Verfahrensgang

AG Göttingen (Beschluss vom 27.02.2001; Aktenzeichen 74 IN 147/99)

 

Tenor

  • Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.
  • Der Antrag der Schuldnerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.
  • Der Beschwerdewert wird auf 86.000 DM festgesetzt.
 

Tatbestand

1.

Mit Beschluss vom 06.08.1999 hat das Amtsgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und den Rechtsanwalt G… zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Insolvenzverwalter hat den Betrieb der Schuldnerin fortgeführt bis zum 31.12.1999 und durchschnittlich 20 Arbeitnehmer beschäftigt. Dabei hat er bestehende Aufträge ausgeführt und neue Aufträge mit einem Auftragsvolumen von 664.000 DM angenommen. Insgesamt hat der Insolvenzverwalter durch die Fortführung des Geschäftsbetriebs bis zum 31.12.1999 einen Überschuß in Höhe von 637.503,01 DM erzielt.

Der Insolvenzverwalter hat die Fortführung ohne Massekredit vorgenommen, was eine ausgefeilte Planrechnung und Liquiditätsplanung voraussetzte. Diese Instrumente waren bis dahin in dem Unternehmen unbekannt, so dass die Mitarbeiter der Schuldnerin erst durch Schulungen mit diesen Konzepten vertraut gemacht werden mussten. Während der Betriebsfortführung hat der Insolvenzverwalter Verhandlungen mit potentiellen Interessenten wegen der Übernahme des Unternehmens geführt, die letztlich zu einer sanierenden Übertragung geführt haben.

Bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beschäftigte die Schuldnerin 37 Mitarbeiter. Die Arbeitseinsatzplanung des Insolvenzverwalters kam zu dem Ergebnis, dass dauerhaft nur etwa 20 Arbeitnehmer eingesetzt werden konnten. Im Rahmen der Übernahmeverhandlungen stellte sich heraus, dass noch weitere Arbeitnehmer zu entlassen waren. Der Insolvenzverwalter hat in diesem Zusammenhang einen Sozialplan mit Interessenausgleich aufgestellt und abgeschlossen. Ferner hat er die Bearbeitung der Insolvenzgeldanträge vorgenommen sowie sich mit den von einigen Arbeitnehmern erhobenen Kündigungsschutzklagen befasst.

Mit Schriftsatz vom 26.01.2001 hat der Insolvenzverwalter einen Vorschuss auf seine Vergütung als Insolvenzverwalter in Höhe von 250.00 DM beantragt zuzüglich 6.000 DM für die zu erstattenden Auslagen und 40.960 DM Umsatzsteuer auf die Vergütung und Auslagen. Für die Vorschussberechnung ist der Insolvenzverwalter von der fiktiven Verwaltervergütung ausgegangen und hat dafür eine vorläufige Teilungsmasse von 1.319.669,79 DM zugrunde gelegt. Danach ergibt sich eine Regelvergütung des Insolvenzverwalters in Höhe von 81.893,40 DM. Zur Begründung des geforderten Vorschussbetrags hat der Insolvenzverwalter ausgeführt, hier seien Zuschläge nach § 3 Abs. 1b InsVV in Höhe von 200 % gerechtfertigt. Insoweit wirke sich sowohl die Betriebsfortführung, die hier unter den o. g. erschwerten Bedingungen erfolgt sei als auch die sanierende Übertragung vergütungserhöhend aus. Die Erhöhung um 200 % sei deshalb begründet.

Eine weitere Erhöhung der Vergütung ergebe sich hier aus § 3 Abs. 1c InsVV, weil der Insolvenzverwalter in überdurchschnittlichem Umfang Arbeitnehmerinteressen berücksichtigt habe. Hier seien die Verhandlungen über den Sozialplan sowie die Befassung des Insolvenzverwalters mit den Kündigungsschutzklagen zu berücksichtigen und rechtfertigten einen Zuschlag auf die Regelvergütung von weiteren 50 %. Danach ergebe sich eine Gesamtvergütung in Höhe von 286.626,90 DM, so dass der Vorschussbetrag von 250.000 DM angemessen sei.

Mit Beschluss vom 27.02.2001 hat das Amtsgericht auf die Vergütung des Insolvenzverwalters einen Vorschuss in Höhe von 250.000 DM, Umsatzsteuer in Höhe von 40.000 DM sowie Auslagen und Umsatzsteuer auf die Auslagen in Höhe von 6.960 DM, insgesamt also 296.960 DM festgesetzt. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt die Voraussetzungen für die Entnahme eines Vorschusses lägen vor, da das Verfahren länger als 6 Monate dauere. Die voraussichtliche Gesamtvergütung betrage unter Berücksichtigung der Zuschläge des § 3 InsVV 286.626,90 DM. Der festgesetzte Vorschuss in Höhe von 250.000 DM liege damit unter diesem Betrag.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Schuldnerin mit der sofortigen Beschwerde. Sie meint, der Vorschuss des Insolvenzverwalters dürfe nur in einer Höhe festgesetzt werden, die sich an der Regelvergütung des Insolvenzverwalters und Zuschlägen von maximal 100 % orientiere. Die Schuldnerin meint, der Beschluss des Amtsgerichts sei schon aus verfahrensrechtlichen Gründen fehlerhaft, weil der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt worden sei. Weder die Schuldnerin noch der vermutlich eingerichtete Gläubigerausschuss habe Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Darüber hinaus seien die Zuschläge von insgesamt 250 %, die der Insolvenzverwalter auf die Regelvergütung angerechnet habe und aufgrund derer der Vorschuss festgesetzt worden sei, wesentlich zu hoch. Insbesondere könne der Insolvenzverwalter keine Zuschläge von 200 % für die sanierende Übert...

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