Verfahrensgang
AG Göttingen (Beschluss vom 25.10.2002; Aktenzeichen 25 C 245/02) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Verfügungsbeklagten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Göttingen vom 25. Oktober 2002 – Az. 25 C 245/02 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Verfügungsbeklagte zu tragen.
Wert für das Beschwerdeverfahren: 760,00 EUR.
Gründe
Die am 6. November 2002 beim Amtsgericht eingegangene sofortige Beschwerde des Verfügungsbeklagten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Göttingen vom 25. Oktober 2002, wonach die Kosten des Verfahrens gemäß § 91 a ZPO dem Verfügungsbeklagten auferlegt worden sind, ist gemäß § 91 a Abs. 2 Satz 1 ZPO zulässig, insbesondere fristgerecht erfolgt. Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Zutreffend hat das Amtsgericht die Kosten des Verfahrens dem Verfügungsbeklagten auferlegt. Nachdem die Parteien das einstweilige Verfügungsverfahren in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist über die Kosten des Verfahrens gemäß § 91 a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigen Ermessen zu entscheiden. Da im vorliegenden Fall der Antrag des Verfügungsklägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zulässig und begründet gewesen ist und bei Fortsetzung des Rechtsstreits der Verfügungsbeklagte unterlegen wäre, ist es angemessen, die Kosten des Verfahrens dem Verfügungsbeklagten aufzuerlegen.
Dem Verfügungsbeklagten stand kein Zurückbehaltungsrecht nach §§ 273, 320 BGB zu. Nach ganz herrschender Meinung (vgl. dazu Bub/Treyer, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, Kapitel III A, Rdnr. 1152 m. w. N.), der sich die Kammer in einem Beschluss vom 30.06.2000 – 5 S 124/99 = C 432/99 AG Herzberg am Harz – bereits ausdrücklich angeschlossen hat, kann der Vermieter von ihm geschuldete Nebenleistungen zur Versorgung des Mieters mit Wärme, Strom und Wasser nicht gemäß §§ 273, 320 BGB zurückhalten, obwohl die Voraussetzungen der §§ 273, 320 BGB bei Zahlungsverzug des Mieters gegeben sind. Die Kammer schließt sich der herrschenden Meinung an. Der Verfügungsbeklagte schuldete als Nebenleistung des zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrages auch die Wasserversorgung für die Wohnung des Verfügungsklägers. Der Entzug der kompletten Wasserversorgung hat die Nutzbarkeit der Wohnung des Verfügungsklägers nicht unerheblich beeinträchtigt. Deshalb erfüllte die Maßnahme des Verfügungsbeklagten den Tatbestand der verbotenen Eigenmacht gemäß § 858 BGB (vgl. Schmidt-Futterer, Mietrecht, Rdnr. 92 zu §§ 535, 536 BGB m. w. N.; OLG Hamburg, WuM 1978, 169; LG Kassel, WuM 1979, 51). Die Änderung der Gesetzeslage hinsichtlich der jetzt in § 556 b BGB n. F. vorgesehenen Vorleistungspflicht des Mieters im Gegensatz zu der früher in § 551 BGB a. F. geregelten Vorleistungspflicht des Vermieters hat hierauf keine Auswirkungen. Soweit die Maßnahme des Verfügungsbeklagten den Zweck hatte, den Verfügungskläger zu veranlassen, die angeblichen Mietrückstände auszugleichen, könnte auch der Tatbestand der Nötigung nach § 240 StGB erfüllt sein.
Die ablehnende Ansicht von Bub/Treyer (a. a. O.), die in dem Abstellen von Strom, Heizung und Wasser keine verbotene, den Besitz des Mieters an den Räumen störende Eigenmacht des Vermieters i. S. d. §§ 862, 869, 858 Abs. 1 BGB sieht, überzeugt nicht. Es geht zum einen nicht darum, dass die Besitzschutzvorschriften zugunsten des Mieters nicht anwendbar sind, weil ihm trotz des mietvertraglich zustehenden Mitbenutzungsrechtes kein (Mit-)Besitzrecht an den Versorgungsleitungen zusteht, so dass dem Mieter – anders als bei der eigenmächtigen Räumung – nichts von dem genommen wird, was er bereits besitzt. Zum anderen kann die Ansicht von Bub/Treyer, dass Treu und Glauben, §§ 242, 320 Abs. 2 BGB, ein Zurückbehaltungsrecht des Vermieters jedenfalls dann nicht ausschließen, wenn der Zahlungsrückstand des Mieters nicht lediglich unerheblich ist, eine berechtigte Einwendung oder Einrede des Mieters gegen die Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses unstreitig nicht besteht und das Mietverhältnis wegen des Zahlungsrückstandes bereits fristlos gekündigt ist, vorliegend nicht durchgreifen. Zwar hat der Verfügungsbeklagte hier dem Verfügungskläger am 27. August 2002 bereits das zweite Mal fristlos die Kündigung ausgesprochen. Entscheidend ist aber, dass die von der Verfügungsbeklagten behaupteten Mietrückstände zwischen den Parteien streitig sind, so dass auch nach Bub/Treyer unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben ein Zurückbehaltungsrecht des Verfügungsbeklagten hinsichtlich der gesamten Wasserversorgung keine Rechtfertigung finden kann.
An dieser Rechtslage hat sich durch die Neuregelung in § 556 b BGB n.F. nichts geändert. Auch vor dem 01.09.2001 war es kraft vertraglicher Vereinbarungen der Mietvertragsparteien durchgängige Praxis, dass die Miete samt Betriebskosten-Vorauszahlungen praenumerando zu zahlen waren. Auch das hat der herrschenden Meinung nicht entgegengestanden. Dann aber kann die jetzige Ges...