätte das Zustimmungsverlangen der Klägerin v. 29.10.1986, wenn der Mietzins ein Jahr unverändert geblieben wäre, frühestens zum 1.9.1987, also 10 Monate später, gewirkt. Die Jahresspanne zwischen dem Zeitpunkt der letzten Mietzinserhöhung und dem neuen Mieterhöhungsverlangen soll aber nicht nur eine gewisse Kontinuität gewährleisten, sondern es soll dadurch auch verhindert werden, daß durch zu schnell aufeinander folgende Erhöhungsverlangen des Vermieters das bestehende Mietverhältnis belastet wird (vgl. Kurtenbach, Betrieb 1971, 2456). Gerade das wird aber durch eine Mieterhöhungserklärung, die bereits kurze Zeit nach der letzten Mietzinserhöhung abgegeben wird und erst ca. 10 Monate später wirken soll, erreicht. Eine derart früh abgegebene Mieterhöhungserklärung ist daher mit dem Sinn und Zweck der gesetzgeberischen Regelung des § 2 Abs. 1 Nr. 1 MHG nicht vereinbar und daher unwirksam.
Da somit ein wirksames Mieterhöhungsverlangen nicht ...