Leitsatz (amtlich)
Eine Unterbringung zur Heilbehandlung kann auch dann genehmigt werden, wenn sie allein darauf gerichtet ist, die Behandlung gegen den natürlichen Willen des Betroffenen durchzusetzen.
Verfahrensgang
AG Emmendingen (Entscheidung vom 29.03.2012; Aktenzeichen XVII 358/05) |
Tenor
1.
Auf die Beschwerde der Verfahrenspflegerin wird unter Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts Emmendingen vom 29.03.2012 - XVII 358/05 - die Unterbringung der Betroffenen in einer geschlossenen Einrichtung bis zum 06.07.2012 betreuungsgerichtlich genehmigt.
2.
Von der Erhebung von Kosten wird abgesehen.
3.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Betroffene befand sich erstmals wegen einer Suizidankündigung vom 09.03.1999 bis zum 10.03.1999 im Zentrum für Psychiatrie in Emmendingen. Anschließend wurde sie dort vom 23.03.1999 bis zum 05.05.1999 behandelt, nachdem sie in verworrenem Zustand am Straßenverkehr teilgenommen hatte.
Mit Schreiben vom 21.08.2003 regte die Gemeinde F. die Betreuung der Betroffenen an, da diese tags und nachts auf der Straße herumirre und einen verwirrten Eindruck hinterlasse.
Mit Beschluss vom 14.10.2003 genehmigte das Amtsgericht Emmendingen die Unterbringung der Betroffenen bis längstens 06.11.2003, da die Betroffene sich selbst und andere durch Beißen und Bedrohen sowie durch das Anzünden von Papierschnipseln auf der Herdplatte gefährde.
Mit Beschluss vom 22.10.2003 ordnete das Amtsgericht Emmendingen eine Betreuung für die Betroffene mit den Aufgabenkreisen der Vermögenssorge, der Wohnungsangelegenheiten, der Geltendmachung von Ansprüchen auf Sozialhilfe, der Aufenthaltsbestimmung, der Entscheidung über die Unterbringung und der Gesundheitssorge an.
Mit Beschluss vom 25.09.2008 wurde die bestehende Betreuung bis längstens 24.09.2013 verlängert.
Mit Schreiben vom 06.03.2012 beantragte der Betreuer die Unterbringung der Betroffenen. Ziel der Unterbringung sei eine Heilbehandlung mit Medikamenten auch gegen den Willen der Betroffenen. Mit Beschluss vom 08.03.2012 bestellte das Amtsgericht Emmendingen für die Betroffene eine Verfahrenspflegerin. Zu einer Anhörung der Betroffenen kam es nicht, da die Betroffene am 15.03.2012 nicht zum Termin erschien. Mit Schreiben vom 16.03.2012 befürwortete die Betreuungsbehörde des Landratsamts Emmendingen die Unterbringung der Betroffenen. Mit Schreiben vom 21.03.2012 befürwortete auch die Verfahrenspflegerin die Unterbringung der Betroffenen.
Mit Beschluss vom 29.03.2012 lehnte das Amtsgericht Emmendingen die Unterbringung der Betroffenen ab. Zur Begründung führte das Amtsgericht Emmendingen im wesentlichen aus, eine Genehmigung der Unterbringung sei nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht möglich, da die Unterbringung alleine den Zweck verfolge, die Betroffene gegen ihren Willen einer Behandlung zuzuführen.
Mit Schreiben vom 09.04.2012 legte die Verfahrenspflegerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Emmendingen Beschwerde ein. Mit Schreiben vom 25.04.2012 befürwortete der Betreuer erneut eine Unterbringung der Betroffenen. Hierbei führte er erstmals an, diese gefährde sich selbst, da sie auf der Straße zwischen fahrenden Autos herumirre. Mit Schreiben vom 03.05.2012 legte der Betreuer eine E-Mail der Tochter der Betroffenen vor, nach welcher die Betroffene am 30.04.2012 mehrfach beinahe vor eine Straßenbahn gelaufen wäre, da sie Stimmen gehört habe. Auch habe sie vom Tod gesprochen, den "die" von ihr wollten, wobei davon auszugehen sei, dass mit "die" die Stimmen gemeint seien, welche die Betroffene höre.
Die Kammer hat die Betroffene am 11.05.2012 durch die beauftragte Richterin im Zentrum für Psychiatrie persönlich angehört.
Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige (§ 303 Abs. 3 FamFG) Beschwerde ist begründet, da die Voraussetzungen für die Genehmigung der Unterbringung der Betroffenen durch den Betreuer gegeben sind.
1.
Zunächst liegen mittlerweile die Voraussetzungen der Genehmigung einer Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB vor.
Gemäß § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist eine Unterbringung des Betreuten durch den Betreuer, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, nur zulässig, solange sie zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, weil auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung des Betreuten die Gefahr besteht, dass er sich selbst tötet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt.
Nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Dr. R. leidet die Betroffene an einer paranoiden Schizophrenie, die sich durch Ich-Störungen, Wahnvorstellungen und Stimmen-Hören auszeichnet. Dies führt gegenwärtig dazu, dass die Betroffene in verwirrtem Zustand im öffentlichen Straßenverkehr zwischen Autos und Straßenbahnen herumirrt und hierbei die Verkehrssituation nicht adäquat einschätzen kann. Sie laufe deshalb Gefahr, einen Unfall zu verursachen und einen erheblichen gesundheitlichen Schaden davonzutragen. Diese gutachterlichen Feststellungen ...