Entscheidungsstichwort (Thema)
Vereinbarung von Abstandszahlungen als Bedingung für den Eintritt in die Mietnachfolge. Zur Vereinbarung von Abstandszahlungen als Bedingung für den Eintritt in die Mietnachfolge
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Die Vereinbarung über eine Abstandszahlung für die bloße Übernahme einer Wohnung bei örtlich knapper Wohnraumversorgung ist sittenwidrig.
Tatbestand
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Die Klägerin ist die Vormieterin, die Beklagten sind die Nachfolgemieter einer Wohnung in der Frankfurter Innenstadt. Sie sollen für die Übernahme einen "Abstand " von 5.000,- DM zahlen.
Die Klägerin schloß mit drei Interessenten für ihre Wohnung eine gleichlautende Vereinbarung, wonach im Falle der Anmietung für Teppichboden, Rollos, das Streichen der Rauhfasertapete, das Tapezieren der Küche, für Vorhänge in Küche und Schlafzimmer, für Armaturen in Bad und Küche ein Abstand gezahlt werden solle. Gleichzeitig verpflichtete sie den Vermieter, nur an einen der von ihr empfohlenen Interessenten weiterzuvermieten.
Die Beklagten fühlen sich getäuscht, da - wie sie nach Vertragsabschluß im August 1983 mitgeteilt haben - die Vereinbarung nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entspreche. Sie hätten Gegenstände kaufen wollen, von denen die Klägerin nach dem Inhalt der Vereinbarung versichert hat, sie stünden in ihrem Eigentum. Das sei tatsächlich aber nicht der Fall.
Das AG hat der Klage stattgegeben, wobei es die Auffassung vertrat, bei den vereinbarten 5.000,- DM handele es sich um eine pauschale Zahlung, die möglicherweise auch eine Art Vermittlungsprovision darstelle.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache zum überwiegenden Teil Erfolg. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist die Kammer davon überzeugt, daß die geschlossene Vereinbarung nur zum geringen Teil als Kaufvertrag angesehen werden kann und im übrigen - da die Bezahlung für eine etwaige Wohnungsvermittlung ausscheidet - als verdeckte Abstandszahlung nichtig ist (§ 138 BGB). Bezahlen müssen die Beklagten die Gegenstände, die sie nach den übereinstimmenden Erklärungen beider Parteien kaufen wollten und kaufen konnten. Für Rollos, Gardinen im Schlafzimmer und in der Küche sind insgesamt 880,- DM zu zahlen (§ 433 Abs. 2 BGB).
Im einzelnen gilt folgendes:
1. Was im Alltag landläufig als "Abstand" bezeichnet wird, stellt rechtlich einen Vertrag besonderer Art dar, in dem unterschiedliche Typen des besonderen Schuldrechts verbunden sind (BGH NJW 1964, 2301). Als Ablösung wird der Kauf übernommener Gegenstände bezeichnet (Wiek, ZMR 1982, 357), während der im juristischen Schrifttum so genannte "Abstand" als Gegenleistung dafür bezahlt wird, daß der Mieter die Wohnung freimacht. In Frage kommt darüber hinaus ein Abstand als Vergütung für Werkleistungen, die der Mieter während seiner Mietzeit erbracht hat, um den Wohnwert zu verbessern, und schließlich ist denkbar, daß der Abstand als Provision für die Vermittlung der Wohnung (Maklergeschäft) gezahlt wird. Die Kammer hatte zunächst zu prüfen, inwieweit der von beiden Parteien gemeinsam geäußerte Wille, Gegenstände abzulösen und damit zu kaufen bzw. zu verkaufen, in der Vereinbarung tatsächlich realisiert worden ist.
2. Von ihrer Natur als Werkleistung her lassen sich weder das Streichen einer Rauhfasertapete noch das Tapezieren i.S. von § 433 BGB verkaufen. Im vorliegenden Fall konnten auch die Armaturen und der Teppichboden nicht verkauft werden. Insoweit handelt es sich zwar grundsätzlich um veräußerungsfähige Gegenstände, die jedoch durch Verbindung wesentlicher Bestandteil bzw. nicht mehr trennbares Zubehör der Wohnung geworden sind.
a) Die Armaturen sind dauernder Bestandteil der Wohnung geworden und gehören nach den zwingenden Vorschriften des dinglichen Rechtsübergangs (§ 946 BGB) dem Vermieter als Grundstückseigentümer. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, daß beispielsweise eine Brausebatterie nur vorübergehend für die Dauer der Mietzeit eingebaut wird. Das gilt jedoch nicht für Sachen mit mäßigem Ausstattungswert, deren Ausbau und Umbau in Verbindung mit der Herstellung des früheren Zustands unverhältnismäßige Kosten verursachen würde. Die eingebauten Armaturen sind nicht von einer Qualität, die es lohnend erscheinen lassen würde, sie beim Auszug mitzunehmen. Daß die Parteien an eine solche Möglichkeit selbst nicht ernsthaft dachten, zeigt sich auch daran, daß die Klägerin den Beklagten die ursprünglichen Armaturen nicht übergab, sondern selbst mitnahm.
b) Es ist an sich ebenso ungewöhnlich, einen Teppichboden, der in einer Wohnung verlegt ist, in der Erwartung kaufen zu wollen, man könne ihn beim Auszug wieder mitnehmen. Im vorliegenden Fall ist dies auch aus Rechtsgründen ausgeschlossen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, daß der Teppichboden ohne Beschädigung des Schaumrückens nicht entfernt werden kann. Er ist damit objektiv wesentlicher Bestandteil des Hauses geworden und steht im Eigentum des Vermieters als Grundstück...