Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstellung der Energieversorgung wegen Zahlungsrückstands des Vermieters: Ansprüche der Mieter gegenüber dem Energieversorgungsunternehmen

 

Orientierungssatz

1. Es stellt keine Besitzstörung des Mieters und damit keine verbotene Eigenmacht dar, wenn das Energieversorgungsunternehmen die zentrale Energieversorgung des Mietshauses wegen Zahlungsrückstands des Vermieters und Eigentümers einstellt. Denn das Zurückhalten einer lediglich gegenüber dem Vermieter geschuldeten Leistung betrifft noch nicht den geschützten Besitzbereich des Mieters, weil nicht die Energieversorgung innerhalb der Mieträume selbst betroffen ist.

2. Erfolgt die Gas- und Stromversorgung eines Mietshauses aufgrund von Versorgungsverträgen zwischen dem Energieversorgungsunternehmen und dem Hauseigentümer und Vermieter, steht den Mietern kein eigener Anspruch gegenüber dem Energieversorgungsunternehmen zu. Sie können einen Anspruch auf Belieferung mit Energie gegenüber dem Energieversorgungsunternehmen auch nicht auf einen Vertrag zugunsten Dritter oder einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter stützen.

3. Befindet sich der Vermieter zum Zeitpunkt der Ausübung der Liefersperre in einem erheblichen Zahlungsrückstand und sind die Mieter einige Wochen vor der Ausübung des Zurückbehaltungsrechts von dem Energieversorgungsunternehmen auf diesen Umstand hingewiesen worden, steht der Liefersperre der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht entgegen.

4. Das Energieversorgungsunternehmen kann nicht darauf verwiesen werden, seine Ansprüche gegenüber dem Vermieter titulieren zu lassen und sodann in dessen Mietzinsansprüche zu vollstrecken. Dies ist angesichts des Zeitablaufs bis zum Erstreiten eines Titels und bis zur Durchführung der Zwangsvollstreckung bei gleichzeitiger Weiterlieferung von Energie ohne zu erwartende Gegenleistung nicht zumutbar.

5. Wenn die Mieter mittelbar Ansprüche aus einem Energieversorgungsvertrag für sich selbst in Anspruch nehmen wollen, muß von ihnen verlangt werden können, daß sie im Falle einer erkennbaren Veruntreuung der Vorauszahlungsbeträge durch den Vermieter diese zukünftig jedenfalls direkt an den Energieversorger zahlen, um die weitere Belieferung mit Energie sicherzustellen. In diesem Fall kann sich dann die Ausübung einer Liefersperre als Verstoß gegen Treu und Glauben darstellen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1738475

WuM 2002, 312

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