Verfahrensgang

AG Rheinbach (Urteil vom 08.02.1990; Aktenzeichen 3 C 568/89)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 08.02.1990 verkündete Urteil des Amtsgerichts Rheinbach – 3 C 568/89 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

 

Gründe

Die formell unbedenkliche Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Mietverhältnis der Parteien ist weder einvernehmlich noch aufgrund der fristlosen Kündigungen der Klägerin vom 21.06. bzw. 01.09.1989 beendet worden.

Die zwischen den Anwälten der Parteien im Anschluß an das Kündigungsschreiben vom 21.06.1989 geführten Verhandlungen über eine einvernehmliche Beendigung des Mietverhältnisses haben zu keinem abschließenden Ergebnis geführt. Entgegen der Auffassung der Klägerin läßt sich der vorgelegten Korrespondenz nicht entnehmen, daß die Parteien über die Beendigung des Mietverhältnisses zum 31.03.1990 Einvernehmen erzielt hatten. Ersichtlich hing die Vergleichsbereitschaft der Beklagten davon ab, daß sie zunächst einen passenden Ersatzwohnraum fanden. Im übrigen ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang, daß die Parteien die Wirksamkeit einer Beendigungsvereinbarung von der gerichtlichen Protokollierung eines Räumungsvergleichs abhängig gemacht hatten. Hierzu kam es jedoch nicht, so daß nach der Regel des § 154 Abs. 2 BGB der Beendigungsvertrag im Zweifel als nicht geschlossen zu gelten hat. Die Vernehmung des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin zu der Behauptung, es sei zu einem verbindlichen Räumungsvergleich gekommen, bedarf es mangels konkreten Sachvortrags zu Ort, Zeit und näheren Umständen der angeblichen Vereinbarung nicht.

Aber auch die genannten Kündigungen selbst haben nicht zur Beendigung des Mietverhältnisses geführt, denn mit dem Amtsgericht ist die Kammer der Auffassung, daß der Klägerin weder ein Grund zur fristlosen Kündigung nach § 553 BGB noch zur ordentlichen Kündigung gemäß § 564 b Abs. 2 Nr. 1 BGB zusteht. Auf die Überbelegung der Mietwohnung durch die Familie der Beklagten kann sich die Klägerin nicht berufen.

Eine Überbelegung der Wohnung rechtfertigt zwar grundsätzlich eine Kündigung des Mietverhältnisses nach den genannten Vorschriften, wobei das Verschulden des Mieters in der Fortsetzung des vertragswidrigen Zustandes trotz Abmahnung zu sehen ist (vgl. Rechtsentscheid Karlsruhe WM 1987, 180 = NJW 1987, 1952); die Überbelegung muß aber entweder erheblich sein oder zumindest zu erheblichen Beeinträchtigungen führen. Ob eine erhebliche Verletzung der Vermieterinteressen für die Zukunft im Falle einer Überbelegung zu befürchten ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles, insbesondere dem Verhalten der die Wohnung nutzenden Personen, ab. Daß vorliegend objektiv eine Überbelegung der 90 m² großen 4-Zimmer-Wohnung durch die 10-köpfige Familie der Beklagten gegeben ist, steht außer Zweifel und wird von den Beklagten auch nicht bestritten. Ob allerdings eine erhebliche Überbelegung vorliegt, wovon nur gesprochen werden könnte, wenn die Zahl der Bewohner zur Größe und Einrichtung des Mietobjekts schlechterdings außer Verhältnis steht, erscheint ohne entsprechenden substantiierten Sachvortrag zu dem konkreten Abnutzungsgrad und Zustand der Wohnung sehr fraglich. Im Streitfall kann letztlich dahinstehen, ob eine solche erhebliche Überbelegung besteht, oder ob es sich bloß um eine Überbelegung handelt, bei der zusätzlich eine konkrete Gefährdung des Mietobjekts dargetan werden muß. Die Klägerin kann sich deshalb nicht auf das Kündigungsrecht wegen Überbelegung berufen, weil bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages (November 1987) die Wohnung im Hinblick auf die schon seinerzeit gegebene Familiengröße der Beklagten (9 Personen) objektiv in fast dem gleichen Maße überbelegt war wie jetzt, und weil nicht festgestellt werden kann, daß die Vergrößerung der Familie um ein weiteres Kind nunmehr eine erhebliche Verletzung der Vermieterinteressen darstellt. Die Richtigkeit der – pauschalen – Behauptung des Klägers die Benutzung einer Wohnung durch eine zehnköpfige Familie führe zu einem schnellerem Verschleiß als die Benutzung durch eine fünfköpfige Familie, dürfte zwar nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen sein, sie geht aber an dem Problem des vorliegenden Falles vorbei: Hier wäre ein Vergleich anzustellen gewesen zwischen der Abnutzung der Wohnung durch eine Familie von 9 Personen und der durch eine Familie mit 10 Personen. Vergleicht man Familien dieser Größen dürfte sich – ohne zusätzliche, vorliegend nicht ersichtlich Anhaltspunkte – ein meßbarer zusätzlicher Verschleiß des Mietobjekts nicht feststellen lassen, zumindest aber nicht ein solches Mehr an Abnutzung, daß deshalb eine Kündigung des Mietverhältnisses gerechtfertigt wäre.

Zu Unrecht beruft sich die Klägerin darauf, daß sie oder der Verwalter des Mietobjekts im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages keine positive Kenntnis von der damaligen Größe der Familie der Beklagten gehabt habe. Falls der Vertreter der Klägerin bei Mietvertragsabsch...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge