Entscheidungsstichwort (Thema)

Erforderlichkeit der Abmahnung. Eigenbedarf

 

Orientierungssatz

1. Auch eine ordentliche Kündigung wegen Störung der Mitmieter bedarf einer vorherigen Abmahnung, es sei denn, die Vertragsverletzung macht nach Art, Dauer und Schwere die Abmahnung entbehrlich.

2. Der Vermieter hat die dem Mieter vorgeworfenen Vertragsverletzungen ausführlich darzulegen.

3. Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs auf Grund des bloßen Wunsches des Vermieters, im eigenen Hause zu wohnen, ist nichtig.

4. Der Kündigungsgrund "Eigenbedarf" muß noch zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen.

 

Tatbestand

Die Kläger verlangen von den Beklagten Räumung der 3-Zimmerwohnung im Hause der Kläger in H., P.-Teich 17.

Die Klage ist durch Urteil des Amtsgerichts vom 10. Dezember 1974 - 40 C 754/74 -, auf das bezüglich des Sachstandes und Streitstandes gemäß § 543 ZPO verwiesen wird, abgewiesen worden. Auf die einzelnen Gründe des amtsgerichtlichen Urteils wird Bezug genommen.

Hiergegen haben die Kläger ordnungsgemäß und fristgemäß Berufung eingelegt und in ihrer Berufungsbegründungsschrift folgendes ausgeführt:

Die Beklagten hätten nicht nur in den ersten Tagen nach Bezug der Wohnung, sondern über 8 Wochen hinweg und zudem noch innerhalb der üblichen Ruhezeiten durch Hämmern und Bohren einen derartigen Lärm verursacht, daß sich die Mitbewohner in unzumutbarer Weise belästigt gefühlt hätten. Eine vorherige Abmahnung habe sich in Anbetracht der Intensität und Nachhaltigkeit der Ruhestörung erübrigt. Auch im weiteren Verlauf des Vertragsverhältnisses habe sich gezeigt, daß die Beklagten nicht nur anläßlich ihres Einzuges in die Wohnung die Rechte der Mitbewohner auf Einhaltung der Ruhezeiten mißachtet hätten, sondern generell nicht gewillt gewesen seien, die Hausordnung zu beachten. Denn auch in der Folgezeit hätten Mitbewohner Klage darüber geführt, daß in der Wohnung der Beklagten über längere Zeit hinweg, Tag und Nacht Schreibarbeiten auf Schreibmaschinen erledigt worden seien. Dabei sei unbeachtlich, daß aus der unten im Hause liegenden Gaststätte Lärm gekommen sei, zumal die Beklagten im Mietvertrag ausdrücklich darauf hingewiesen worden seien, daß sich eine Gaststätte in den unteren Räumen befinde. Deshalb hätten die Mieter auch in § 28 des Mietvertrages auf Ansprüche jeglicher Art, insbesondere wegen einer eventuellen Geräuschbelästigung gegen den Vermieter aus diesem Betriebe verzichtet.

Der von den Beklagten im Hausflur abgestellte Sperrmüll habe nicht nur vorübergehend, sondern über längere Zeit das Treppenhaus versperrt, so daß sowohl die Belieferung der Gaststätte als auch das Entleeren der Mülleimer auf erhebliche Schwierigkeiten gestoßen sei.

Auch das Rufen des Peterwagens durch die Beklagten wegen Geräuschbelästigung aus der Gaststätte stelle einen Grund zur Kündigung dar. Die Beklagten seien bei der Anmietung der Wohnung von dem Zeugen R. E. M. ausdrücklich darauf hingewiesen worden, daß sie unter Umständen mit Geräuschen aus der Gaststätte zu rechnen hätten. Die Beklagten hätten dennoch fortlaufend die Polizei angerufen und sich über angebliche Geräuschbelästigung beschwert. Andere Mieter des Hauses hätten sich dagegen nicht belästigt gefühlt. Mehrfach seien auf das Rufen des Peterwagens durch die Beklagten Polizeibeamte in der Gaststätte erschienen, was naturgemäß zu einer Störung des Betriebes geführt habe. Das Rufen des Peterwagens könne nur als Schikane gewertet werden.

Die Kündigung sei auch aus dem Gesichtspunkt des Eigenbedarfs gerechtfertigt. Der Kläger zu 1) habe bislang im Hause seiner Mutter ein Zimmer bewohnt. Nachdem er das Haus, in welchem sich die Wohnung der Beklagten befinde, mit dem Kläger zu 2) käuflich erworben habe, habe er ein berechtigtes Interesse daran, in diesem Haus eine Wohnung zu beziehen. Dies gelte um so mehr als er schon aus geschäftlichen Gründen gehalten sei, eine größere Wohnung zu unterhalten, um Geschäftsfreunde einladen zu können. Hinzu komme noch, daß sich in den unteren Räumen des Hauses ein Club etabliert habe, dessen Präsident der Kläger zu 1) sei. Dieser halte sich aus diesen Gründen fast täglich bis spät in der Nacht in den Clubräumen auf und benötige auch aus diesen Gründen eine Wohnung in diesem Haus.

Mit Schriftsatz vom 13. März 1975 haben die Kläger weiter vorgetragen, daß manche Hinweise und Geräusche darauf hindeuteten, daß in der Wohnung der Beklagten Druckarbeiten oder Fotokopierarbeiten - und zwar insbesondere auch nachts - durchgeführt würden. Die Zeugin K. sei auch des öfteren nachts von dem Beklagten und deren Gästen aus dem Schlaf geklingelt worden. Auf Beschwerden dieser Zeugin habe der Beklagte zu 1) erklärt, wenn sie nicht schlafen könne, solle sie sich vor ihren Fernsehapparat setzen. Diese Zeugin sei auch von den Beklagten mit Ausdrücken wie "alte türkische Sau" und "Klatschmaul" beschimpft worden (Beweis: Zeugnis der Frau K.).

Auch in der Nacht vom 21./22. Dezember 1974 hätten die Beklagten wieder einmal einen Peterwagen herbeigerufen. ...

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