Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 12.03.1999; Aktenzeichen Hö 3 C 4387/97) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 12.3.99 verkündete Urteil des Amtsgerichts Frankfurt a/M (AZ.: Hö 3 C 4387/97) wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3750,– DM nebst 4 % Zinsen seit dem 8.9.97 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 55 %, die Beklagte 45 % zu tragen.
Tatbestand
Von der nochmaligen Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen (§ 543 I ZPO).
Entscheidungsgründe
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers hat in der Sache teilweise Erfolg. Die Beklagte haftet dem Zeugen … für die finanziellen Folgen des Verkehrsunfalles, den der Zeuge am 14.4.94 in Frankfurt a/M ohne eigenes Verschulden erlitten hatte (§§ 7 I StVG, 823 BGB, 249 BGB, 3 PflVG). Dazu gehören grundsätzlich auch Schäden durch Lohnausfall. Solche wurden durch Vereinbarung vom 5.8.96 an den Kläger abgetreten. Insoweit besteht zwischen den Parteien kein Streit.
Entgegen der Ansicht der Beklagten steht dem Kläger aus abgetretenem Recht tatsächlich eine Forderung auf Ersatz von Lohnausfall zu, der dadurch entstanden ist, daß der Zeuge nach Ende seiner Arbeitsunfähigkeit während der Arbeitszeit in der Zeit vom Juli 1994 bis Ende Juli 1995 Ärzte aufgesucht hatte. Allerdings steht der Durchsetzung der bis zum 25.8.94 entstandenen Ersatzansprüche die Einrede der Verjährung entgegen. Für die Zeit, in der der Zeuge seine Arbeitsleistung nicht erbracht hat, kann er keinen Lohn verlangen (§ 323 I BGB). Der Anspruch auf Lohnzahlung ist nicht gemäß § 616 BGB bestehengeblieben, da die Zeit der Arbeitsverhinderung nicht nur geringfügig war. Eine von der gesetzlichen Regelung abweichende einzelvertragliche oder tarifvertragliche Vereinbarung war nicht getroffen worden.
Wie bereits das Amtsgericht im einzelnen ausgeführt hat, scheitert der Anspruch nicht daran, daß dem Zeugen kein Vermögensnachteil entstanden ist, falls sein Arbeitgeber den Lohn trotz der Fehlzeiten in voller Höhe gezahlt hat. Die Beklagte weist zwar zutreffend darauf hin, daß hier die Voraussetzungen für eine sogenannte Drittschadensliquidation nicht vorliegen, bei der der Zeuge als Anspruchsinhaber einen Schaden des nur mittelbar geschädigten Klägers ersetzt verlangen könnte. Darauf kommt es aber nicht an, da nach den in ständiger Rechtsprechung vertretenen Grundsätzen zum normativen Schadensbegriff eine freiwillige Leistung eines Dritten dem Schädiger, für den die Beklagte einstehen muß, nicht zugutekommen darf. Gem. § 616 BGB war der Kläger zur Lohnfortzahlung nicht verpflichtet, weil diese Fehlzeiten nicht verhältnismäßig unerheblich waren. Das Lohnbez. Entgeltfortzahlungsgesetz geht der obengenannten Norm nicht vor. Es ist schon deshalb nicht einschlägig, da der Zeuge in dem Zeitraum, um den es hier geht, nicht arbeitsunfähig war. Ist die Verhinderung von erheblicher Dauer, erhält der Arbeitnehmer auch für den noch als unerheblich anzusehenden Teil keinen Lohn. Nach in Rechtsprechung und Lehre einhelliger Meinung, von der abzuweichen die Kammer keinen Anlaß sieht, hat der Schädiger unter diesen Umständen das auf die Fehlzeiten entfallende Bruttoentgelt zuzüglich der Arbeitgeberanteile der Sozialversicherungsbeiträge zu ersetzen (Palandt-Putzo, BGB § 616 Rn. 30 ff, vor § 249 Rn. 136, BGHZ 21, 113, 43, 378; 107, 325). Unstreitig ist der Schadensersatzanspruch nicht auf einen Versicherungsträger übergegangen.
Arbeitsfehlzeiten infolge von 50 Arztkonsultationen in 13 Monaten sind nicht mehr verhältnismäßig geringfügig im Sinne des § 616 Abs. 1 BGB und müssen daher vom Arbeitgeber nicht mehr bezahlt werden ohne daß es an dieser Stelle auf die genaue Dauer der Arztbesuche zuzüglich Fahrzeiten ankäme.
Folgt man der Ansicht, daß § 616 BGB der Ausfluß eines dem Schuldrecht immanenten Rechtsgedankens ist, wonach geringfügige Minderleistungen nach Treu und Glauben auf die zu erbringende Gegenleistung ohne Einfluß sind (§§ 320 II, 459 I 2, 537 12, 634 III BGB), ist die Grenze der Verhältnismäßigkeit zweifelsfrei überschritten. Nicht erheblich sind danach nur Verhinderungen von wenigen Tagen, mit denen ein Dienstberechtigter bereits bei Vertragsschluß rechnen konnte und die bereits beim Lohn einkalkuliert sind (Staudinger-Oetker, BGB, § 616 BGB Rn 74). Damit, daß der Zeuge infolge seines Unfalles derart häufig durch Arztbesuche ausfallen würde, mußte der Kläger nicht zu rechnen. Da sämtliche Artbesuche durch ein Ereignis verursacht wurden, sind die dadurch entstandenen Ausfälle auch nach dieser Ansicht zusammenzurechnen (Staudinger-Oetker § 616 Rn. 76); denn der Zeuge hat im Verhältnis zur Arbeitsverhinderung keine angemessene Arbeitszeit gearbeitet. Die einzelnen Ausfallzeiten waren nicht durch eine längere Phase ohne Fehlzeiten unterbrochen. Folgt man der herrschenden Meinung, wonach die Verpflichtung zur Lohnf...