Entscheidungsstichwort (Thema)
MietHöReglG § 10: Umfang der Unwirksamkeit einer Mietanpassungsklausel
Orientierungssatz
1. Ist in einer Mietanpassungsklausel, die seit dem 1975-01-01 wegen Verstoßes gegen MietHöReglG § 10 Abs 1 unwirksam ist, vorgesehen, daß beide Vertragsteile nach Ablauf von jeweils zwei Jahren seit Vereinbarung der letzten Miete die Aufnahme von Verhandlungen über eine neue Miete verlangen können, so bleibt der Vermieter an die zweijährige vereinbarte Stillhaltefrist gebunden.
2. Ein innerhalb dieser Frist erklärtes Zustimmungsverlangen des Vermieters nach MietHöReglG § 2 ist unwirksam.
Tatbestand
Der Beklagte bewohnt aufgrund eines Mietvertrages der Parteien im Hause der Kläger in H., S. Weg eine Wohnung. § 5 Nr 1 des Mietvertrages lautet:
"Beide Vertragsteile sind berechtigt nach Ablauf von jeweils 2 Jahren seit Vereinbarung der letzten Miete - erstmalig am 1. Dezember 1974 - die unverzügliche Aufnahme von Verhandlungen mit dem anderen Vertragsteil über eine neue Vereinbarung des Mietzinses zu verlangen".
Mit Schreiben vom 7. und 28. November 1974 forderten die Kläger den Beklagten auf, eine Mieterhöhung auf monatlich DM 680,-- ab 1. Dezember 1974 bzw 1. Februar 1975 zuzustimmen.
Die Kläger haben beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, der am 7. November 1974 geforderten Erhöhung der Miete für die von ihm bewohnte Wohnung in H., S. Weg, auf DM 680,-- monatlich mit Wirkung zum 1. Februar 1975 gemäß Schreiben vom 28. November 1974 zuzustimmen.
Der Beklagte hat Klagabweisung beantragt.
Das Amtsgericht Hamburg hat die Klage durch Urteil vom 22. April 1975 abgewiesen.
Gegen dieses Urteil haben die Kläger am 22. Mai 1975 ihre gleichzeitig begründete Berufung eingelegt.
Sie begründen die Berufung im wesentlichen mit Rechtsausführungen und beziehen sich auf ihren erstinstanzlichen Sachvortrag.
Die Kläger beantragen,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, der mit Schreiben vom 7. November 1974 und 28. November 1974 erklärten Mieterhöhung zuzustimmen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf seinen erstinstanzlichen Sachvortrag und tritt den Rechtsausführungen der Kläger entgegen.
Auf den übrigen Inhalt der Schriftsätze und Anlagen wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Kläger ist zulässig, aber sachlich nicht gerechtfertigt.
Die Klage ist unbegründet, denn die Kläger haben gegen den Beklagten aufgrund ihrer Schreiben vom 7. und 28. November 1974 keinen Anspruch auf Zustimmung hinsichtlich der darin geforderten Mieterhöhung. Das in dem angegebenen klägerischen Schreiben enthaltene Erhöhungsverlangen ist unwirksam, weil die Kläger die in § 5 Nr 1 des Mietvertrages vereinbarte Stillhaltefrist nicht abgewartet haben. Nach dieser Vertragsbestimmung ist eine Mieterhöhung frühestens nach Ablauf von 2 Jahren Mietdauer, dh frühestens vom 1. Dezember 1974 an zulässig gewesen. Insoweit handelt es sich nicht um eine Regelung zum Nachteil des Mieters. Die Vereinbarung der 2-Jahresfrist ist daher wirksam (vgl § 4 Abs 1 1. Wohnraumkündigungsschutzgesetz, § 10 Abs 1 MHG). Bei der vereinbarten 2-Jahresfrist handelt es sich um eine vertragliche Stillhaltefrist, die in ihrer Art der gesetzlichen Stillhaltefrist in § 3 Abs 1 Satz 1 des 1. WKschG und in § 2 Abs 1 Nr 1 MHG entspricht. Es sind keine überzeugenden Gründe ersichtlich, die es rechtfertigen könnten, die vertragliche Frist rechtlich anders zu behandeln als die gesetzliche Stillhaltefrist oder Wartefrist. Ob ein vor Ablauf dieser Frist erklärtes Erhöhungsverlangen unwirksam ist, ist allerdings umstritten. Der Zweck, die Miethöhe für die Dauer der in Betracht kommenden Frist konstant zu halten, wird zwar auch dann erreicht, wenn ein vorzeitiges Erhöhungsverlangen seine Wirkung erst nach Ablauf der Frist entfalten soll; andererseits wird aber die Schutzfunktion der Stillhaltefrist ausgehöhlt, denn der Mieter wird bei Nichtbeachtung der gesetzten Frist vorzeitig in eine Diskussion über die Miethöhe hineingezogen. Ein verfrühtes Erhöhungsverlangen ist auch insofern unzweckmäßig, als sich der Vermieter auf Vergleichsmieten stützen muß, die möglicherweise nicht dem Stand entsprechen, der im Zeitpunkt der in Aussicht genommenen Mieterhöhung gegeben ist (vgl hierzu: Sternel, Wohnraummietrecht, II, 64 mw Nachweisen; Schmidt-Futterer, Wohnraumschutzgesetze, II 180).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs 1 ZPO.
Fundstellen