Entscheidungsstichwort (Thema)
Mietwagenkosten. Schwacke. Liste. unbrauchbares Sachverständigengutachten
Normenkette
BGB § 249
Verfahrensgang
AG Siegburg (Entscheidung vom 11.01.2012; Aktenzeichen 118 C 464/10) |
Tenor
I.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Siegburg vom 11.01.2012 - 118 C 464/10 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.032,59 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.795,56 EUR seit dem 02.08.2010 und aus 237,03 EUR seit dem 08.11.2010 sowie außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 231,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.11.2010 zu zahlen.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt insgesamt die Beklagte.
III.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Darstellung des Tatbestandes entfällt gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO. Da die Revision nicht zugelassen wurde und der für die Nichtzulassungsbeschwerde nach § 26 Nr. 8 EGZPO erforderliche Beschwerdewert nicht erreicht ist, ist ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig.
II.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Die Klage ist in vollem Umfang begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung weiterer 834,28 EUR gem. §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, 2, 18 Abs. 1, 3 StVG i.V.m. 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG sowie §§ 535 Abs. 2, 398 BGB i.V.m. §§ 249 ff. BGB.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH (vgl. nur BGH, Urt. v. 02.02.2010 - VI ZR 139/08, [...] Rn. 10, 24ff.; BGH, Urt. v. 02.02.2010 - VI ZR 7/09, [...] Rn. 8, 18ff.; ferner BGH, Urt. v. 24.06.2008 - VI ZR 234/07, [...] Rn. 14, 22f.) kann der Geschädigte von dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist dabei ebenso wie in anderen Fällen, in denen er die Schadensbeseitigung selbst in die Hand nimmt, nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbeseitigung zu wählen.
Soweit das Amtsgericht die Erforderlichkeit der Mietwagenkosten anhand des eingeholten Sachverständigengutachtens nebst Ergänzungsgutachten bewertet hat, hält dies einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Das Berufungsgericht ist nicht gem. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die Feststellungen des Amtsgerichts gebunden, da die auf dem Sachverständigengutachten beruhenden erstinstanzlichen Feststellungen fehlerhaft sind. Das Sachverständigengutachten leidet an den von der Klägerin im Rahmen der Berufung gerügten Mängeln. Um eine Grundlage für die Beurteilung der Frage der Erforderlichkeit des Wiederherstellungsaufwandes zu haben, bedarf es der Ermittlung hinreichend konkreter Vergleichsangebote, welche zu denselben Bedingungen an demselben Tag der tatsächlichen Anmietung zu erlangen gewesen wären. Eine solche Vergleichsgrundlage war der Sachverständige jedoch nicht ermittelt. So leidet das Sachverständigengutachten unter folgenden Mängeln, auf die die Klägerin zutreffend hinweist:
Der Sachverständige konnte nicht umfassend verdeckt vermitteln; eine verdeckte Recherche für einen zurückliegenden Zeitpunkt erscheint nur schwer realisierbar. Er konnte nur unter Angabe einer genau festgelegten Mietdauer ermitteln, es erfolgte keine Ermittlung der Kosten bei einem "offenen Ende" der Miete. Es fehlt an einer konkreten Abfrage bestimmter Fahrzeuggruppen. Nebenkosten sind zum Teil nicht mit denen der konkreten Anmietung identisch. Es sind keine vergleichbaren Zahlungsbedingungen ausgewiesen, insbesondere wird das Vorhandensein einer Kreditkarte unterstellt. Der Sachverständige hat zudem keine Recherche für den zurückliegenden Anmietzeitpunkt durchgeführt, vielmehr spiegelt das Gutachten nur die tagesaktuelle Marktlage wider. Insbesondere sind die wechselhaften tagesaktuellen Gegebenheiten auch kaum reproduzierbar. Die Abfrage durch den Sachverständigen erfolgte darüber hinaus nur bei fünf bzw. sechs Unternehmen und einer Reparaturwerkstatt, die alle im Gebiet C, und nicht in den vorgegebenen PLZ-Gebieten ihren Sitz haben.
Aus dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens kann daher nicht gefolgert werden, dass für die Geschädigten die von dem Sachverständigen ermittelten Preise bei der Anmietung eines Ersatzwagens auch tatsächlich zu erzielen waren. Es fehlt an einer hinreichend konkreten Vergleichsgrundlage. Daher kann anhand des Ergebnisses der Beweisaufnahme des Amtsgerichts nicht festgestellt werden, in welcher Höhe Kosten für die Ersatzbeschaffung erforderlich waren.
Die Erforderlichkeit der Mietwagenkosten ...