Verfahrensgang

AG Gifhorn (Entscheidung vom 02.03.2004; Aktenzeichen 2 C 1385/03)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 02.03.2004 verkündete Urteil des Amtsgerichts Gifhorn unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 285,07 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 19.07.2003 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 78 % und die Beklagte 22 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert der Berufung wird auf 1.285,07 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Der Kläger rügt, dass das Amtsgericht zu Unrecht angenommen habe, dass eine schwer wiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers nicht vorgelegen habe. Die Schwere der Ehrkränkung ergebe sich bereits daraus, dass die Beklagte die ehrverletzende Behauptung wiederholt und dass sie sich geweigert habe, die ihr zugesandte Unterlassungserklärung zu unterschreiben. Obwohl er der Beklagten noch vor der Klageerhebung mit Schreiben vom 09.12.2002 erläutert habe, dass seine Ausführungen zur Wirksamkeit der Kündigung eine Rechtsauffassung darstellten, habe die Beklagte die persönlichen Anfeindungen nicht unterlassen, sondern sie in der Klageschrift wiederholt. Dadurch, dass sie sich geweigert habe, die ihr vorgelegte Unterlassungserklärung abzugeben und stattdessen lediglich durch ihren Prozessbevollmächtigten, ohne eine Rechtspflicht anzuerkennen, hat mitteilten lassen, dass sie die streitgegenständlichen Erklärungen zukünftig nicht mehr abgeben werde, halte sie die beleidigenden Äußerungen weiter aufrecht.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, und 285,07 EUR zu zahlen, beides nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 19.07.2003.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Eine schwer wiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts liege durch die getätigten Äußerungen nicht vor. Diese hätten lediglich dem Interesse der von ihr vertretenen Partei gedient, da die zwischen ihrer Mandantin und den Mandanten des Klägers geschlossene Vereinbarung habe rückgängig gemacht werden sollen. Nicht der Kläger, sondern die durch ihn vertretene Partei sei Adressat des Vortrags gewesen. Dies werde schon daran deutlich, dass die geschlossene Vereinbarung zunächst durch einen Kollegen der Beklagten mit Schriftsatz vom 22.10.2002 angefochten worden sei.

Der Tatbestand des § 185 StGB sei nicht erfüllt, da die Äußerung von einem verständigen Dritten nur so habe verstanden werden können, dass es der Beklagten allein um die Interessen ihrer Mandantin gegangen sei.

Die zulässige Berufung ist hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruchs begründet und im Übrigen unbegründet.

1.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf ein angemessenes Schmerzensgeld unmittelbar aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1, 2 Abs. 1 GG, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 186 StGB.

a)

Das Persönlichkeitsrecht des Klägers ist durch eine üble Nachrede nach § 186 StGB verletzt.

aa)

Auf Grund der Behauptung der Beklagten im Schriftsatz vom 25.11.2002 und in der Anspruchsbegründung vom 27.05.2002, dass der Kläger der ehemaligen Mandantin der Beklagten, ..., erklärt habe, dass deren Kündigung vom 09.07.2003 unwirksam sei, obwohl er gewusst habe, dass dies nicht der Fall gewesen ist, ist der Tatbestand einer üblen Nachrede gemäß § 186 StGB erfüllt.

Es handelt sich dabei um eine Tatsachenbehauptung, nämlich um die so genannte "innere" Tatsache, dass der Kläger die Wirksamkeit der Kündigung gekannt und trotzdem das Gegenteil behauptet habe (vgl. Zum Begriff der Tatsachenbehauptung: Palandt-Sprau, BGB, 63. Aufl., Rz. 2 § 824 m.w.N.).

Diese Behauptung der Beklagten ist erweislich unwahr. Der Mietvertrag zwischen den Mandanten der Parteien im Vorprozess wurde am 11.08.2001 für die Zeit ab dem 01.10.2001 geschlossen. Dies Mietrechtsreformgesetz, welches u.a. die Regelung des § 575 BGB n.F. umfasste, trat am 01.09.2001 in Kraft. Da der am 11.08.2001 geschlossene Mietvertrag eine dreijährige feste Mietzeit vorsah, wäre bei Anwendung des neuen Rechts, also des § 575 BGB n.F. statt des § 564 c BGB a.F., der Vertrag als Mietvertrag auf unbestimmte Zeit zu behandeln gewesen, so dass die Kündigung vom 09.07.2002 wirksam gewesen wäre. Es ist aber streitig und wurde ersichtlich noch nicht höchstrichterlich entschieden, ob für Mietverhältnisse, die vor dem 01.09.2001 geschlossen wurden aber für den Zeitraum ab dem 01.09.2001 gelten sollten, §575 BGB n.F. Anwendung findet oder die Übergangsvorschrift des Art. 229 §3 Abs. 3 EGBGB gilt (Palandt-Weidenhoff a.a.O., Rz. 1, Art. 229 § 3 EGBGB). Es ist deswegen sowohl die Rechtsansicht des Kläge...

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