Verfahrensgang
AG Leipzig (Urteil vom 13.04.2023; Aktenzeichen 150 C 3894/22) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Leipzig vom 13. April 2023 aufgehoben und die Klage auch hinsichtlich des Klageantrages 1 (Beschluss zum Tagesordnungspunkt 2a) abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
A.
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Beschlusses der Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung vom 18. August 2022.
Wegen des Sachverhaltes wird nach § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im amtsgerichtlichen Urteil verwiesen.
Ergänzend wird folgendes festgestellt: Das Amtsgericht erklärte mit Urteil vom 13. April 2023 den in der Eigentümerversammlung vom 18. August 2023 gefassten Beschluss zum Tagesordnungspunkt 2a gefassten Beschluss, mit dem die Aufstellung eines privaten Gedenksteins für den ehemaligen Wohnungseigentümer und Oberbürgermeister der Stadt L. beschlossen wurde, für ungültig.
Gegen das der Beklagten am 20. April 2023 zugestellte Urteil vom 13. April 2023 legte die Beklagte mit Schriftsatz vom 15. Mai 2023, eingegangen am selben Tag, Berufung ein, die sie rechtzeitig begründete.
Die Beklagte meint, dass – anders als das Amtsgericht – die Voraussetzungen für eine Ungültigkeit des Beschlusses nach § 20 Abs. 4 WEG nicht vorlägen, da das Aufstellen des Gedenksteins weder eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage darstelle noch die Klägerin ohne ihr Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligt werde.
Die Klägerin meint, durch das Aufstellen des Gedenksteins, der einem Grabstein sehr ähnlich sei (es handelt sich tatsächlich allein schon von der Form her um einen von einem Künstler bearbeiteten und umgestalteten ehemaligen Grabstein) gestalte den Garten um, weil dieser nach der Teilungserklärung als „Ziergarten” vorgesehen sei. Zudem sei der exponiert im Garten angebrachte Stein vor allem von der Wohnung der Klägerin aus zu sehen; die übrigen Wohnungseigentümer hätten keinen so deutlichen Blick auf den Stein. Da hinter dem Stein eine Kirche erkennbar sei, verstärke dies den Charakter des Grabsteins und vermittle den Eindruck einer Ruhestätte; das sei von der Teilungserklärung so nicht vorgesehen.
Die Beklagte könne sich auch nicht auf die Kunstfreiheit berufen. Auch aus der Vorher-/Nach- her Betrachtung ergebe sich diese grundlegende Umgestaltung.
Zudem sei die Klägerin durch die Aufstellung des Gedenksteins unbillig benachteiligt: zum einen könne die Klägerin nicht gezwungen werden, auf einen grabsteinähnlichen Stein zu blicken, ohne dass die übrigen Wohnungseigentümer davon einen Vorteil hätten. Denn nur von der Wohnung der Klägerin aus sei der Stein gut einsehbar. Der Gedenkstein stelle einen Fremdkörper dar. Es habe keinen sachlichen Grund gegeben, den Stein nicht vor dem Haus aufzustellen.
Im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen. In der mündlichen Verhandlung wurden die Lichtbilder, die sich in der Akte befinden, in Augenschein genommen.
Entscheidungsgründe
B.
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist begründet.
Der Beschluss, mit dem die Aufstellung des Gedenksteins für den ehemaligen Oberbürgermeister von L. beschlossen wurde, ist nach § 20 Abs. 1 WEG wirksam zustande gekommen, da die Mehrheit für diesen Beschluss stimmte.
I. Der Beschluss ist auch nicht unwirksam, weil dem § 20 Abs. 4 WEG entgegenstünde.
Mit der Aufstellung des Gedenksteins wird die Wohnanlage nicht grundlegend umgestaltet (§ 20 Abs. 4 1. Alt. WEG); jedenfalls hat die insofern darlegungs- und beweisbelastete Klägerin (dazu Bärmann/Dötsch, 15. Aufl. 2023, WEG § 20 Rn. 380) keine Gründe aufgezeigt, die eine solche Einordnung rechtfertigten.
1. Ob eine grundlegende Umgestaltung vorliegt, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalles, wobei Bezugspunkt die gesamte Wohnanlage sein soll und eine Umgestaltung nur in Ausnahmefällen anzunehmen ist (vgl. dazu Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl. 2021, § 20 Rn. 148; BR-Drs. 168/20, 72). Letztendlich kann eine solche Umgestaltung angenommen werden, wenn das Aussehen der gesamten Wohnanlage oder die Nutzung grundlegend umgestaltet werden (vgl. dazu Hügel/Elzer, aaO., § 20 Rn. 151 f.).
2. Diese Voraussetzungen liegen hier ersichtlich nicht vor.
a) Das Amtsgericht meinte, der Klägerin folgend, die grundlegende Umgestaltung folge daraus, dass ein Gedenkstein dem Charakter eines „Ziergartens” (vgl. dazu Teilungsvertrag vom 18. April 2000, Anlage K 1 AG, dort Seite 13) widerspreche.
b) Das sieht...