Verfahrensgang

AG Hamburg (Urteil vom 02.02.1999; Aktenzeichen 43 b C 383/98)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 2. Februar 1999 – 43 b C 383/98 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, den Beklagten die Aufstellung einer Satellitenempfangsanlage – welche mit dem Gebäude nicht fest und dauerhaft verbunden wird – bestehend aus Parabolantenne, Halterung und Zuleitung, auf der Terrasse der Wohnung … zu genehmigen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

 

Tatbestand

Von der Abfassung eines Tatbestandes wird gemäß § 543 I ZPO abgesehen.

Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Der Klägerin steht gegen die Beklagten kein Anspruch darauf zu, daß diese die auf der Terrasse der von ihnen angemieteten Wohnung aufgestellte Satellitenempfangsanlage beseitigen (I.). Dem gegenüber hat die Klägerin den Beklagten eine Genehmigung zur Aufstellung dieser Anlage zu erteilen (II.).

I.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts liegt in der Aufstellung der Parabolantenne nebst Zubehör auf der Terrasse kein vertragswidriger Mietgebrauch. Damit scheiden Ansprüche der Klägerin aus § 550 BGB aus.

Bezüglich der Aufstellung mobiler Parabolantennen auf Balkonen entspricht es inzwischen gefestigter Rechtsprechung der Mietekammern des Landgerichts Hamburg, daß diese sich im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache bewegt (vgl. Urt v. 17.6.1997 – 316 S 271/96; Urt v. 30.10.1997 – 333 S 97/97; Urt v. 9.3.99 – 316 S 177/98). Beider Aufstellung auf einer Terrasse verhält es sich im Ergebnis nicht anders.

Dadurch, daß die Klägerin an die Beklagten die im Tenor näher bezeichnete Wohnung nebst zugehöriger Terrasse vermietet hat, ist sie nach § 535 Satz 1 BGB verpflichtet, ihnen den Gebrauch daran zu gewähren. Die Beklagten sind demnach grundsätzlich berechtigt, die Terrasse für ihnen geeignet erscheinende Zwecke zu benutzen, soweit es sich um Wohnzwecke handelt. In diesem Rahmen umfaßt „Wohnen” alles, was zur Benutzung der gemieteten Räume als existentiellem Lebensmittelpunkt des Mieters und seiner Familie gehört, also die gesamte Lebensführung des Mieters in allen ihren Ausgestaltungen und mit allen ihren Bedürfnissen (BayOblG WM 1981, 80).

Die Berechtigung findet ihre Grenzen erst dort, wo die Mietsache beschädigt oder gefährdet wird oder wo vermeidbare Belästigungen anderer Mieter oder Dritter auftreten.

Was im einzelnen zum vertragsgemäßen Gebrauch gehört, richtet sich in erster Linie nach den Abreden der Parteien, für deren Auslegung die gesamten Umstände des Mietverhältnisses, insbesondere die Mietsache in ihrer Eigenart, maßgebend sind (OLG Karlsruhe WM 1993, 525). Dazu gehört bei Mitvermietung einer Terrasse insbesondere auch das Aufstellen von Gegenständen. Befestigte Terrassen dienen nämlich gerade dem Zweck, auf ihnen Gegenstände abzustellen, wie dies für Pflanztöpfe, Tische, Stühle, Hollywoodschaukeln, Ziergegenstände und derlei Dinge mehr schon seit langem üblich ist. Die Aufstellung einer mit dem Bauwerk nicht fest verbundenen Parabolantenne hält sich in diesem Rahmen. Daß von einer solchen Anlage irgendwelche Gefährdungen für das Mietobjekt oder Belästigungen für andere Mieter und Nachbarn ausgehen oder daß diese größer wären, als die von den anderen zuvor aufgeführten Gegenständen hervorgerufenen, ist nicht ersichtlich. Die Klägerin hat diesbezüglich auch nichts vorgetragen.

Darauf, ob es üblich ist, gerade Parabolantennen auf der Terrasse aufzustellen, kommt es in rechtlicher Hinsicht nicht an. Entscheidend ist, daß die Nutzung der Terrasse zu diesem Zweck eine einer Vielzahl von Möglichkeiten ist, mit denen der Mietzweck „Wohnen” ausgefüllt werden kann, ohne daß der übliche Rahmen der Nutzung überschritten wird.

Auf die durch die Parabolantenne hervorgerufene optische Einwirkung in Hinblick auf die einheitliche Gestaltung kann sich die Klägerin nicht berufen. Denn durch die Vermietung der Terrasse an die Beklagten hat sie sich der Möglichkeit begeben, auf den optischen Zustand des Mietobjekts Einfluß zu nehmen, soweit die Beklagten den vertragsgemäßen Gebrauch nicht überschreiten. Dies tun sie aber – wie ausgeführt – nicht schon dadurch, daß sie auf der Terrasse Gegenstände aufstellen, die naturgemäß so vielfältig sein können, wie das Leben selbst. Art. 14 I GG führt deshalb nicht zu einer anderen Bewertung, weil sich die Beklagten ihrerseits auf Art. 14 I GG berufen können, soweit sie aufgrund des Mietvertrages den Besitz an der Wohnung und der dazugehörigen Terrasse ausüben (vgl. dazu BVerfG WM 1993, 377 (378)).

Ob die Aufstellung von Parabolantennen auf Terrassen der Verkehrssitte entspricht – worauf das Amtsgericht entscheidend abstellt – ist für die Entscheidung der Frage, ob ein vertragsgemäßer Gebrauch zu bejahen ist, im vorliegenden Zusammenhang bedeutungslos. Allerdings wird in der Literatur vertreten, daß für die Abgrenzung zwischen vertragsgemäßem und vertragswidrigem Gebrauch auch die Verkehrssitte heran...

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