Leitsatz (amtlich)
In Verfahren wegen sog. Startgutschriften der Zusatzversorgung des Öffentlichen Dienstes (VBL) kann die klagende Partei im Rahmen der Billigkeitsentscheidung nach § 91 a ZPO mit den durch eine Terminierung anfallenden Kosten des Verfahrens belastet werden, wenn die auf der Grundlage der Rechtsprechung des BGH (BGHZ 174, 127) abgegebenen Unverbindlichkeitserklärung der Zusatzversorgungskasse, die das Feststellungsinteresses der Klage entfallen lässt, erst im Verhandlungstermin zu einer Erledigungserklärung der klagenden Partei führt, obwohl dies ohne Weiteres auch schriftsätzlich zu einem früheren Zeitpunkt hätte geschehen können.
Tenor
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Gründe
I.
Der Kläger begehrte mit seiner Klage vom 15.02.2011 die Feststellung, dass die von der Beklagten erteilte Startgutschrift vom 15.12.2001 den Wert der von dem Kläger bis zum 31.12.2001 erlangten Anwartschaft auf eine bei Eintritt des Versicherungsfalls zu leistende Betriebsrente nicht verbindlich festlegt. Mit Klageerwiderung vom 25.03.2011 gab die Beklagte folgende Erklärung ab:
"Die Beklagte behandelt die der klagenden Partei auf der Grundlage des § 79 Abs. 1 VBLS mitgeteilte Startgutschrift als unverbindlich."
Mit Verfügung vom 28.03.2011 wurde der Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 10.06.2011 bestimmt. Gleichzeitig wurde dem Kläger Frist zur Replik bis zum 19.04.2011 gesetzt. Mit Schriftsatz vom 30.03.2011 teilte der Kläger mit, dass von klägerischer Seite zu prüfen sei, ob die jetzige Erklärung der Beklagten im Schriftsatz vom 25.03.2011 zu einer Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache geführt habe. Eine prozessuale Erklärung bleibe zum Verhandlungstermin vorbehalten. Mit Verfügung vom 07.06.2011 wurden die Parteien darauf hingewiesen, dass die Erklärung der Erledigung im Termin verspätet und dass dies im Rahmen einer gemäß § 91a ZPO zu treffenden Ermessensentscheidung zu berücksichtigen sein könnte.
Im Termin vom 10.06.2011 erklärte der Prozessvertreter des Klägers nach Erörterung der Sach- und Rechtslage den Rechtsstreit insgesamt für erledigt. Der Prozessvertreter der Beklagten schloss sich der Erledigungserklärung an.
II.
Nach den übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien hatte das Gericht unter der Berücksichtigung der Sach- und Rechtslage nur noch über die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91a ZPO nach billigem Ermessen zu entscheiden.
Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls hielt es die Kammer für billig und angemessen, die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben.
1.
Im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 91a ZPO ist anerkannt, dass grundsätzlich der ohne die Erledigung (hier: materiellrechtliche Erklärung im Schriftsatz vom 25.03.2011) zu erwartende Verfahrensausgang bei der Kostenentscheidung den Ausschlag gibt (Zöller; ZPO, 27. Auflage, § 91a; Rd.-Nr. 24; LG Karlsruhe, Beschluss vom 29.05.2009 - 6 O 46/08).
Hätte die Beklagte indes diese materiellrechtliche Erklärung, die das Feststellungsinteresse entfallen lässt (vgl. zuletzt etwa die Urteile des LG Karlsruhe vom 06.03.2009 - 6 O 330/03 und 6 O 235/08 - jeweils veröffentlicht in [...]), nicht abgegeben, wäre sie im Urteil unterlegen, da die Klage zulässig und begründet war (s. BGH, Urteil vom 14.11.2007 - IV ZR 74/06).
2.
Das Verhalten der Beklagten kommt einem sofortigen Anerkenntnis im Sinne von § 93 ZPO, dessen Rechtsgedanken im Rahmen des § 91a ZPO grundsätzlich berücksichtigt werden kann, nicht gleich (vgl. LG Karlsruhe, Beschluss vom 30.12.2009 - 6 O 139/09).
Denn die Beklagte hat vor Prozessbeginn Veranlassung zur Klage gegeben. Mit E-Mail vom 01.02.2011 (AH 23) zeigte der Prozessbevollmächtigte des Klägers gegenüber der Beklagten die Interessenvertretung des Klägers an und forderte die Beklagte auf, innerhalb einer bestimmten Frist die dem Kläger erteilte Startgutschrift und die hierauf gestützten weiteren Bescheide als nicht rechtsverbindlich zu erklären.
In dem Antwort-Schreiben vom 03.02.2011 (AH 27) verwies die Beklagte darauf, dass eine Einigung der Tarifvertragsparteien bisher noch nicht erfolgt sei und die Beklagte daher noch keine Verbescheidungsmöglichkeit habe. Ein materiell-rechtliches Anerkenntnis lag in dieser Erklärung ersichtlich noch nicht.
Demnach sind die Grundsätze des § 93 ZPO nicht im Rahmen der Abwägung nach § 91 a ZPO zu Gunsten der Beklagten zu berücksichtigen.
3.
Im Rahmen der gemäß § 91a ZPO zu treffenden Ermessensentscheidung ist jedoch ferner zu berücksichtigen, dass der Kläger die Erledigung des Rechtsstreits verspätet erklärte. Bei der Billigkeitskorrektur ist auch der frühestmögliche Zeitpunkt der Erledigungserklärung zu beachten; so ist die Entstehung zusätzlicher Kosten bei verspäteter Abgabe der Erklärung zu berücksichtigen (vgl. OLG Rostock, Beschluss vom 31.05.2006, 3 W 36/06). Die Verzögerung der Erledigungserklärung durch den Kläger führt in Realisierung des Prinzips der Kostentragung nach Veranlassung dazu, dass der Kläger mit etwaigen hierdurch e...