Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine einvernehmliche Mieterhöhung durch vorbehaltlose Zahlung des Mieters
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Das in dem Stil der Mieterhöhungserklärung unterbreitete Vertragsangebot zu r Mieterhöhung wird vom Mieter nicht dadurch angenommen, daß er in der Annahme einer vermeintlichen Pflicht erhöhte Mietzahlungen leisten.
Tatbestand
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Der Beklagte ist Vermieter, die Kläger sind Mieter der Wohnung sowie des Kfz-Stellplatzes aufgrund des Wohnraum-Mietvertrags v. 30.5.1981 sowie des Garagen-Mietvertrags vom gleichen Tage. Der Wohnraum-Mietzins war bei Mietbeginn in Höhe von 900,- DM zzgl. monatlicher Betriebskostenvorauszahlung von 235,- DM vereinbart worden. Die Garagenmiete beträgt 50,- DM/mtl. Unter dem 30.10.1984 richtete der Beklagte ein Schreiben an den Kläger zu 1), in dem es u.a. heißt:
"Die Kostensteigerungen der letzten Jahre zwingen mich leider dazu, Ihre monatliche Miete um monatlich 100,- DM ab 1. Januar 1985 auf 1.285,- DM inkl. Nebenkosten und Garage anzuheben. Ich habe versucht, Ihnen dies in der letzten Zeit nicht vorzutragen, aber die Betriebsabrechnungen zeigen leider deutlich, daß ich die Kostenerhöhungen nicht mehr selbst tragen kann. Ich bitte um Ihr Verständnis."
In der Folgezeit überwiesen die Kläger anstatt bisher 1.135,- DM nunmehr 1.235,- DM an den Beklagten, ohne diesen Gesamtbetrag auf dem Überweisungsträger näher aufzugliedern.
Die Nebenkostenabrechnungen für die Jahre 1984 und 1985 legte der Beklagte am 25.4.1986 vor und veranschlagte hierbei einen Betrag von 235,- DM als monatliche Vorauszahlung. Dem traten die Kläger mit Schreiben v. 6.5.1986 entgegen und beanspruchten die Anrechnung des monatlichen Mehrbetrages von 100,- DM, den sie seit dem 1.1.1985 entrichtet hatten, auf die Vorauszahlung und nicht auf die Netto-Kaltmiete.
Die Kläger tragen vor, sie hätten das Schreiben v. 30.10.1984 als Erhöhung der - anrechenbaren - monatlichen Heizkostenvorauszahlung und Betriebskostenvorauszahlung verstanden und auch verstehen dürfen. Dies insbesondere deshalb, weil der Beklagte zur Begründung ausdrücklich auf Kostensteigerungen Bezug genommen habe. Unter Berücksichtigung dieser Zahlungen stehe ihnen ein Guthaben aus den Betriebskostenabrechnungen zu.
Der Beklagte ist der Auffassung, aus dem Schreiben v. 30.10.1984 ergebe sich eindeutig, daß eine Erhöhung der Netto-Kaltmiete beabsichtigt gewesen sei. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, daß er sich als Geschäftsmann in der juristischen Terminologie nicht auskenne.
Entscheidungsgründe
Den Klägern steht in der geltend gemachten Höhe ein Rückzahlungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zu, da der Beklagte insoweit auf ihre Kosten ohne Rechtsgrund bereichert ist.
Das Schreiben des Beklagten v. 30.10.1984 hat eine wirksame Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete um 100,- DM nicht zur Folge gehabt.
Grundsätzlich findet die Erhöhung der Monatsmiete bei preisfreiem Wohnraum nach den Grundsätzen des § 2 MHG statt. Diesen Anforderungen genügt das Schreiben unzweifelhaft nicht. Daneben ist jedoch auch die Möglichkeit einer einvernehmlichen Erhöhung durch übereinstimmende Willenserklärungen der Parteien gemäß § 10 Abs. 1 MHG vorgesehen, während dem Vermieter - seit Aufhebung der Mietpreisbindung - ein Recht zur einseitigen formlosen Mietanhebung nicht zusteht.
Auch eine diesbezügliche vertragliche Vereinbarung ist zwischen den Parteien nicht zustande gekommen. Allerdings steht dem nicht entgegen, daß die Kläger vortragen, sie hätten die Anhebung auf die Betriebskosten bezogen. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Schreibens, das ausdrücklich von einer Anhebung der monatlichen "Miete" spricht und daneben gesondert auch den Begriff "Nebenkosten" verwendet, konnten die Kläger sowohl bei unbefangener, als auch bei verständiger Würdigung des Wortlauts - trotz etwaiger Unschärfen - nicht darüber im Zweifel sein, daß eine Erhöhung der Netto-Kaltmiete beabsichtigt war.
Eine, nach § 10 Abs. 1 MHG zulässige einvernehmliche Mietanhebung, der die Kläger durch mehrmonatige vorbehaltlose Zahlung des erhöhten Betrages auch konkludent zustimmen konnten (vgl. Emmerich-Sonnenschein, Miete, 3. Aufl., § 10 MHG Rn. 12), setzt jedoch in jedem Fall voraus, daß die Kläger das Schreiben des Beklagten überhaupt als Vertragsofferte erkennen konnten und für sie die Möglichkeit bestand, das darin liegende Angebot nicht anzunehmen (vgl. AG Dortmund WM 1985, 29; AG Hannover WM 1968, 178; Barthelmess, 2. WKSchG, 2. Aufl., § 10 MHG Rn. 32; Sternel, Mietrecht, 2. Aufl., III 3). Diesen Anforderungen aus §§ 145ff. BGB wird das Schreiben des Beklagten, das im Stil einer einseitigen Mieterhöhungserklärung verfaßt ist, nicht gerecht ("... zwingen mich leider dazu, Ihre monatliche Miete ... anzuheben. Ich bitte um Ihr Verständnis ..."). Hiernach mußten die Kläger - selbst wenn sie die Erhöhung zutreffend auf die Netto-Kaltmiete bezogen hätten - davon ausgehen, daß es einer Zustimmung ihrerseits nicht bedurf...