Orientierungssatz
Wer in wettbewerbswidriger Weise über die Internet-Business-Plattform XING Mitarbeiter eines Konkurrenzunternehmens anschreibt, kann zu erheblichen Zahlungen verpflichtet sein.
Verfahrensgang
AG Heidelberg (Entscheidung vom 26.10.2011; Aktenzeichen 27 C 135/11) |
Tenor
1.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Heidelberg vom 26.10.2011, Az. 27 C 135/11, im Kostenpunkt aufgehoben und im übrigen wie folgt neu gefasst:
a)
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 602,14 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.02.2011 zu zahlen.
b)
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
3.
Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Klägerin 24 %, der Beklagte 76 %.
4.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um die Erstattung von Kosten, die der Klägerin durch eine Abmahnung des Beklagten wegen wettbewerbswidrigem Verhalten entstanden sind.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Wegen des Parteivortrags in erster Instanz sowie wegen Inhalt und Begründung dieses Urteils, einschließlich der erstinstanzlichen tatsächlichen Feststellungen, wird auf Entscheidungsformel, Tatbestand und Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen (§ 540 ZPO).
Die Klägerin hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Sie rügt die rechtliche Würdigung des Amtsgerichts als unzutreffend. Der Beklagte habe wettbewerbswidrig gehandelt. Er erbringe ebenso wie die Klägerin Leistungen für Großfirmen im IT-Bereich. In dieser Eigenschaft habe er versucht, auf Mitarbeiter der Klägerin Einfluss zu nehmen, diese abzuwerben und die Klägerin verächtlich zu machen. Die von dem Beklagten über XING geführte Korrespondenz mit neuen Mitarbeitern der Klägerin stelle ein firmenschädigendes Verhalten dar. Der Beklagte habe die Mitarbeiter gezielt verunsichern und eine ablehnende Haltung gegenüber der Klägerin herbeiführen wollen. Das Abwerbeinteresse des Beklagten ergebe sich unmittelbar aus seinem Auftritt bei XING unter der Firma Personality - IT - People P. GmbH, denn der Beklagte habe dort als Ziel seines Auftritts die Suche nach neuen Mitarbeitern angegeben. Die Höhe der eingeklagten Gebühren ergebe sich aus einer 1,0 fachen Geschäftsgebühr ausgehend von einem Streitwert von 20.000 €.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Amtsgerichts Heidelberg vom 26.10.2011 (27 C 135/11) abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 792,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 18.02.2011 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er behauptet, er sei auf XING nicht geschäftlich aufgetreten. Es handele sich um einen privaten Account und um rein privat versandte Nachrichten. Er betreibe keine eigene Firma und habe nie Mitarbeiter abgeworben oder aufgefordert zu kündigen. Die Angaben auf der Plattform XING seien nur eine lose Kurzbeschreibung, die vom Anbieter eingefordert werde. Bereits dem Wortlaut sei zu entnehmen, dass es nicht ausschließlich um Abwerbeinteressen gehe. Schließlich sei die Abwerbung als solche auch nicht wettbewerbswidrig, sondern branchenüblich.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze der Parteien in beiden Rechtszügen nebst Anlagen sowie den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
II.
1. Die Berufung ist zulässig, aber nur zum Teil begründet. Der Klägerin steht gegen den Beklagten gem. § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG ein Anspruch auf Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 602, 14 € zu.
a) Die Klägerin war zur Abmahnung des Beklagten berechtigt. Sie hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Unterlassen der streitgegenständlichen email-Korrespondenz gem. §§ 8, 3, 4 Nr. 7 UWG.
aa) Die Parteien sind Mitbewerber gem. §§ 8 Abs. 3 Nr. 1, 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG. Der Beklagte ist ebenso wie die Klägerin als Personaldienstleister im IT-Bereich tätig. Dies hat der Beklagte nicht bestritten. Ob der Beklagte selbständig, für eine eigene Firma oder im Angestelltenverhältnis tätig ist, ist in diesem Zusammenhang unerheblich (Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Auflage 2012, § 8 Rn. 2.5). Ein Wettbewerbsverhältnis besteht auch dann, wenn die beteiligten Unternehmen nicht im Absatz von Produkten, sondern in der Nachfrage nach Dienstleistungen, einschließlich derer von Arbeitskräften, konkurrieren (Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 4 rn. 10.104). So liegt der Fall auch hier. Die Klägerin vermittelt an ihre Kunden projektbezogen Mitarbeiter mit Kenntnissen im IT-Bereich. Die Firma, unter deren Namen der Beklagte auf der Plattform XING aufgetreten ist, beschäftigt sich ausweislich ihrer Firmierung ("Personality IT People Pov... P. GmbH") ebenfalls mit der Vermittlung von IT-Fachkräften.
bb) Der Beklagte hat auch geschäftlich gehandelt gem. §§ 8 Abs. 1 Satz 1, 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG, als er die Mitarbeiter der Klägerin über die Plattform XING kontaktierte. Geschäftliche Handlung ist das Verhalten zugunst...