Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Wirksamkeit von Gleitklausel in Mustermietverträgen. Anforderungen an Erhöhungsschreiben
Orientierungssatz
1. Die in den Mustermietverträgen vielfach vereinbarte Gleitklausel, dh die Möglichkeit einer Anpassung der Miete an den vom Statistischen Bundesamt errechneten Lebenshaltungsindex ist auch bei einem auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Mietvertrag und dem WoKSchG nicht schlechthin unwirksam. Eine solche Vereinbarung hat die Bedeutung, daß eine Erhöhung der Miete nach WoKSchG 1 § 3 Abs 1 S 2 nicht ausgeschlossen, sondern grundsätzlich erlaubt ist.
2. Auch nach der Entscheidung des BVerfG, 1974-04-23, 1 BvR 6/74 und 2270/73, in ZMR 74, 297 = WuM 74, 169 = NJW 74, 1499 sind grundsätzlich die zum Nachweis der ortsüblichen Vergleichsmiete angegebenen Vergleichswohnungen hinsichtlich der vorgeschriebenen Merkmale zu beschreiben. Spätere Ergänzungen und Berichtigungen eines Erhöhungsschreibens - auch noch im Prozeß - sind zwar zulässig, jedoch muß die Erhöhungserklärung bereits die erforderlichen Mindestangaben enthalten, so daß der Mieter in der Lage ist, sich innerhalb der 6-Wochen-Frist über die Berechtigung der verlangten Mieterhöhung schlüssig zu werden.
Tatbestand
Der Beklagte bewohnt aufgrund eines schriftlichen Mietvertrages seit dem 1.10.1971 eine 30-qm Einzimmerwohnung mit Kochnische und Bad im Hause der Klägerin in Bad S., H.-Straße 45, zu einem monatlichen Mietzins von 175,-- DM zuzüglich Nebenkosten. In § ... Ziffer 4 und 5 des auf 13 Jahre fest abgeschlossenen Mietvertrages ist vereinbart, daß der Beklagte die jeweilige Kostenmiete nach Zuleitung einer Wirtschaftlichkeitsberechnung sowie erhöhte Kapitalkosten anteilig zu tragen habe. § 5 des Mietvertrages sieht eine Mieterhöhung vor, wenn der vom Statistischen Bundesamt festgestellte Lebenshaltungskostenindex steigt.
Mit Schreiben vom 14.2.1974 teilte die Verwalterin der Klägerin dem Beklagten unter Übersendung einer Wirtschaftlichkeitsberechnung mit, daß er ab 1.3.1974 einen auf 252,-- DM erhöhten Mietzins wegen der allgemein eingetretenen Teuerungen insbesondere wegen der Anhebung der Hypothekenzinsen zu zahlen habe. Mit einem weiteren Schreiben vom 25.3.1974 übermittelte die Verwalterin dem Beklagten eine Aufstellung von Wohnungen in Bad S. unter Angabe der Anschrift des Eigentümers, des Baujahres und der Quadratmetermiete. Bei einem in dieser Liste aufgenommenen Wohnhaus ist darauf hingewiesen, daß es sich hier um 34 qm große Einzimmerwohnungen zu einem Mietzins von 300,-- DM und 320,-- DM monatlich handele. Mit Schreiben vom 1.4.1974 lehnte der Beklagte die Zustimmung zu einer Mieterhöhung mit der Begründung ab, daß sich aus den angegebenen Wohnungen kein Vergleich zu seiner eigenen Wohnung ziehen lasse.
Mit Klageschrift vom 19.6.1974, bei Gericht eingegangen am 25.6.1974, hat die Klägerin eine Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung eingereicht. Sie hat behauptet, der verlangte Mietzins übersteige die ortsübliche Miete nicht und hat mit Schriftsatz vom 10.10.1974 vier weitere Vergleichsobjekte benannt. Außerdem hat sie unter Bezugnahme auf ihr Schreiben vom 14.2.1974 die Mieterhöhung mit der Steigerung der Hypothekenzinsen von 6% auf 9 1/2% und der hohen Kostenmiete gerechtfertigt.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, darin einzuwilligen, daß die für die Wohnung Bad S., H.-Straße 45 gemäß Mietvertrag vom 17.9.1971 zu zahlende Miete mit Wirkung vom 1.6.1974 an, hilfsweise von einem in das Ermessen des Gerichts gestellten Zeitpunkt an, von monatlich 175,-- DM auf monatlich 252,-- DM erhöht wird, zuzüglich Umlagen, wie im Mietvertrag vereinbart.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, daß ihm eine Nachprüfung der ortsüblichen Miete an Hand der ihm genannten Vergleichsobjekte nicht möglich sei.
Durch Urteil vom 31.10.1974 hat das Amtsgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe ihr Mieterhöhungsverlangen nicht ausreichend gemäß § 3 Abs 2 Wohnraumkündigungsschutzgesetz begründet, insbesondere seien die angeführten Vergleichsobjekte nicht hinreichend beschrieben worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Gegen dieses bis dahin nicht zugestellte Urteil hat die KLägerin am 24.12.1974 Berufung eingelegt und diese am 21.1.1975 begründet. Sie verfolgt ihren Klageantrag weiter und meint, die Liste der mit Schreiben vom 25.3.1974 vorgelegten Vergleichswohnungen sei ausreichend gewesen. Sie habe sich im übrigen bereits in erster Instanz auf eine Auskunft des Vorsitzenden der G. B. Bad S. bezogen. Zumindest aber seien die während des Rechtsstreits nachgeschobenen vier Vergleichsobjekte hinreichend beschrieben gewesen. Das sei unter Berücksichtigung der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in dem Beschluß vom 23.4.1974 (NJW 74, 1499) auch zulässig. Eine neue Überlegungsfrist von 6 Wochen hätte dem Beklagten durch eine entsprechend weite Hinausschiebung des Verkündungstermins eingeräumt werd...