Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger verbüßte eine Freiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt Amberg. Am 03.07.2002 wurde er zu einer Besuchszusammenführung von der JVA Amberg in die JVA Bielefeld-Brackwede 1 verlegt. Vom 10.07. bis 12.07.2002 befand er sich als sogenannter Durchgangsgefangener in der Transportabteilung der JVA Hannover. Hier war er in einem 16 qm großen Haftraum zusammen mit vier weiteren Gefangenen untergebracht. Es handelt sich um den Haftraum 4115, einen Gemeinschaftshaftraum, der in der Normalbelegung mit drei Gefangenen, in der Notbelegung mit bis zu fünf Gefangenen belegt wurde. Der Raum war mit einem Etagenbett, drei Einzelbetten, fünf Stühlen, zwei Tischen und zwei Spinden ausgestattet. Ein Waschbecken und ein Klosett waren mit einem Sichtschutz abgetrennt. Ein Radiogerät war nicht vorhanden. Die Gefangenen durften den Haftraum täglich für eine Stunde zum Hof gang verlassen.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 11.07.2002, beim Landgericht Hannover eingegangen am 15.07.2002, die Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Maßnahme beantragt. Die Strafvollstreckungskammer des Landgericht Hannover hat mit Beschluss vom 16.09.2002 - 73 StVK 48/02 - die Rechtswidrigkeit der Unterbringung des Klägers festgestellt. In der Begründung wird ausgeführt, dass die gemeinsame Unterbringung von fünf Gefangenen in einem nachts verschlossenen, 16 qm großen Haftraum bei Abtrennung der Toilette nur mit einem Sichtschutz unzulässig sei und gegen das Gebot menschenwürdiger Unterbringung verstoße.
Der Kläger hält wegen des Verstoßes gegen seine Menschenwürde ein Schmerzensgeld von 200,- Euro für angemessen.
Der Kläger beantragt,
das beklagte Land zu verurteilen, an ihn ein vom Gericht nach billigem Ermessen zu bestimmendes Schmerzensgeld in Höhe von nicht unter 200,- Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 23.09.2002 zu zahlen.
Das beklagte Land beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es verweist auf die Überbelegung der JVA Hannover, die in dem streitgegenständlichen Zeitraum eine Mehrfachbelegung sowohl der Einzelhafträume als auch der Gemeinschaftshafträume notwendig _ gemacht habe. _ Die Belegungssituation der Transporträume sei nur schwer kalkulierbar, auch hätte die vom Kläger beantragte Besuchszusammenführung artgesichts der Überbelegung anderenfalls abgelehnt werden müssen.
Es behauptet, der Kläger habe die Beeinträchtigungen in Kauf genommen und bewusst keinen Antrag auf Einzelunterbringung gestellt, um die von ihm beantragte Besuchszusammenführung nicht zu gefährden. Es ist der Ansicht, dass der Kläger angesichts der nur kurzen Unterbringung nicht schwerwiegend in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt worden sei, so dass er keinen Anspruch auf Schmerzensgeld habe.
Die Akten des Landgerichts Hannover - 73 StVK 48/02 - wurden beigezogen und waren Gegenstand dieses Verfahrens.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist im wesentlichen - bis auf einen Teil der Zinsforderung - begründet.
1) Der Kläger hat einen Anspruch auf Schmerzensgeld wegen Amtspflichtverletzung gem. §§ 839 Abs. 1, i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 und 34 GG und §§ 18 Abs. 1 S. 1, 144 Abs. 1 StVollzG.
a) Die zeitweilige Unterbringung des Klägers zusammen mit weiteren vier Gefangenen in einem Gemeinschaftsraum mit einer Grundfläche von 16 qm und bei Abtrennung der Toilette nur durch einen Sichtschutz war rechtswidrig und verletzte den Kläger in seinem Persönlichkeitsrecht und in seinem Anspruch auf menschenwürdige Unterbringung aus Art. 1 GG. Insoweit wird auf die Feststellungen der Vollstreckungskammer des Landgerichts Hannover - Beschluss vom 16.09.2002, 73 StVK 48/02 - Bezug genommen, denen sich die Kammer in vollem Umfang anschließt. Zwar ist im geschlossenen Vollzug eine gemeinschaftliche Unterbringung während der Ruhezeiten gem. §18 Abs. 2 S. 2 StVollzG vorübergehend und aus zwingenden Gründen zulässig. Eine solche muss aber in dafür geeigneten und zumutbaren Räumen, die den Anforderungen des §144 Abs. 1 StVollzG genügen, erfolgen. Hierbei geht die Kammer in Übereinstimmung mit dem BVerfG (Beschluss vom 27.02.02 - 2 BvR 553/01-) und der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hannover davon aus, dass dem Ermessen der Justizvollzugsbehörden bei der Belegung und Ausgestaltung der Hafträume durch das Recht der Gefangenen auf Achtung ihrer Menschenwürde Grenzen gesetzt sind. Soweit § 146 Abs. 2 StVollzG vorübergehende Ausnahmen von dem Verbot der Überbelegung von Hafträumen zulässt, rechtfertigt diese Vorschrift keinen Verstoß gegen das Gebot menschenwürdiger Unterbringung. Der Haftraum 4115 erfüllte diese Voraussetzungen nicht, da er lediglich eine durch einen Sichtschutz abgetrennte Toilette hatte. In einem mit mehreren Insassen belegten Haftraum muss entweder eine vollständig abgetrennte Nasszelle mit eigener Lüftung zur Verfügung stehen oder die Benutzung außerhalb gelegener Wasch- und WC-Anlagen muss tags und nachts möglich sein. Eine nur durch einen Sichtschutz abges...