Entscheidungsstichwort (Thema)
Erlass einer einstweiligen Verfügung
Verfahrensgang
AG Göttingen (Urteil vom 18.09.1987; Aktenzeichen 26 C 485/87) |
Tenor
Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das am 18. September 1987 verkündete Urteil des Amtsgerichts Göttingen – 26 C 485/87 – abgeändert.
Die Verfügungsbeklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die Zentralheizungsanlage des Hauses Brahmstraße 11 in Göttingen sofort derart in Betrieb zu setzen, daß in der Zeit von 7.00 Uhr bis 22.00 Uhr in den von dem Verfügungskläger angemieteten Wohnraum des Hauses eine Raumtemperatur von 20 bis 22 Grad Celsius erreicht werden kann.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Verfügungsbeklagten als Gesamtschuldner zu tragen.
Gründe
Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im übrigen zulässige Berufung ist begründet. Die Verfügungsbeklagten sind verpflichtet, das an den Verfügungskläger vermietete Zimmer in dem erkannten Umfange zu beheizen.
1) Bei der Vermietung von Wohnraum, der mit Zentralheizung ausgestattet ist, zählt zur Pflicht des Vermieters aus §§ 535, 536 BGB, eine zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Wohnung zur Verfügung zu stellen, auch die Verpflichtung, die Räume bewohnbar zu temperieren (vgl. Emmerich-Sonnenschein, Mietrecht, 2. Aufl., Rdn. 80 zu § 535 BGB). Dies gilt grundsätzlich auch außerhalb der Heizperiode (vgl. Emmerich-Sonnenschein, a.a.O.).
Daraus folgt, daß der Mieter auch außerhalb der Heizperiode bei bestimmten Witterungsverhältnissen grundsätzlich einen Anspruch auf Beheizung hat. Dieser Anspruch des Mieters kann formularvertraglich nicht vollkommen ausgeschlossen werden. Insbesondere können in Formularmietverträgen Temperaturgrenzen für die Zeit der Heizperiode nicht unter der Grenze von 19 Grad Celsius wirksam vereinbart werden; andernfalls sind sie nach § 9 Abs. II Ziff. 2 ARBG wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam. Die Verfügungsbeklagten können sich demnach nicht unter Berufung auf § 7 des von den Parteien geschlossenen Formularmietvertrages darauf stützen, sie schuldeten vertraglich eine Mindesttemperatur von 18 Grad Celsius und das nur während der festgelegten Heizperiode.
2) Unter dem Gesichtspunkt der Gebrauchstauglichkeit verlangt die Rechtsprechung zumindest für die Zeit der Heizperiode eine Raumtemperatur während der „Tageszeit” von 19° bis 22 Grad Celsius je nach Zimmernutzung. Dementsprechend ist das Begehren des Verfügungsklägers nach einer Raumtemperatur von 20 bis 22 Grad Celsius in der Zeit von 7.00 Uhr bis 22.00 Uhr gerechtfertigt denn der Verfügungskläger ist im wesentlichen auf das eine angemietete Zimmer angewiesen.
3) Die Frage, ob der Verfügungskläger bei Beginn dieses Rechtsstreits sowohl einen Verfügungsanspruch wie auch einen Verfügungsgrund hatte, mag dahinstehen, beides liegt gegenwärtig vor. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, daß die Verfügungsbeklagten auch im November 1987 zu verschiedenen Zeiten ihrer Verpflichtung zu ausreichender Beheizung nicht nachgekommen sind, wobei die Raumtemperatur beim Verfügungskläger überwiegend nur zwischen 17 und 18 Grad Celsius gelegen haben. Die Zeugen Schülke, Schwerk und Meimbresse haben die entsprechenden Temperaturmessungen mit zwei Thermometern glaubhaft bestätigt. Selbst wenn es sich nicht um geeichte Thermometer gehandelt hat, spricht doch die konstante Differenz von 1 Grad Celsius neben den Angaben der Zeugen für die Richtigkeit der Meßergebnisse.
Andererseits sind die Verfügungsbeklagten durchaus in der Lage, das streitbefangene Zimmer ausreichend zu beheizen, denn unstreitig ist das Zimmer in Einzelfällen verstärkt beheizt worden, so daß es nach dem Vorbringen des Verfügungsklägers sogar „mollig warm” war.
4) Die weitergehende Berufung war zurückzuweisen. Die Androhung eines Zwangsgeldes nach § 888 ZPO obliegt dem Prozeßgericht der I. Instanz.
5) Dem nach der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung konnte nicht entsprochen werden. Die Parteien befinden sich im Verfahren der einstweiligen Verfügung.
6) Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Soweit dem Antrag auf Androhung eines Zwangsgeldes nicht entsprochen wurde, sind keine gesonderten Kosten entstanden.
Fundstellen