Entscheidungsstichwort (Thema)
Während Bestehens eines Zurückbehaltungsrechts kein Zahlungsverzug des Mieters. Anforderung an Begründung einer Eigenbedarfskündigung. keine Umdeutung einer fristlosen in ordentliche Kündigung
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
1. Steht dem Mieter der mängelbehafteten Wohnung ein Zurückbehaltungsrecht an der Miete zu, kommt insoweit Zahlungsverzug nicht in Betracht. Das Zurückbehaltungsrecht ist gegeben, solange ein Instandsetzungsanspruch geltend gemacht werden kann.
2. Die bloße Behauptung von Eigenbedarf im Kündigungsschreiben stellt keine Kündigungsbegründung dar. Ein Nachschieben weiterer Gesichtspunkte ist daher ausgeschlossen.
3. Die Umdeutung einer fristlosen Eigenbedarfskündigung in eine ordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn der Kündigungsempfänger den Willen des anderen klar erkennen kann, das Mietverhältnis in jedem Fall beendigen zu wollen.
4. Vergleiche BGH, 1981-01-12, VIII ZR 332/79, NJW 1981, 976.
Gründe
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis ist durch die Kündigungen v. 26.1., 3.2. und 1.7.1988 nicht beendet worden.
Die fristlose Kündigung des Zwangsverwalters v. 26.1.1988 gestützt auf Verzug mit den Mietzinszahlungen für den Zeitraum 1.6.1986 bis 31.12.1987 ist unbegründet. Auf die Fragen, ob der Beklagte im Hinblick auf die Stundungsvereinbarung v. 11.12.1983, die behauptete Mietvorauszahlung in Höhe von 7.000,- DM oder die für Reparaturarbeiten geleisteten Aufwendungen gar nicht zur Mietzahlung verpflichtet war, kommt es nicht entscheidend an. Erheblich ist vielmehr, daß dem Beklagten wegen der Mangelhaftigkeit des Mietobjektes jedenfalls seit Juni 1986 ein Zurückbehaltungsrecht zustand und heute noch zusteht, das, ohne daß es einer ausdrücklichen Geltendmachung bedürfte, das Bestehen von Zahlungsverzug ausschließt, § 320 BGB (vgl. nur Palandt-Heinrichs, BGB, 48. Aufl. 1989, § 320 Anm. 3 m.w.N.).
Ausgehend von einem Zustand der Verwahrlosung hält die Kammer die Zurückhaltung des gesamten Mietzinses jedenfalls im Zeitraum Juni 1986 bis zur fristlosen Kündigung für gerechtfertigt. Es kann von einer Minderungsquote von 20% ausgegangen werden, was wiederum ein Zurückbehaltungsrecht am gesamten Mietzins zur Folge hat (vgl. Emmerich/Sonnenschein, Miete, 3. Aufl. 1986, § 537 Rn. 17; LG Hamburg ZMR 1984, 128).
Das Zurückbehaltungsrecht unterliegt, entgegen der Auffassung des Klägers, auch nicht den Beschränkungen des § 539 BGB. Der Erfüllungsanspruch, dessen Durchsetzung mit der Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes erzwungen werden soll, ist, wie sich bereits aus dem Gesetzeswortlaut ergibt, den Einschränkungen des § 539 BGB nicht unterworfen (vgl. Emmerich/Sonnenschein, a.a.O., § 539 Rn. 2 m.w.N.), so daß konsequenterweise das der Durchsetzung dienende Zurückbehaltungsrecht ebenfalls nicht an § 539 BGB gemessen werden kann. Die vom Kläger angeführte Kommentierung von Gelhaar im RGRK (12. Aufl. 1978, § 539 Rn. 1) stützt seine Ansicht nicht. Auch dort heißt es ausdrücklich, daß der Erfüllungsanspruch durch § 539 BGB nicht berührt werde, lediglich aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles in Ausnahmefällen etwas anderes gelten kann. Derartige Umstände sind jedoch, wie noch auszuführen sein wird, vorliegendenfalls nicht gegeben.
Daß der Beklagte bei Beginn des Mietverhältnisses, jedenfalls bei Abschluß des Mietvertrages v. 15.12.1978, die Mängel gekannt und im Hinblick auf die in § 9 des Mietvertrages aufgezählten Mängel auf ein Recht zur Minderung verzichtet hat, steht der Geltendmachung des Erfüllungsanspruches und damit des Zurückbehaltungsrechtes nicht entgegen. Aus § 9 des Mietvertrages ergibt sich eindeutig, daß auf den Anspruch zur Beseitigung der Mängel ausdrücklich nicht verzichtet wurde. Denn die entsprechende Verpflichtung des Vermieters ist dort niedergelegt.
Dem Beklagten kann auch nicht entgegengehalten werden, erst mit Beginn der Zwangsverwaltung die Durchsetzung der in § 9 des Mietvertrages niedergelegten Rechte in Angriff genommen zu haben. Daß er sich mit dem Zustand des Hauses abfand, solange sein Stiefvater Eigentümer des Hauses gewesen ist, möglicherweise sogar den Stiefvater finanziell unterstützte, liegt in den besonderen familiären Beziehungen begründet und läßt das Vorgehen gegenüber dem neuen Eigentümer nicht treuwidrig erscheinen. Aus denselben Gründen kann auch die Tatsache, daß der Zustand des Hauses möglicherweise in den Verantwortungsbereich des Stiefvaters des Beklagten fällt, nicht zum Nachteil des Beklagten gereichen.
Die Berücksichtigung des Zurückbehaltungsrechtes steht auch nicht mit § 1125 BGB in Widerspruch, wie der Kläger meint. Insoweit verkennt der Kläger, daß das Zurückbehaltungsrecht jedenfalls seit Juni 1986 bestand und schon damals das Vorliegen von Zahlungsverzug ausschloß.
Die Kündigung v. 3.2.1988, gestützt auf § 57a ZVG, § 564b BGB, ist bereits aus formellen Gründen unwirksam. Sie ist nicht ausreichend begründet, worauf das AG zu Recht ...