Leitsatz (amtlich)

Werden in einem Prozess gegen eine verwalterlose Gemeinschaft die den Verband vertretenden nicht klagenden Eigentümer von einem Rechtsanwalt vertreten, führt dies nicht zwingend zu einem Mandatsverhältnis des Rechtsanwaltes mit der Wohnungseigentümergemeinschaft.

 

Verfahrensgang

AG Marburg (Beschluss vom 07.03.2022; Aktenzeichen 9 C 710/21 (84))

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführer wird der Berichtigungsbeschluss des AG Marburg vom 7. März 2022 aufgehoben. Der Antrag auf Berichtigung des Urteils des AG Marburg vom 11. Januar 2022 wird zurückgewiesen.

Die Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Gegenstand des Klageverfahrens war ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in einem Beschlussersetzungsverfahren gegen eine wegen Ablauf der Verwalterbestellung kurze Zeit nach Antragstellung verwalterlos gewordene Gemeinschaft. Die Gemeinschaft besteht aus vier Wohnungseigentümern, von denen zwei den Antrag eingereicht haben.

In der Antragsschrift ist als anwaltlicher Vertreter der nicht klagenden Wohnungseigentümer ein Rechtsanwalt aufgeführt worden. Dieser hat, ohne deutlich zu machen, wen er vertritt, schriftsätzlich die Zurückweisung des Antrags begehrt und zur Begründung seines Zurückweisungsantrages auf Anlagen Bezug genommen, aus denen sich ergibt, dass er die beiden nicht klagenden Wohnungseigentümer vertritt. Im Protokoll der mündlichen Verhandlung ist aufgenommen, dass der Rechtsanwalt mit einer der beiden Eigentümerinnen erschien.

Im Rubrum des den Antrag zurückweisenden Urteils ist auf der Passivseite die Wohnungseigentümergemeinschaft, vertreten durch die beiden nicht klagenden Miteigentümerinnen aufgeführt und als anwaltlicher Verfahrensbevollmächtigter dieser Miteigentümerinnen der Rechtsanwalt.

Nachdem im Kostenfestsetzungsverfahren die Rechtspflegerin Einwände erhob, als die für die nicht klagenden Eigentümerinnen angefallenen Rechtsanwaltskosten (inklusive der Erhöhungsgebühr) geltend gemacht wurden, begehrte die Beklagtenseite eine Urteilsberichtigung dahingehend, dass der Rechtsanwalt die Wohnungseigentümergemeinschaft vertreten habe.

Mit dem angegriffenen Beschluss hat das Amtsgericht die begehrte Berichtigung ausgesprochen, hiergegen wendet sich die sofortige Beschwerde der Verfügungskläger.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die statthafte und zulässige sofortige Beschwerde hat Erfolg. Die Voraussetzungen des § 319 ZPO, unter denen ein Urteil berichtigt werden kann, liegen vorliegend nicht vor.

Voraussetzung für eine derartige Berichtigung ist, dass eine offenbare Unrichtigkeit vorliegt, es also „auf der Hand” liegt, dass das Urteil einen Fehler aufweist, der sich entweder bereits aus dem Urteil selbst, aus den Vorgängen bei Erlass der Entscheidung oder der Prozessakte ergibt und der für das Gericht, aber auch für Dritte ohne weiteres erkennbar ist (vgl. zusammenfassend BeckOK ZPO/Elzer § 319, Rn. 15f. mwN).

Hieran fehlt es im Streitfall. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ist weder aus dem Akteninhalt, noch dem Verfahrensgang eindeutig zu erkennen, dass die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft – und nicht die sie vertretenen Eigentümer ihrerseits – anwaltlich vertreten wurde, noch ist dies rechtlich zwingend.

Zutreffend ist allerdings, dass die Bezeichnung des Rubrums in der Antragsschrift eindeutig war und für die Zeit nach Ablauf der Verwalterbestellung – entsprechend der Rechtsprechung der Kammer – die verbliebenen Wohnungseigentümer als Vertreter der beklagten GdWE angegeben worden sind und ausdrücklich der diese Eigentümer vertretene Rechtsanwalt benannt ist. Damit war eindeutig die Gemeinschaft verklagt. ….

Allerdings ergibt sich weder aus der Akte noch aus sonstigen Umständen, dass die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft anwaltlich vertreten war. In seinem ersten Schriftsatz ist der Rechtsanwalt X zwar dem Antrag entgegengetreten, hat allerdings nicht deutlich gemacht, dass er die Wohnungseigentümergemeinschaft vertritt. Im Gegenteil ergibt sich aus der ausdrücklich in Bezug genommenen Anlage, dass er die beiden nicht klagenden Wohnungseigentümer bereits vorgerichtlich vertrat. Dass auch er selbst weiter von einer Vertretung dieser Eigentümer ausgegangen war, ergibt sich auch aus der im Kostenfestsetzungsverfahren vorgelegten Berechnung, die im Rubrum die beiden nicht klagenden Wohnungseigentümer aufführt und ausdrücklich einen Mehrvertretungszuschlag enthält, da mehrere Auftraggeber (die beiden Eigentümer) vorhanden waren. Auch nach Monierung der Gegenseite wurde zunächst darauf abgestellt, dass ein Prozessrechtsverhältnis zwischen den Verfügungsklägern und den übrigen Wohnungseigentümern bestanden habe, erst im Nachgang wurde eine Berichtigung des Urteils begehrt.

Bei dieser Sachlage fehlt es an der offensichtlichen Erkennbarkeit eines Fehlers des amtsgerichtlichen Rubrums, es spricht vielmehr alles dafür, dass das ursprüngliche Rubrum zutreffend war.

Etwas anderes folgt ...

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