Verfahrensgang
AG Gießen (Urteil vom 16.12.1993; Aktenzeichen 48 C 748/93-M) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am16.12.1993 verkündeteUrteil des Amtsgerichts Gießen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt.
Der Beklagte wird verurteilt, den von ihm der Wohnung Nr. III im Erdgeschoß rechts des Hauses … gehaltenen Hund der Rasse „Bullterrier” aus der Wohnung zu entfernen und die Haltung dieses Hundes in der Wohnung zu unterlassen.
Es wird festgestellt, daß der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, soweit der Beklagte verurteilt war, zwei weitere Hunde der Rasse „Bullterrier” aus der Wohnung zu entfernen und die Haltung dieser Hunde in der Wohnung zu unterlassen.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Gründe
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Gießen vom 16.12.1993 ist nicht begründet. Jedoch ist in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils teilweise die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache festzustellen, weil davon auszugehen ist, daß der Beklagte jetzt nur noch einen „Bullterrier” in seiner Mietwohnung hält.
Das Amtsgericht hat den Beklagten zu Recht verurteilt, die von ihm gehaltenen Bullterrier aus der Wohnung zu entfernen und danach die Haltung der Hunde in der Wohnung zu unterlassen. Den Gründen der angefochtenen Entscheidung ist zu folgen. Im Hinblick auf das Vorbringen zur Berufungsbegründung und die Entfernung von zweien der Hunde ist folgendes zu ergänzen.
Mit dem Amtsgericht ist anzunehmen, daß der Beklagte eine Erlaubnis der Klägerin für die Haltung der Hunde benötigte. In dem Verhalten der Klägerin und der für sie tätigen Zeugin … ist die erforderliche Erteilung der Erlaubnis nicht zu sehen, obwohl die Zeugin seit 1991 wußte, daß der Beklagte einen Hund hielt und sie bzw. die Klägerin dagegen nichts unternahmen. Der Beklagte durfte aus der Untätigkeit der Klägerin nicht den Schluß ziehen, daß sie ihm das Halten eines Bullterriers erlaubt habe und die Erlaubniserteilung in dem Untätigbleiben der Klägerin oder der für sie tätigen Zeugin… zum Ausdruck komme. Der Beklagte hatte unter anderem nur dann einen berechtigten Anlaß, in der Duldung der Klägerin eine Willenserklärung zu sehen, wenn er selbst davon ausgehen durfte, daß der Klägerin zumindest die Haltung eines der Bullterrier bekannt war und diese Kenntnis nach außen ihm gegenüber hervorgetreten ist. Dafür ist nichts vorgetragen.
Soweit der Beklagte behauptet, die Zeugen … habe ihm gegenüber ausdrücklich erklärt, die Hunde könnten gehalten werden, solange sich niemand in der Hausgemeinschaft beschwere, ist nicht bewiesen, daß die Zeugin eine solche Erklärung abgegeben hat. Eine nochmalige Vernehmung der Zeugin … wie sie im Schriftsatz vom 09.05.1994 beantragt wurde, ist nicht durchzuführen. Die Zeugin ist zu dem maßgebenden Sachverhalt vom Amtsgericht vernommen worden. Nach ihrer Aussage ist es ausgeschlossen, daß sie die behauptete Erklärung abgegeben hat. Der Beklagte hat auch selbst nicht näher angegeben, wann und bei welcher Gelegenheit die Zeugin die behauptete Äußerung gemacht hat.
Die in dem klageweise Vorgehen der Klägerin zum Ausdruck kommende Weigerung, die Erlaubnis zur Haltung von Bullterriern durch den Beklagten zu erteilen, ist nicht vertragswidrig. Sie verstößt nicht gegen Nr. 7 Absatz 2 des geschlossenen Dauernutzungsvertrags. Ein Verstoß gegen die Vertragsbestimmung ist auch dann zu verneinen, wenn man aus ihr eine Bindung der Klägerin bei der Ausübung der not wendigen Interessenabwägung zwischen ihren Belangen und denen ihrer Mieter herleitet Die Klägerin wäre danach verpflichtet, die Erlaubnis zu erteilen, wenn bei einer vernünftigen Beurteilung mit einer Beeinträchtigung, Gefährdung oder Belästigung der übrigen Mitmieter, der Mietwohnung oder des Grundstücks nicht zu rechnen ist. Schon in Anbetracht der Zahl der vom Beklagten in der Mietwohnung gehaltenen Bullterrier war diese Erwartung nicht gerechtfertigt.
Sie ist es auch nicht in Anbetracht der neu eingetretenen Situtation, daß der Beklagte nunmehr nur noch einen Bullterrier in seiner Wohnung hält. Denn bei objektiver und vernünftiger Betrachtung ist auch bei der Haltung nur eines Hundes dieser Rasse eine Gefährdung der Mitbewohner durch den Hund des Beklagten nicht verläßlich auszuschließen. Der weiterhin in der Wohnung gehaltene Hund zählt aufgrund seiner rassebedingten Eigenschaften zu den sogenannten Kampfhunden. Als gemeinsame Wesensmerkmale der zu diesen Hundearten gehörenden Hunderassen werden nicht nur die durch Erziehung geförderte, sondern auch die durch die gezielte Zucht bedingte Aggressivität, ihre geringe Schmerzempfindlichkeit und ihre fehlende Angst angesehen (vgl. den vom Kläger vorgelegten Auszug aus dem „Brockhaus”). Es mag sein, daß es in der tiermedizinischen Wissenschaft unterschiedliche Auffassungen über die Aggressivität dieser Hunderassen und ihre Ursachen gibt. Daß die vorstehend wiedergegebene Auffassung haltlos und widerlegt wäre, ist nicht zu erkennen. In mehreren Bundesländern...