Tenor

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 EUR sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 611,73 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von jeweils 5 Prozent über dem Basiszinssatz seit dem 02.08.2012 zu bezahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche weiteren gegenwärtigen und zukünftigen materiellen und noch nicht vorhersehbare zukünftige immaterielle Schäden zu ersetzen, die sie aus der Implantation einer Hüft-Totalendoprothese linksseitig am 31.01.2005 bereits erlitten hat oder noch erleiden wird, soweit die Ansprüche nicht kraft Gesetzes auf Versicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Beklagten tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des Rechtsstreits und der Nebenintervention.

5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 34.000,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus Produkthaftung.

Die am … eborene Klägerin litt unter Arthrose im linken Hüftgelenk. Sie entschloss sich daher zur Implantation einer Hüft-Totalendoprothese(Hüft-TEP) links, die am 31.03.2005 im von der Streithelferin getragenen … Freiburg eingesetzt wurde.

Das Prothesensystem bestand aus den folgenden Komponenten:

Durom-Hüft-Pfanne, Größe 48/42, hergestellt aus Kobalt-Chrom-Molybdän mit einer Titan-Beschichtung

Metasul-LDH-Kopf, Größe 42, 18/20er Konus, aus Kobalt-Chrom-Molybdän

LDH-Kopfadapter, Größe M, Außen 18/20er Konus, Innen 12/14er Konus, ebenfalls aus Kobalt-Chrom-Molybdän

CLS-Spotorno-Schaft, bestehend aus Ti6Al7Nb(Titan-Aluminium-Niob-Legierung)

Die Beklagte Ziff. 1 ist die Herstellerin des Prothesensystems. Die Beklagte Ziff. 2 hat es in den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) importiert.

Beim Einsetzen des Prothesensystems geht der Operateur grundsätzlich wie folgt vor:

Die Hüftpfanne wird vom Operateur in den Beckenknochen eingebracht. Hierzu wird das Acetabulum zuvor ausgefräst und die Pfanne mittels Anpressdrucks (sog. press fit) und eingebauten Rippen, die sich am äußeren Rand der Pfanne befinden, im Knochen befestigt. Pfanne und Prothesenkopf bilden die Gleitpaarung oder Artikulation, die die Bewegung ermöglicht. Der Prothesenkopf verfügt auf seiner Unterseite über einen konischen Hohlraum, in den vor der Implantation der Konusadapter eingeschlagen wird. Der Konusadapter, der auch als Adapterhülse bezeichnet wird, ist ein ebenfalls konisch geformter Hohlkörper, der der Anpassung des Abstands von Oberschenkelknochen und Hüftgelenk dient.

Der Prothesenschaft wird in den Oberschenkelknochen (Femur) eingeschlagen. Er verfügt im vorderen Bereich über einen ebenfalls konisch geformten Abschnitt, auf den bei der Implantation Prothesenkopf und Konusadapter aufgebracht werden. Das System aus konisch geformten Steckelementen wird auch als Konussteckverbindung bezeichnet. Sowohl bei der Hüftpfanne wie auch beim Prothesenschaft soll bei regelhaftem Verlauf ein knöchernes Anwachsen (Osseointegration) stattfinden.

Bei dem Prothesensystem handelt es sich um eine sog. Großkopfprothese (Large Diameter Head = LDH), welche von den Beklagten im Jahr 2003 erstmals in den Markt eingeführt wurde. Zuvor wurden in der Endoprothetik sog. Kleinkopfprothesen mit Durchmessern von ca. 28 mm verwendet.

Großkopfprothesen mit Durchmessern über 38 mm kamen nur als sog. Oberflächenersatz (Kappenprothese, „Resurfacing”) zum Einsatz, Dabei wird kein Prothesenschaft in den Femur eingebracht, sondern der Kopf des Femurs im Wesentlichen im Körper belassen und lediglich mit einer MetaIIkappe versehen. Diese stellt auf Grund der anatomischen Verhältnisse eine Großkopfprothese dar.

Die Beklagten entwickelten aus solchen Oberflächenersatzprothesen das streitgegenständliche System.

Neben Metall-auf-Metall-Gleitpaarungen „metal-on-metal” = MoM) sind in der Endoprothetik unterschiedliche Kombinationen wie Metall-Polyethylen(=PE), Keramik-PE oder Keramik-Keramik-Prothesen gebräuchlich.

Die Klägerin befand sich nach dem Eingriff zunächst bis zum 11.04.2005 in stationärer Behandlung bei der Streithelferin. Bis zum 02.05.2005 schloss sich eine Rehabilitationsbehandlung in der Rheintalklinik Bad Krozingen an.

Der weitere Beschwerdeverlauf ist im Einzelnen streitig.

Die Klägerin wurde im Jahr 2009 von der Streithelferin über aufgetretene Probleme bei Prothesen des gleichen Modells informiert. Kontrolluntersuchungen in den Jahren 2009 und 2010 blieben aber zunächst noch ohne Befund.

Jedenfalls ab Anfang 2011 traten Schmerzen an der linken Hüfte auf, zunächst außen, dann in der Leiste, so dass die Klägerin einen Gehstock benötigte.

Eine am 12.07.2011 bei der Klägerin entnommene Blutprobe ergab folgende Werte für Chrom:

2,9 / 2,8 / 2,9 μ/l und für Kobalt 8,3 / 8,3 /8,5 μg/l (vgl. Anlage K33).

Die behandelnden Ärzte empfahlen der Klägerin die Revision d...

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