Leitsatz (amtlich)
Zum – hier verneinten – Anspruch auf Beschlussersetzung für die Herabsetzung einer Sicherheitsleistung für den Einbau eines Treppenliftes.
Verfahrensgang
AG Kassel (Urteil vom 06.06.2019; Aktenzeichen 800 C 2118/17) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Kassel vom 06.06.2019 teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 5.500,00 EUR.
Tatbestand
I.
Durch bestandskräftigen Beschluss vom 10.11.2011 ist dem Kläger und seiner mittlerweile verstorbenen Ehefrau – der vormaligen Miteigentümerin – der Einbau eines Treppenliftes genehmigt worden, als Auflage wurde die Stellung einer von dem Kläger und seiner Ehefrau angebotenen Sicherheit in Höhe von 10.000,00 EUR für eventuelle Schäden am gemeinschaftlichen Eigentum und nicht ordnungsgemäßem Rückbau beschlossen. Diese Sicherheitsleistung wurde erbracht. Auf der Eigentümerversammlung vom 26.04.2017 stellte der Kläger den Antrag den Betrag der Sicherheitsleistung auf 3.000,00 EUR zu reduzieren. Er ist der Auffassung, die Gemeinschaft sei übersichert. Der entsprechende Beschluss wurde auf der Eigentümerversammlung abgelehnt, hiergegen richtet sich die Anfechtungsklage des Klägers, der zudem begehrt, die Sicherheitsleistung auf 3.000,00 EUR herabzusetzen.
Das Amtsgericht hat der Klage insoweit stattgegeben, als die Sicherheitsleistung auf 4.500,00 EUR herabgesetzt wurde, hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der diese ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Berufung ist begründet.
1. Soweit der Kläger den Beschluss zu TOP 5a angefochten hat, handelt es sich um die Anfechtung eines Negativbeschlusses. Eine derartige Anfechtungsklage hat indes nur dann Erfolg, wenn lediglich eine positive Beschlussfassung ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen hätte, also insoweit der Fall einer Ermessensreduzierung auf Null vorgelegen hat. Dies ist vorliegend bereits deshalb nicht der Fall, weil nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Amtsgerichts unter Einbeziehung eines geringen Sicherheitszuschlages von 10 % die Aufwendungen für den Abbau des Treppenliftes 3.000,00 EUR übersteigen.
Bereits angesichts dieses Umstandes bestand kein denkbarer Anspruch des Klägers darauf, dass die Eigentümer dem Beschlussantrag zustimmen. Damit bewegt sich die Ablehnung des Beschlussantrages im Rahmen des den Eigentümern zustehenden Ermessens, sie war zutreffend.
Da Gegenstand der Anfechtung eines Negativbeschlusses nur der Beschluss ist, wie ihn die Eigentümer in der Versammlung zur Abstimmung vorliegen hatten, kann die Anfechtungsklage nicht deshalb Erfolg haben, weil die Eigentümer einen anderen Beschluss hätten fassen müssen, denn ein derartiger Beschluss lag den Eigentümern nicht zur Abstimmung vor.
2. Die Kammer teilt auch die Auffassung des Amtsgerichts nicht, dass gem. § 21 Abs. 8 WEG ein Beschluss der Eigentümer dahingehend zu ersetzen ist, dass eine andere Sicherheit festgelegt wird. Die Kammer hat insoweit bereits Bedenken, ob eine hinreichende Vorbefassung der Eigentümerversammlung vorgelegen hat und damit das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis vorliegt.
Die Eigentümer waren lediglich mit einer Herabsetzung der Sicherheit auf 3.000,00 EUR vorbefasst, diese war – wie ausgeführt – deutlich zu niedrig. Mit einer höheren Sicherheit waren die Eigentümer nicht vorbefasst. Wie sich aus dem Protokoll der Eigentümerversammlung ergibt, bestand auf Seiten der Eigentümer insbesondere Zweifel daran, ob eine Reduzierung auf die zur Abstimmung gestellten 3.000,00 EUR ausreichend sei, weil den Eigentümern diese Sicherheitsleistung im Hinblick auf die Preisentwicklung als zu niedrig erschien. Dies schließt es nicht aus, dass die Eigentümer auf einer anderen Eigentümerversammlung bei einem deutlich höheren Sicherheitsbetrag nicht doch eine positive Beschlussfassung herbeiführen, zumal die Kammer insoweit den Eigentümern ein erhebliches Ermessen zubilligt. Eine Ausnahmekonstellation, in welcher eine Vorbefassung der Eigentümer reine Förmelei ist, erscheint vorliegend nicht ersichtlich. Denn es ist nicht dargetan, dass die Eigentümer jegliche Herabsetzung der Sicherheitsleistung ablehnen würden.
Allerdings hat die Kammer auch in der Sache Bedenken, ob der Kläger einen Anspruch auf eine entsprechende Beschlussfassung hat. Der Beschluss über die Sicherheitsleistung aus dem Jahre 2011 ist bestandskräftig. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist aufgrund der Bestandskraft eines Beschlusses im Folgeverfahren der Einwand ausgeschlossen, der Beschluss habe seinerzeit nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen (BGH NJW 2012, 2955). Nach der Konzeption des WEG soll über die Frage, ob ein Beschluss ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht oder nicht abschließend im fristgebundenen Anfechtungsverfahr...