Tatbestand

Die Klägerin (geb. ...) nimmt die Beklagten als Fahrzeughalter und Haftpflichtversicherung auf Zahlung eines Schmerzensgeldes und Feststellung des Zukunftschadens aus einem Auffahrunfall vom 27.7.1990 in Anspruch.

Am 27.7.1990 gegen 3.30 Uhr hielt die Klägerin auf der Bundesstraße 289 mit dem Pkw Fiat ... an einer Baustelle an, weil die dort stehende Ampel Rotlicht zeigte. Während des Haltens näherte sich ihr von hinten der Beklagte zu 1) mit seinem Pkw Ford ..., mit dem er bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert ist, und fuhr auf das stehende Fahrzeug der Klägerin auf. Der Beklagte zu 1) war zu diesem Zeitpunkt, alkoholisiert. Die Parteien sind sich einig, dass die Beklagten mit einer Haftungsquote von 100 % für die Unfallfolgen einzutreten haben.

Durch den Aufprall erlitt die Klägerin Prellungen und Hämatome am Knie und Ellbogen sowie ein HWS-Schleudertrauma. Die weiteren Verletzungen sowie die Unfallfolgen sind unter den Parteien streitig. Die Klägerin trug nach dem Unfall zunächst eine Halskrause und befand sich dann vom 9.8. bis 10.9.1990 in stationärer Behandlung im Kreiskrankenhaus H. in B. Nach ihrer Entlassung wurde sie über einen längeren Zeitraum hin weiterhin ambulant ärztlich versorgt und behandelt.

Die Klägerin behauptet, durch die Verletzungen der Halsschlagadern (HWS-Schleudertrauma) habe bei ihr über eine längere Zeit hinweg eine akute Schlaganfallgefahr bestanden. Sie sei ein Jahr lang und auch noch später mit Blutverdünnungsmitteln, darunter Marcumar, behandelt worden, um dieser Gefahr entgegenzuwirken. Als Folge dieser Verletzung sei auch eine Schwächung der Nierenfunktion eingetreten. Sie habe auch nach dem Unfall unter Sehstörungen gelitten, die sich in einer Verengung des Gesichtsfeldes und in dunklen Streifen geäußert hätten. Sie habe über einen längeren Zeitraum gebraucht, um mit dem Unfallgeschehen psychisch fertig zu werden. Bei ihr hätten sich starke Depressionen, verbunden mit Schlafstörungen und erheblichen psychischen Folgen eingestellt. Durch die Gefäßschäden im Bereich der Halsschlagadern seien auch Sensibilitätseinschränkungen in der linken Hand und an den Fingern aufgetreten, die sich zwar zusehends und langsam gebessert hätten, aber auch heute noch als Spätfolgen vorhanden seien. Auch für die weitere Zukunft seien Gesundheitsschäden nicht auszuschließen.

Über den von den Beklagten entrichteten Betrag von 10.000 DM (Bl. 17 d.A.) verlangt die Klägerin weiteres Schmerzensgeld sowie die Feststellung, dass die Beklagten zum Ersatz aller zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden verpflichtet sind.

Sie beantragt zuletzt (Bl. 142. d.A.):

1. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin ein weiteres Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, im Falle der Säumnis jedoch mindestens 20.000 DM betragen soll.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin jeden weiteren Schaden, der ihr aus dem Unfall vom 27.7.1990 auf der B 289 künftig entsteht, zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie sind der Auffassung, dass die Schmerzensgeldansprüche durch die erbrachte Geldleistung abgegolten seien. Die von der Klägerin behaupteten Gesundheitsbeeinträchtigungen seien nicht als Folgen des Unfallgeschehens anzusehen, sondern Ausfluss einer medizinisch nicht objektivierbaren anlagebedingten Disposition, die dem Unfallverursacher schadensrechtlich nicht zugerechnet werden könne. Mit dem Auftreten von Spätfolgen sei auch nicht mit einiger Wahrscheinlichkeit zu rechnen, so dass der Feststellungsantrag unbegründet sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben und den Zeugen ... (Ehemann der Klägerin) am 9.2.1993 uneidlich vernommen sowie schriftliche Gutachten der Sachverständigen ..., Urologische Klinik B. (Bl. 37 ff. d.A.) vom 6.4.93, ..., Universitätsklinikum E., vom 12.7.1993 (Bl. 49 ff. d.A.), ..., Bezirksklinikum K. vom 10.8.93 (Bl. 56 ff. d.A.) und ..., Universitätsklinik W., vom 27.4.1994 (Bl. 104 ff. d.A.) eingeholt. Der Sachverständige ... ist zu seinem Gutachten am 12.1.1994 (Bl. 94 ff. d.A.) mündlich angehört worden. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Ausführungen der Gutachten sowie auf die mündliche Anhörung des Sachverständigen ... Bezug genommen. Zur Information lagen ferner vor die Akten Ds 4 Js 8300/90 AG Lichtenfels.

 

Entscheidungsgründe

Die auf §§ 823, 847 BGB und § 3 PflVG gestützte Klage ist begründet.

1. Schmerzensgeldanspruch §§ 823, 847 BGB

Der Grund des Anspruchs ist nicht streitig. Demnach trägt der Beklagte zu 1) an dem Unfall vom 27.7.1990 das alleinige Verschulden. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes hat sich das Gericht von folgenden Erwägungen leiten lassen:

Den Beklagten zu 1) trifft ein grobes...

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