Leitsatz (amtlich)
Ein Beschluss den Winterdienst anstatt von Fremdfirmen durch die Einstellung von Minijobbern durchführen zu lassen, entspricht jedenfalls dann nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Wohnungseigentümer über die damit verbundenen Risiken und Pflichten nicht hinreichend informiert waren. Vor der Beschlussfassung über einen Wirtschaftsplan muss dieser den Eigentümern zur Verfügung gestellt werden.
Verfahrensgang
AG Kirchhain (Urteil vom 03.11.2016; Aktenzeichen 7 C 326/15 (77)) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 03.11.2016 verkündete Urteil des Amtsgerichts Kirchhain zu Aktenzeichen 7 C 326/15 (77) – unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung des Klägers und der Berufung der Beklagten – teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die unter TOP 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11 gefasste Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom 11.07.2015 werden für ungültig erklärt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Das Urteil – und das angefochtene Urteil im Umfang der Berufungszurückweisung – ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger und die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch die jeweilige andere Partei durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige andere Partei zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 52.207 EUR für die erste Instanz und auf 52.127 EUR für die zweite Instanz festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Parteien sind Mitglieder der WEG … und streiten in der Berufungsinstanz weiter um die Wirksamkeit der auf der Eigentümerversammlung vom 11.07.2015 zu TOP 4, 5, 6, 8, 9, 10, 11, 12, 14 gefassten Beschlüsse.
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts im angefochtenen Urteil (Bl. 275 ff. d.A.) Bezug genommen.
Das Amtsgericht hat hinsichtlich der auf der Eigentümerversammlung vom 11.07.2015 zu TOP 4, 5, 7, 9, 10, 11 gefassten Beschlüsse der Klage stattgegeben und diese im Übrigen (Beschlüsse zu TOP 6, 8, 12 und 14) abgewiesen. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, die unter TOP 4 und 5 gefassten Beschlüsse seien deswegen für ungültig zu erklären, weil die Jahresabrechnungen 2013 und 2014 nicht den Anforderungen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen würden. Der dort dargelegte Vermögensstatus sei rechnerisch falsch. … Schließlich würden auch die unter TOP 9 und 10 gefassten Beschlüsse nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen, weil durch den Abschluss von Mini-Jobs für die Pflege der Außenanlage und den Winterdienst anstatt der Beauftragung einer Fremdfirma werde die Gemeinschaft zusätzlichen Gefahren ausgesetzt, etwa wie der Gefahr von Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder der Gefahr einer Haftung infolge eines Verkehrssicherungsverstoßes….
In der Sache verfolgt der Kläger seine Klageanträge in vollem Umfang weiter. Zur Begründung hierfür trägt er vor, das Amtsgericht habe verkannt, dass der Wirtschaftsplan fehlerhaft sei, weil er auf den vorausgegangenen falschen Abrechnungen beruhe. Auch sei der Beschluss zu TOP 6 schon deswegen für ungültig zu erklären, weil der Wirtschaftsplan nicht mit der Einladung zugeschickt worden sei. …
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Berufung des Klägers hat nur teilweise Erfolg. Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Wie vom Amtsgericht zu Recht erkannt, waren die Beschlüsse zu TOP 4 und 5 (Jahresabrechnungen 2013 und 2014) für unwirksam zu erklären, denn die Jahresabrechnung 2013 ist rechnerisch intransparent und nicht nachvollziehbar, und dieser Fehler setzt sich in der Jahresabrechnung 2014 fort. Die angegebenen Anfangsbestände der Bankkonten zuzüglich der Einnahmen und abzüglich der Ausgaben stehen nicht mit den ausgewiesenen Endbeständen im Einklang.
Zum wesentlichen Bestandteil einer Jahresabrechnung gehört die Abstimmung des Bankkontos. Die Angabe des Bankanfangs- und des Bankendbestands soll nicht nur Informationen über das Geldvermögen der Eigentümergemeinschaft geben, sondern auch eine Schlüssigkeitsprüfung zulassen. Zwar sind Divergenzen zwischen den Einzelabrechnungen und der Gesamtabrechnung möglich, müssen aber verdeutlicht werden, denn erst dann lässt sich der Bankkontenstand nachvollziehen. Die Einnahmen und Ausgaben müssen sich anhand der Kontenentwicklung nachvollziehen lassen. Jegliche Diskrepanz steht der Schlüssigkeit der Abrechnung entgegen und führt zur Rechtswidrigkeit der gesamten Abrechnung (Jennißen in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 5. Aufl. 2017, § 28 WEG, Rn. 124c). Soweit die Beklagten meinen, die hier vorliegende Diskrepanz in ihrem Schriftsatz vom 04.01.2017 erläutern zu können, kann dies keinen Erfolg haben, denn die Jahresabrechnung muss aus sich heraus auch ohne Hinzuziehung fachlicher Unterstützung verständli...