Tenor

1. Die Beklagten werden verurteilt, die auf dem Dach ihres Gebäudes … montierte Photovoltaikanlage durch geeignete Maßnahmen so auszugestalten, dass von der Anlage keine wesentliche Blendwirkung in Richtung auf das Einfamilienwohnhaus und Terrasse/Garten der Kläger … ausgeht.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die Kläger von Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.390,87 EUR freizustellen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich Ziffer 1 dieses Urteils jedoch nur gegen vorherige Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000 EUR. Die Beklagten können die Vollstreckung der Kläger hinsichtlich Ziffer 2 dieses Urteils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insoweit vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Beseitigungsansprüche im Zusammenhang mit der Frage einer von einer Photovoltaikanlage ausgehenden Blendwirkung.

Die Kläger sind Eigentümer des mit einem Einfamilienhaus bebauten Anwesens …, die Beklagten sind Eigentümer des gleichfalls mit einem Einfamilienhaus bebauten Anwesens …, jeweils in …. Das Grundstück der Kläger liegt dem Grundstück der Beklagten um gut 20 Meter seitlich versetzt südöstlich gegenüber. Die Beklagten haben auf der Südseite des Daches ihres Anwesens im Frühjahr 2020 eine Photovoltaikanlage errichtet. Die Kläger tragen vor, von der Anlage der Beklagten gehe eine massive und unzumutbare Blendwirkung hin zu ihrem Grundstück aus. Insbesondere in den Sommermonaten sei die Blendung – die sowohl den Garten, als auch die Terrasse und das Wohnzimmer nebst Essbereich und Flur betreffe – so stark, dass man nicht in Richtung des Grundstücks der Beklagten schauen könne. Es entstünden Nachbilder.

Die Kläger beantragen,

1. die Beklagten zu verurteilen, die auf dem Dach ihres Gebäudes … montierte Photovoltaikanlage durch geeignete Maßnahmen so auszugestalten, dass von der Anlage keine wesentliche Blendwirkung in Richtung auf das Einfamilienwohnhaus und die Terrasse / Garten der Kläger … ausgeht;

2. die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner, an die Kläger außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.390,87 EUR zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit de, 28.07.2021.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie sind der Auffassung,

von ihrer Anlage gehe keine Blendwirkung aus, allenfalls liege eine unwesentliche Beeinträchtigung vor.

Vorgerichtlich haben die Parteien ein Schlichtungsverfahren durchgeführt, das erfolglos geblieben ist. Das Gericht hat gemäß § 358a Nr. 4 ZPO Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens in Gestalt eines Blendgutachtens. Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die bei den Akten befindlichen beiderseitigen Schriftsätze nebst Anlagen, wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme auf das Gutachten der Sachverständigen Dipl.-Ing. Annett Sepanski, TÜV Rheinland Solar GmbH, vom 17.06.2022 Bezug genommen. Mit Einverständnis beider Parteien wurde durch Beschluss vom 14.07.2022 der Übergang ins schriftliche Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO angeordnet.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und in der Hauptsache begründet.

I. Die Klage ist zulässig.

1. Das nach § 15a Abs. 1 EGZPO i. V. m. § 1 Nr. 1a des Landesschlichtungsgesetzes obligatorische vorgerichtliche Schlichtungsverfahren wurde (erfolglos) durchgeführt (vgl. Erfolglosigkeitsbescheinigung des Schiedsamtes Neustadt vom 30.09.2021, Bl. 12 ff. d A.).

2. Der Antrag, mit dem die Kläger die Beseitigung (nur) einer „wesentlichen” Blendwirkung begehren, ist im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt. Es reicht aus, dass der Antrag den von den Klägern erstrebten Erfolg beschreibt und den Beklagten die Wahl der Mittel überlässt, mit denen sie diesen Erfolg herbeiführen. Im Hinblick auf die Regelung in § 906 Abs. 1 BGB (Duldungspflicht bei unwesentlichen Beeinträchtigungen) ist es zudem nicht zu beanstanden, wenn die Kläger lediglich das Unterbleiben solcher Beeinträchtigungen in allgemeiner Form verlangen, die „wesentlich” sind (vgl. – eine ähnliche Konstellation betreffend – OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.07.2017, 9 U 35/17, Rn. 10, mwN).

II. Die Klage ist auch in der Hauptsache begründet. Die Kläger haben gemäß § 1004 Abs. 1 BGB gegen die Beklagten einen Anspruch auf Beseitigung und künftige Unterlassung einer von der Photovoltaikanlage ausgehenden Blendwirkung auf ihr Grundstück, soweit dadurch die Nutzung ihres Grundstücks wesentlich beeinträchtigt wird. Von der Photovoltaikanlage auf dem Dach der Beklagten geht eine diesen zuzurechnende Eigentumsbeeinträchtigung aus. Da diese nicht unwesentlich ist, besteht für die Kläger keine Duldungspflicht gemäß §§ 1004 Abs. 2, 906 BGB.

Im Einzelnen:

1. Dass es zu einer Blendwirku...

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