Leitsatz (amtlich)

Pfändungsschutzkonto, weitere Pfändungsfreibeträge, Nachweis durch Schuldner

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Eine Entscheidung über außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens ist nicht veranlasst.

 

Gründe

Die nach § 793 ZPO statthafte sofortige Beschwerde, über welche die Kammer nach Übertragung der Sache durch den Einzelrichter gem. § 568 Satz 2 Nr. 1 ZPO zu entscheiden hatte, ist zulässig, insbesondere innerhalb der in § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO bestimmten Frist eingelegt worden.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Zu Recht hat das Amtsgericht den Antrag der Schuldnerin gem. § 850k V 4 ZPO, der auf die Festsetzung der nach § 850 k II ZPO zu berücksichtigenden Beträge durch das Vollstreckungsgericht gerichtet war, zurückgewiesen.

Zwar ist der durch die Schuldnerin gestellte Antrag entgegen der Wertung des Amtsgerichtes nicht bereits unzulässig. Insbesondere folgt eine Unzulässigkeit des Antrages nicht daraus, dass für den Antrag kein Rechtsschutzbedürfnis bestehen würde. Vom Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses ist dann auszugehen, wenn eine Partei ein berechtigtes Interesse daran hat, zur Erreichung des begehrten Rechtsschutzes gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen (BGH NJW-RR 1989, 263). Ein solches berechtigtes Interesse kann der Schuldnerin im vorliegenden Fall nicht abgesprochen werden. Die Schuldnerin begehrt eine Erhöhung des Pfändungsfreibetrages um Beträge nach § 850c I 2 ZPO sowie eine Berücksichtigung von bei der Schuldnerin eingehenden Kindergeldbeträgen. Da das Konto der Schuldnerin als Pfändungsschutzkonto geführt wird, ist die Berücksichtigung der benannten Beträge bei der Bemessung des pfändungsfreien Betrages primär Aufgabe der Drittschuldnerin. Diese hat der Schuldnerin trotz ausdrücklichem Antrag und trotz Vorlage von Nachweisen eine Berücksichtigung verweigert. Das Interesse der Schuldnerin, die Festsetzung des pfändungsfreien Betrages mit Hilfe des Vollstreckungsgerichtes zu erreichen, erscheint vor diesem Hintergrund ohne weiteres nachvollziehbar und berechtigt.

Der von der Schuldnerin gestellte Antrag ist jedoch nicht begründet. Denn die formellen Voraussetzungen für eine Entscheidung des Vollstreckungsgerichtes liegen im vorliegenden Fall nicht vor. Gem. § 850k V 4 ZPO kann eine Bestimmung der Erhöhungsbeträge nach § 850k II ZPO durch das Vollstreckungsgericht erfolgen, wenn der Schuldner den entsprechenden Nachweis nach § 850k V 2 ZPO gegenüber dem Kreditinstitut nicht führen kann. So liegt der Fall hier indes nicht.

Für die Frage, ob ein Schuldner den Nachweis iSv § 850k V 2 ZPO gegenüber dem Kreditinstitut führen kann, ist allein maßgeblich, ob er über ausreichende Bescheinigungen nach § 850k V 2 ZPO verfügt. Ist dies der Fall, so kann er den Nachweis führen. Ob das Kreditinstitut die Nachweise tatsächlich anerkennt, ist für die Frage der Nachweismöglichkeit nicht maßgeblich.

Die Kammer stützt ihre Rechtsauffassung hinsichtlich der Auslegung der formellen Entscheidungsvoraussetzungen des Vollstreckungsgerichtes dabei auf den Sinn und Zweck der Normen über die Ausgestaltung des mit Wirkung zum 01.07.2010 eingeführten Pfändungskontos. Bereits aus den Dokumenten zum Gesetzgebungsverfahren geht hervor, dass die Einführung des Pfändungsschutzkontos zum einen zum Ziel hatte, dem Schuldner eine möglichst unkomplizierte und effektive Möglichkeit zu bieten, seine Pfändungsschutzrechte durchzusetzen (BT-Drs. 16/7615, S. 1). Zum anderen sollte die Verlagerung der primären Prüfungskompetenz auf die Kreditinstitute zu einer Entlastung der Vollstreckungsgerichte führen (BT-Drs. 16 /7615, S. 18). Dieser Zweckrichtung würde es zuwider laufen, wenn es letztlich zur Disposition der Kreditinstitute stehen würden, ihre neu übertragenen Aufgaben und Verantwortungsbereiche auszufüllen, oder durch Verweigerung einer Entscheidung trotz ausreichendem Nachweis die Entscheidungskompetenz - wie nach altem Recht - zurück auf die Vollstreckungsgerichte zu übertragen. Dies gilt umso mehr, als diese Praxis für den Schuldner entgegen dem Gesetzeszweck zu einer ganz erheblichen zeitlichen Verzögerung bei der Durchsetzung seiner Pfändungsschutzrechte führen würde.

Unter Zugrundelegung des dargestellten Maßstabes ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass die Schuldnerin den für eine Berücksichtigung von weiteren Pfändungsfreibeträgen nach § 850k II 1 Nr. 1 i.V.m. § 850c I 2 ZPO bzw. nach § 850k II 1 Nr. 3 ZPO erforderlichen Nachweis hat führen können. Welche Anforderungen an den zu führenden Nachweis zu stellen sind, hat der Gesetzgeber nicht ausdrücklich geregelt. Vielmehr ist in § 850 V 2 ZPO lediglich bestimmt, dass der Nachweis durch eine Bescheinigung des Arbeitgebers, der Familienkasse, des Sozialleistungsträgers oder einer geeigneten Person oder Stelle im Sinne von § 305 I Nr. 1 der Insolvenzordnung zu führen ist. An die Überprüfungspflicht des Kreditinstitutes dürfen dabei keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Vie...

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