Verfahrensgang
AG Hanau (Urteil vom 25.06.1998; Aktenzeichen 90 C 373/98) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 25.06.1998 verkündete Urteil des Amtsgerichts Hanau abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Der Beklagte wird verurteilt, geeignete Maßnahmen zu treffen, um dem Kläger den Empfang des kurdischen Senders „MED TV” über die Gemeinschaftssatellitenanlage des Hauses Schwarzenbergstraße … in Hanau zu gewährleisten.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Der Kläger verlangt vom Beklagten, der als Zwangsverwalter für den Wohnungseigentümer handelt, ihm den kurdischen Sender MED TV über die Gemeinschaftssatellitenanlage des aus zahlreichen Eigentumswohnungen bestehenden Hauses zur Verfügung zu stellen.
Zwischen dem Kläger und dem Eigentümer der von ihm bewohnten Wohnung besteht seit dem Jahr 1987 ein Mietverhältnis über die 2-Zimmer-Wohnung im Haus Schwarzenbergstraße …, dem der schriftliche Mietvertrag vom 20.03.1987 zugrunde liegt. Der Kläger ist Kurde. Das Haus verfügte ursprünglich über eine Gemeinschaftsantennenanlage an deren Stelle oder neben die nach Vertragsschluß eine Satellitenanlage trat. Diese Satellitenanlage war bis zum 10. Januar 1998 so eingestellt, daß der Kläger, ebenso wie weitere kurdische Familien des Hauses, den einzigen kurdischen Sender MED TV empfangen konnten. Seitdem ist die Anlage so eingestellt, daß nur noch 8 türkische, 2 italienische, 2 englische und die deutschen Sender empfangen werden können. Es ist unstreitig geblieben, daß der Emfang des kurdischen Senders durch eine einfache technische Maßnahme wieder hergestellt werden kann.
Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, für den Anspruch des Klägers nicht passiv legitimiert zu sein, weil es zu einer anderen Einstellung der Anlage eines Beschlusses der Wohnungseigentümerversammlung bedürfe. Der Beklagte hat behauptet, daß durch eine veränderte Einstellung der Satellitenanlage anderen Mitbewohnern entsprechende Sender verloren gingen.
Er hat ferner behauptet, daß der Sender MED TV eine Nähe zur verbotenen Kurdenorganisation PKK habe; jedenfalls haben deshalb, was unstreitig ist, die türkischen Mitbewohner des Hauses sich gegen die Einspeisung dieses Senders gewandt.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und die Auffassung vertreten, daß ein Anspruch des Klägers gegen den Vermieter auf Einwirkung auf die vorhandene Anlage nur bestehe, wenn die einzige und den Vermieter am wenigsten belastende Maßnahme zum Empfang des Senders durch den Kläger sei. Für den Kläger bestehe jedoch die Möglichkeit selbst an seiner Wohnung eine Antenne für diesen Sender anzubringen und eine Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer dazu sei für den Beklagten leichter zu erreichen als eine veränderte Einstellung der Satellitenanlage.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine Klage weiter verfolgt.
Die Parteien wiederholen im Berufungsverfahren im wesentlichen ihre erstinstanzlich aufgestellten, Behauptungen und Rechtsstandpunkte.
Im übrigen wird von der Darstellung des Tatbestandes gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwer des Klägers erreicht auch die gemäß § 511 a ZPO erforderliche Berufungssumme. Das wirtschaftliche Interesse des Klägers an dem Empfang des Senders über die Gemeinschaftssatellitenanlage ist danach zu bemessen, welche Kosten ihm bei einer Verweigerung zur Erlangung über eine private eigene Parabolantenne statt dessen entstehen würden. Dies schätzt die Kammer entsprechend den ihr aus anderen Verfahren bekannten Kostenvoranschlägen auf 1.700,– DM, wobei ein Betrag von etwa 500,– DM für die Satellitenschüssel selbst, ein Betrag von etwa 700,– DM für die fachgerechte Montage und einen Betrag von 1.000,– DM für die üblicherweise an den Vermieter zu erbringende Sicherheitsleistung sowie für den Abschluß einer Haftpflichtversicherung anzusetzen sind.
Die Berufung ist in der Sache auch begründet.
Dem Kläger steht gegen den Beklagten aus dem zwischen Ihnen bestehenden Mietvertrag ein Anspruch gegen den Beklagten zu, ihm durch geeignete Maßnahmen den Empfang des Senders MED TV so wie dies vor dem 10.01.1998 der Fall war, zu verschaffen. Der Anspruch des Mieters auf Gewährung des Gebrauchs der Mietsache umfaßt bei Mehrfamilienhäusern auch bei Vertragsabschluß bereits vorhandene gemeinschaftliche Anlagen des Hauses. Diese sind, selbst wenn sie im Mietvertrag nicht erwähnt worden, im Zweifel mitvermietet (vgl. Bub/Treier, III, Rdnr. 1171; Sternel, II, Rdnr. 3 und 37). Dies gilt auch für die hier im Haus vorhandene streitgegenständliche Gemeinschaftssatellitenanlage. Nach § 12 Abs. 3 des Mietvertrages muß der Mieter auch die Kosten und Lasten der „Gemeinschaftsantenne” tragen. Schon daraus ergibt sich, daß dies im vorliegenden Fall mitvermietet ist. Da die erst später errichtete Satellitenanlage von den Mietern über einen längeren Zeitraum gemeinschaftlich benutzt wurde, ist anzunehmen, daß die Regelung ...