Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohngebäudeversicherung. Elementarschaden. Überschwemmung
Leitsatz (amtlich)
Eine Überschwemmung i.S.v. § 3 BEW ist nicht gegeben, wenn sich Schneemassen auf dem Dach sammeln und sodann eindringendes Tauwasser Schäden in dem Gebäude verursacht.
Verfahrensgang
AG Castrop-Rauxel (Aktenzeichen 4 H 6/11) |
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits - einschließlich der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens 4 H 6/11 Amtsgericht Castrop-Rauxel - werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger unterhält bei der Beklagten einen Versicherungsvertrag "Rund ums Haus". Bestandteil des Vertrages ist der "Baustein Elementar". Letzterem liegen "Besondere Bedingungen für die Versicherung weiterer Elementarschäden in der Wohngebäudeversicherung - BEW" zugrunde. Wegen der Einzelheiten des Versicherungsscheines und des Bedingungswerkes wird auf die Anlagen zur Klageschrift Bezug genommen.
Versichertes Objekt ist ein Zweifamilienhaus in D, an dessen östlich gelegener Gartenseite sich ein einstöckiger Anbau befindet. Dieser besteht aus einem aus Stein gefertigten zusätzlichen Raum, an den sich südlich ein weiterer Wintergarten anschließt. Auf dem gemauerten Anbau befindet sich ein Freisitz.
Während des Jahreswechsels 2010/2011 häufte sich aufgrund des von Westen her stark wehenden Windes eine große Menge Schnee auf der Ostseite des Hauses und dem dortigen Dachbereich sowie dem Freisitz des Anbaus an.
Am Neujahrstag 2011 stellte der Kläger fest, dass es in dem Schlafzimmer, welches sich im Anbau unterhalb des Freisitzes befindet, zu Wassereinbrüchen kam. Hierbei trat Wasser aus der mit Holzpaneelen verkleideten Decke heraus.
Die Beklagte lehnte eine Regulierung nach Besichtigung durch den von ihr beauftragten Sachverständigen M ab.
Der Kläger meint, bei dem Feuchtigkeitseintritt über das Dach handele es sich um eine Überschwemmung im Sinne der Versicherungsbedingungen.
Leistungsausschlüsse enthielten die besonderen Bedingungen ausdrücklich nur für Sturmflut und Grundwasser. Auch dies spreche dafür, dass der Feuchtigkeitseintritt über das Dach gedeckt sei.
Der Kläger beziffert die entstandenen Schäden wie folgt:
1.
Kosten gemäß Rechnung der Firma H,
(Anlage 3 zur
Klageschrift) 7.012,17 €
2.
eigener Zeitaufwand 228,5 Stunden à 10,00 € 2.285,00 €
3.
Materialien 3.401,63 €
4.
allgemeine Pauschale 25,00 €
5.
pauschale Heizkosten 150,00 €
Summe 12.873,80 €
Der Kläger beantragt,
1.
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 12.873,80 € nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen,
2.
die Beklagte ferner zu verurteilen, an seinen Prozessbe-
vollmächtigten einen Betrag in Höhe von 837,52 € an außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsgebühren zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, weder der Versicherungsfall "Schneedruck" noch derjenige einer "Überschwemmung" sei gegeben. Es fehle bereits daran, dass sich Wasser auf der Geländeoberfläche des Grundstückes angesammelt habe.
Sie bestreitet im Übrigen die Höhe des geltend gemachten Schadens mit näherer Begründung (Seite 3 f. der Klageerwiderung).
Der Kläger hat nach der Ablehnung der Regulierung durch die Beklagte ein selbständiges Beweisverfahren vor dem Amtsgericht Castrop-Rauxel eingeleitet (Az: 4 H 6/11). Die Beweisfrage "Worauf sind die ... festgestellten Schäden zurückzuführen?" beantwortete die vom Amtsgericht Castrop-Rauxel beauftragte Sachverständige T in ihrem Gutachten vom 08.07.2011 wie folgt:
"Der Hauptschaden im Innenraum befindet sich unterhalb der aufgeständerten Terrassenkonstruktion. Hier bildet der Terrassenbelag aus Bangkiraibrettern eine zweite Ebene über der Dachabdichtung. Der Lastabtrag des Freisitzes erfolgt über Querträger und Stützen direkt auf die tragenden Mauerwerkswände. Es ist somit auszuschließen, dass der Schaden auf eine erhöhte Durchbiegung des Daches aufgrund der Schneelast zurückzuführen ist (s. Anlage 1).
Der Feuchteeintritt erfolgte sehr wahrscheinlich im Bereich der Durchdringungen der Stützen. Nach den Regeln des deutschen Dachdeckerhandwerks ist an allen Anschlüssen und Durchdringungen bei Dachneigungen über 5° die Abdichtung 10 cm an den aufgehenden Bauteilen hochzuführen und hinterlaufsicher anzuschließen. Hier ist keine funktionsfähige Abdichtung an den Rändern der PVC- Rohre hergestellt. Die Stöße sind zur Fließrichtung offen. Hier kann ungehindert Wasser eindringen. Möglich ist auch ein Wassereintritt von oben in die Stützen. Zwischen den Rohrwandungen und der Betonfüllung bestehen unvermeidlich kleinere Hohlräume, über die Wasser über den Stützenkopf nach innen ablaufen kann.
Es bestehen weitere Mängel, die eine Hinterläufigkeit der Dachabdichtung zur Folge haben können: