Verfahrensgang
AG Frankfurt am Main (Urteil vom 04.07.1991) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 4.7.1991 (Az.: 30 C 3338/90–20) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Gründe
Von der Darstellung des Tatbestandes steht die Kammer ab. Sie macht sich die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils gemäß § 543 ZPO in vollem Umfang zu eigen. Das Vorbringen der Beklagten im Berufungsverfahren rechtfertigt keine andere Beurteilung.
Für die Frage, ob die Beklagte dem Kläger aufgrund der am 2.12.1989 abgeschlossenen Rechtsschutzversicherung die Kosten für dessen Arbeitsrechtsstreit mit der Firma Kroeber-Keneth, Sauer & Partner GmbH zu ersetzen hat, kommt es entscheidend darauf an, ob der Versicherungsfall vor oder nach Ablauf der dreimonatigen Wartezeit gemäß § 14 Abs. 3 ARB eingetreten ist. Nach § 14 Abs. 3 ARB gilt der Versicherungsfall in dem Zeitpunkt als eingetreten, in dem der Versicherungsnehmer, der Gegner oder ein Dritter begonnen hat oder begonnen haben soll, gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften zu verstoßen. Dabei kann auch bei einem Aktivprozeß des Versicherungsnehmers dessen eigener Verstoß den Versicherungsfall ausgelöst haben (vgl. BGH, VersR 1984, 530). Bei einem Kündigungsschutzprozeß, um den es hier (im wesentlichen) geht, muß somit nicht der Zeitpunkt der Kündigung, also der vermeintliche Rechtsverstoß des Gegners, ausschlaggebend sein. Vielmehr kommt es bei einer verhaltensbedingten Kündigung regelmäßig darauf an, wann der Versicherungsnehmer – nach der Behauptung des Gegners – den Kündigungsgrund gesetzt hat. Dies bedeutet aber nicht, daß jedwede Handlung des Versicherungsnehmers, die in einen Zusammenhang mit der späteren Kündigung gebracht werden kann, genügt, um als Eintritt des Versicherungsfalles zu gelten. Beachtlich sind vielmehr nur solche (angeblichen) Rechtsverstöße, die dann auch zur Grundlage der nachfolgenden rechtlichen Auseinandersetzung werden. Abzustellen ist auf die Verstöße, die die Gegenseite „zur Stützung ihrer Position” bzw. „zur Rechtswahrung” heranzieht (vgl. BGH, Versicherungsrecht 1984, 530, 532; Harbauer, ARB, § 14 Rdnr, 43, 51). Verhaltensweisen des Versicherungsnehmers, die von der Gegenseite mitgeteilt aber nicht zum Gegenstand rechtlicher Schlußfolgerungen gemacht werden, bleiben demgegenüber als sogenanntes „Kolorit” unbeachtet. Nicht entscheidend für die zeitliche Fixierung des Vorsicherungsfalles ist demnach ein Verhalten des Versicherungsnehmers, das den Gegner zwar verärgert und zur streitauslösenden Maßnahme mit veranlaßt haben mag, das aber von dem Gegner nicht zur rechtlichen Begründung der umstrittenen Maßnahme hier der Kündigung – herangezogen wird.
Im vorliegenden Fall ist zunächst festzuhalten, daß ein streitbegründender Rechtsverstoß des Klägers vor Abschluß der Rechtsschutzversicherung nicht erkennbar ist. Für den Eintritt des Versicherunsfalles innerhalb der Hartezeit, die sich hier bis zum 2.3.1990 erstreckte, ist der Versicherer darlegungs- und beweispflichtig (Harbauer, ARB, Rdnr. 67), Die Beklagte beruft sich insoweit darauf, daß der Kläger Anfang 1990 die Gehaltsbescheinigung seines früheren Arbeitgebers nicht vorlegte und sieht hierin den ersten „objektivierbaren” Verstoß gegen seine Pflichten als Arbeitnehmer. Demgegenüber ist jedoch bereits sehr zweifelhaft, ob die Unterlassung das Klägers aus der Sicht seiner Arbeitgeberin einen Rechtsverstoß darstellte. Die Arbeitgeberin sah die Vorlage der Gehaltsbescheinigung als Bedingung für die am 9.12.1989 besprochene Gehaltserhöhung an. Eine rechtliche Verpflichtung des Klägers, Bedingungen für eine Gehaltserhöhung zu erfüllen, dürfte indes kaum anzunehmen sein. Auf die unterbliebene Vorlage der Gehaltsbescheinigung ist im übrigen deshalb nicht abzustellen, weil weder dargetan noch sonst ersichtlich ist, daß die Arbeitgeberin die Unterlassung des Klägers zur rechtlichen Begründung ihrer Kündigungen herangezogen hat. Bei der mit Schreiben vom 28.3.1990 ausgesprochenen Kündigung handelte es sich, wie die Arbeitgeberin im Arbeitsrechtsstreit klargestellt hat, um eine betriebsbedingte Kündigung. Die fristlose Kündigung vom 30.4.1990 war allein auf eine Fehlzeit des Klägers Ende April 1990 gestützt.
Da auch die gegen die Arbeitgeberin gerichtete Zahlungsklage des Klägers erst nach Ablauf der Wartezeit eingereicht und zugestellt wurde, bleibt als möglicher Rechtsverstoß vor Ablauf der Wartefrist nur die angebliche Privatfahrt des Klägers am 31.1.1990. Diesen Vorfall hat die Arbeitgeberin im Kündigungsschreiben vom 28.3.1990 zwar erwähnt; sie hat ihn aber ersichtlich nicht zur rechtlichen Begründung der Kündigung herangezogen. Das Amtsgericht hat die betreffende Passage des Kündigungsschreibens zurecht als „Kolorit” bewertet.
Der Versicherungsfall ist auch nicht durch eine Willenserklärung oder Rechtshandlung, die binnen der Wartezeit vorgenommen wurde, ausgelöst worden (§ 14 Abs. 3 Satz 3 2 Alternative ARB). Als streitauslösende Willenserklärung in d...