Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnraummietverhältnis: Beschwer des Mieters im Zustimmungsprozeß zur Mieterhöhung. Wohnraummietverhältnis: einjährige Wartefrist für ein Mieterhöhungsverlangen nach Wegfall der Preisbindung

 

Orientierungssatz

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

1. Die Beschwer des Mieters im Zustimmungsprozeß zur Mieterhöhung bemißt sich mit dem dreijährigen Wert der Mieterhöhung.

2. Erhöhungen der Kostenmiete wegen geänderter Pauschalen für Verwaltung, Instandhaltung und Schönheitsreparaturen lösen die einjährige Wartefrist aus, die bei Beendigung der Preisbindung vor Abgabe des Zustimmungsverlangens zur Mieterhöhung beachtlich ist.

 

Gründe

Die Beklagten sind durch das angefochtene Urteil in Höhe eines die erforderliche Berufungssumme von 1.500,00 DM übersteigenden Betrages beschwert. Anders als die Streitwertfestsetzung für die Kosten gemäß § 16 GKG ist der Wert des Beschwerdegegenstandes im Sinne von § 511a ZPO gemäß §§ 2, 3 ZPO nach dem Interesse des Berufungsführers festzusetzen, welches die Kammer in ständiger Rechtsprechung einer in Literatur und Rechtsprechung verbreiteten Auffassung folgend (vgl. Bub/ Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 2. Aufl., VIII. 123) mit dem dreijährigen Wert der Mieterhöhung bemißt, das sind hier 3 690,00 DM.

Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Die Klage ist unzulässig, weil ihr kein wirksames Mieterhöhungsverlangen zugrunde liegt.

Die Beklagten sind nicht verpflichtet, einer Mieterhöhung von 665,03 DM auf 767,50 DM mit Wirkung vom 1.4.1993 zuzustimmen. Gemäß § 2 Abs. 1 MHG kann der Vermieter die Zustimmung zu einer Erhöhung des Mietzinses u.a. nur verlangen, wenn der Mietzins, von Erhöhungen nach §§ 3 bis 5 MHG abgesehen, seit einem Jahr unverändert ist. An dieser Voraussetzung fehlt es für das streitgegenständliche Mieterhöhungsverlangen, weil der Mietzins zuvor zum 1.8.1992 erhöht worden war.

Anders als das AG Siegburg ist die Kammer der Auffassung, daß auch in den Fällen, in denen wie vorliegend die Miete preisgebunden war, nach Wegfall der Preisbindung die frühere Kostenmiete als Mietzins im Sinne von § 2 MHG anzusehen ist mit der Folge, daß auch Erhöhungen der Kostenmiete, abgesehen von solchen den §§ 3 bis 5 MHG entsprechenden Mieterhöhungen wegen gestiegener Kapitalzinsen und dergleichen, die Wartefrist des § 2 Abs. 1 Ziff. 1 MHG auslösen. Bereits der Wortlaut dieser Vorschrift, die die Voraussetzungen für eine Mieterhöhung festlegt, läßt keinen Anhaltspunkt dafür erkennen, daß der materielle Geltungsbereich beschränkt sein sollte. Ebenso wie es für eine die Wartefrist im Sinne von § 2 Abs. 1 Ziff. 1 MHG auslösende Mieterhöhung nicht darauf ankommt, ob es sich um eine auf der Grundlage des § 2 MHG nach vorausgegangenem wirksamen oder unwirksamen Zustimmungsverlangen freiwillig oder aufgrund einer Verurteilung erfolgte Zustimmung vereinbarte handelte oder ob eine Mieterhöhung ohne Vorliegen der Voraussetzung des § 2 MHG frei vereinbart worden war, ist es einzusehen, eine weitere Einschränkung hinsichtlich der Auslösung der Sperrfrist für frühere Mieterhöhungen als die ausdrücklich im Gesetz genannten Erhöhungen nach §§ 3 bis 5 MHG in die Vorschrift hineinzuinterpretieren. Diese Auffassung der Kammer wird für die vergleichbare Frage der Geltung der Kappungsgrenze nach Wegfall der Preisbindung von der obergerichtlichen Rechtsprechung ausdrücklich bestätigt (vgl. BayObLG, RE v. 23.1.1984, WM 1984, 48 und BVerfG, Beschl. v. 4.12.1985, WM 1986, 101, 106), wobei kein Grund ersichtlich ist, die Wartefrist des § 2 Abs. 1 Ziff. 1 MHG anders als die die Befugnisse des Vermieters mindestens ebenso stark einschränkende Kappungsgrenze des § 2 Abs. 1 Ziff. 3 MHG zu beurteilen.

Da die Erhöhung der Kostenmiete gemäß Erklärung v. 29.6.1992 auf einer Änderung der Pauschalen für Verwaltung, Instandhaltung und Schönheitsreparaturen beruhte, also nicht auf den §§ 3 bis 5 MHG inhaltlich vergleichbaren Erhöhungen wegen gestiegener Kapitalzinsen, Aufwendungen für Nebenkosten oder Modernisierungsmaßnahmen, hat diese Mietänderungserklärung zum 1.8.1992 die einjährige Wartefrist ausgelöst, mit der Folge, daß das Mieterhöhungsverlangen v. 20.1.1993 unwirksam, weil verfrüht war (vgl. BGH, RE v. 16.6.1993, ZMR 1993, 453 (= WM 1993, 388) unter ausdrücklicher Abweichung von den RE des OLG Oldenburg WM 1982, 105 und Hamm WM 1987, 114). Eine weitere Wartefrist dürfte sodann, ohne daß es hierauf für das streitgegenständliche Zustimmungsverlangen ankommt, durch die Teilzustimmung der Beklagten auf das (unwirksame) Zustimmungsverlangen mit Wirkung v. 1.4.1993 ausgelöst worden sein (vgl. Bub/Treier, a.a.O., III. A. 341, 356).

Streitwert für das Berufungsverfahren: 1.230,00 DM.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1737538

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