Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.223,10 DM nebst 4 % Zinsen seit 10.10.2000 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 14.000,00 DM vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung darf auch durch unbefristete und unbedingte selbstschuldnerische Bürgschaft einer im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand
Der Kläger beansprucht Leistungen aus der mit der Beklagten abgeschlossenen Hausratversicherung Nr. 2-66.411.231-8.
Der Versicherungsvertrag wurde vermittelt und abgeschlossen über die Vertriebsdirektion ....
Am 27.04.2000 wurde in der Zeit zwischen 0.30 Uhr und 06.30 Uhr durch einen oder mehrere unbekannte Täter ein Einbruchdiebstahl im Wohnhaus des Klägers verübt.
Der oder die unbekannten Täter entriegelten die Terrassentür, indem sie sich zunutze machten, dass sich das direkt neben der Terrassentür gelegene Fenster in Kippstellung befand. Es gelang ihnen, den senkrecht nach oben stehenden Griff der auf diese Weise verriegelten Terrassentür herunter zu drücken und die Tür zu entriegeln.
Der Kläger war in jener Nacht zu Hause. Über ihm wohnt seine Tochter, die ebenfalls zu Hause war. Das Schlafzimmer des Klägers grenzt direkt an das Esszimmer an, welches wiederum direkt an das Wohnzimmer angrenzt, in welchem sich die Terrassentür befindet. Vom Esszimmer in das Wohnzimmer ist keine Tür vorhanden, sondern nur ein offener Türrahmen. Die Räumlichkeiten befinden sich im Erdgeschoss des Hauses, Wohn-, Schlaf- und Esszimmer liegen in Richtung Garten. Dieser Bereich ist von der Straße her nicht einsehbar. Der Abstand vom Griff des Fensters (bei waagerechter, d.h. geschlossener Stellung) bis zum Griff der Terrassentür (bei waagerechter, geschlossener Stellung) beträgt 53 cm. Insoweit wird auf die Skizze (Bl. 12 d.A.) Bezug genommen.
Der Kläger hatte das Wohnzimmerfenster wegen der an diesem Tag herrschenden Hitze mit Temperaturen nachmittags von 25 bis 30° zum Lüften gekippt.
Der oder die Täter entwendeten Gegenstände im Wert von insgesamt 11.223,10 DM. Dabei machten sie es sich zunutze, dass der im Wohnzimmer befindliche Tresorwürfel geöffnet war. Der Kläger hat diesen Umstand in der mündlichen Verhandlung vom 26.04.2001 damit erklärt, dass er an jenem Tag Unterlagen aus seinem Tresor entnommen und sie seiner Tochter gegeben habe. Er habe diese Unterlagen dann am nächsten Tag wieder in den Tresor zurücklegen wollen und deswegen keine Notwendigkeit gesehen, den Tresor zwischenzeitlich zu verschließen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 26.4.2001 verwiesen (Bl. 41 d.A.).
Der Kläger hatte seine Nachbarn aufgefordert, durch das gekippte Wohnzimmerfenster hindurchzugreifen, um die Tür aufzumachen, was jedoch keinem gelang.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 11.223,10 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 10.10.2000 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, die Voraussetzungen für den Eintritt eines Versicherungsfalles seien nicht gegeben. Darüber hinaus meint die Beklagte, sie sei von der Haftung ausgeschlossen, weil der Kläger grob fahrlässig gehandelt habe, indem er das Wohnzimmerfenster auf Kippstellung beließ.
Die amtliche Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Gießen mit dem Az. 10 Ujs 9157/00 war beigezogen und aus informatorischen Zwecken zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Ersatz seines durch den Wohnungseinbruch am 27.4.2000 erfolgten Schadens. Die Voraussetzungen für den Eintritt des Versicherungsfalles liegen zumindest in der Form des Einsteigediebstahles vor. Einsteigen ist Gebrauch eines nicht bestimmungsgemäßen Zugangs durch eine ungewöhnliche Art der Fortbewegung (nicht notwendig "steigen") im oder am Versicherungsort (Prölls/Martin, VVG, 26. Aufl., AERB 81, §1 Rdnr. 24, vgl. auch OLG Hamm, VersR 1997, 1352, 1353). Indem der oder die Täter sich der Fensteröffnung bedienten, um von dort auf ungewöhnliche Art - etwa mittels eines Werkzeuges - die Tür öffneten, "stiegen" sie in die Wohnung ein. Dabei ist unerheblich, dass er oder sie, nachdem auf ungewöhnliche Weise die Tür geöffnet worden war, dann auf gewöhnliche Weise, nämlich durch die Tür, die Wohnung betraten.
Die Haftung der Beklagten ist auch nicht wegen grober Fahrlässigkeit des Klägers ausgeschlossen. Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt gröblich, in hohem Grade, außer Acht lässt, wer nicht beachtet, was unter den gegebenen Umständen jedem einleuchten musste (vgl. nur BGHZ 10, 14). Vorausgesetzt wird somit ein Verhalten des Versicherungsnehmers, von dem er wusste oder wissen musste, dass es geeignet war, den Eintritt des Versicherungsfalls oder die Vergrößerung des Schadens zu fördern; dabei muss die Wahrscheinlichk...